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Beiträge zum Thema Fenster

Feuilleton

über Don Quijote und die Dummheit
Miguel de Cervantes Saavedra

Cervantes, Don Quijote und die Dummheit heute, am am 29. September, feiern wir auch den Geburtstag des Schriftstellers Miguel de Cervantes Saavedra. Und es gehört zur Ironie der Weltgeschichte, dass dieser größte Autor Spaniens, vielleicht sogar Europas, die unsterbliche Figur des Ritters von der traurigen Gestalt nicht in Freiheit erfand, sondern im Gefängnis von Sevilla. Cervantes, der einarmige Veteran von Lepanto, der gescheiterte Steuereintreiber, der Schuldner und Angeklagte – er saß...

Glaube und Alltag

29. September
Michaelistag - und die Engel

Von den Engeln ... „Ein jeder Engel ist schrecklich“, heißt es in Rilkes Erster Duineser Elegie. Dieses Wort, so leicht dahingesprochen, enthält die ganze Spannung zwischen Mensch und Engelwelt: die Erfahrung des Erhabenen, das den Menschen erschüttert, weil es ihn an den unerkennbaren Ursprung seiner selbst erinnert. Man spürt im Engel das Licht, das die eigenen Dunkelheiten durchstrahlt, und weiß zugleich: diesem Licht könnte nicht standgehalten werden, ohne danach selbst verwandelt worden zu...

Feuilleton

am 26. September 1905
120 Jahre Relativitätstheorie

Die Zeit … Da schreibt ein noch ganz unscheinbarer Mann im Berner Patentamt einen Artikel, der die Weltgeschichte in zwei Hälften teilt. Vorher glaubte man, Zeit sei ein gleichmäßig tickendes Metronom, dessen Takt für alle immer in gleicher Weise gilt. Aber nach dem 26. September 1905 wusste man: Die Uhr schlägt für jeden anders. Albert Einstein, dieser unschuldig dreinblickende Mann mit der Wuschelkopffrisur, hat uns die Selbstverständlichkeiten der Zeit mit seinen 11 Seiten...

Feuilleton

26. September
Martin Heidegger

Auf sein Konto gehen solche Begriffe wie etwa das „Sein-zum-Tode” und die „Geworfenheit.” Eine neue und gut zu lesende Biographie dieses Mannes hat uns vor vier Jahren Lorenz Jäger geschenkt: „Martin Heidegger - Ein deutsches Leben. Rowohlt, Berlin 2021”. Heidegger stammt aus der Familie eines Mesmers und trieb sich als Knabe oft stundenlang auf der hohen über der Stadt gelegenen Turmstube von St. Martin in Meßkirch herum. Von dort aus beobachtete er, wie sich die Mauersegler hinaus in den Raum...

Eine Welt

25. September 1555 - 2025
470 Jahre - Augsburger Religionsfrieden

Man muss den Augsburger Religionsfrieden vom 25.September 1555 – dieses fast preußisch wirkende Frühwerk deutscher Kompromisskultur – nicht verklären, um ihn als Chiffre für eine Lehre zu nehmen, die uns heute schmerzlich fehlt: das Recht auf Koexistenz. Damals wurde es, unter Schmerzen und mit spitzen Federn, zwischen Katholiken und Lutheranern durchgepaukt, weil selbst das Schwert nicht mehr Herr über die Meinungen werden konnte. Man einigte sich auf das Prinzip „cuius regio, eius religio“ –...

Glaube und Alltag

CHRISTLICHER GLAUBE
Im Umfeld der Postmoderne

christlicher Glaube im Umfeld der Postmoderne Die Gestalt des gegenwärtigen Christentums ist einem enormen Spannungsfeld ausgesetzt. Einerseits hat die sogenannte Neuzeit mit ihrem Anspruch auf Vernunft, mit dem Aufbruch der Aufklärung und den politischen Umwälzungen seit dem 19. Jahrhundert die Kirche in eine tiefe Krise gelangen lassen. Andererseits erweist sich gerade darin die bleibende Stärke ihrer Frage nach Gott. Zunächst ist zu erinnern an das Verhältnis des Einzelnen zur Kirche selbst....

Service + Familie

Sterbebegleitung
für Institutionen ...

I. Im Stil von Thomas Bernhard Die Sterbebegleiterin, diese Frau, diese außerordentliche Frau, von der man gar nicht sagen darf, dass sie eine Frau ist, weil sie ja eigentlich etwas ganz anderes ist, weil sie eigentlich schon gar nicht mehr zu dieser Welt gehört, mit ihrem Haar, diesem unverschämt schwarzen, diesem glänzenden, diesem langen, mit ihrem Gesicht, das asiatisch wirkt, immer asiatisch wirkt, als käme es von einer ganz anderen Seite der Welt, von einer Seite, die uns fremd und...

Glaube und Alltag

Apostelgeschichte 3
die Heilung des Gelähmten

Johannes wollt' mit Petrus einmal gehen hinauf zum Tempel um die Mittagszeit. Und als  sie nahe bei der Pforte stehen, liegt einer dort - lahm, schon von Mutterleib. Man lehnt den Mann tagtäglich an die Türe, dass - ging vorüber jemand - Mann und Weib Almosen gäben, die er heimwärts führe. Das Tor heißt „Schöne Pforte" und um Geld weint dort der Mann, dass er die Herzen rühre. Als die Apostel nahen, bat der Held auch diese beiden Wandrer, was zu geben, bevor sie träten in des Tempels Zelt. Im...

Feuilleton
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Gold und Silber hätt‘ ich gern
könnt es gut gebrauchen

„Gold und Silber hab ich nicht.“ In der Mitte des Wunders steht dieser Satz. Warum erwähnt Petrus die beiden Metalle? Silber und Gold sind Symbole der kosmischen Ordnung: Gold als Metall der Sonne, rein, unveränderlich, strahlend; Silber als Metall des Mondes, wandelbar, spiegelnd. In der Alchemie bedeutete Gold die Vollendung - und Silber die vorbereitende Reinigung. Mit anderen Worten: Petrus sagt: „Ich habe keine Münzen, mit denen ihr euer Dasein verwaltet. Ich habe etwas, das über Sonne und...

Kirche vor Ort
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ARCHIVARIUS
EIN NACHRUF

Das Gedächtnis des Ackerbürgerstädtchens Zahna an der Zahna Wer in Wittenberg aufmerksam genug hinsah, der entdeckte ihn oft. Zunächst vielleicht nur als einen Mann mit Hut und Tasche, später auch mit Krücken, zuletzt nur noch seinen leeren Stuhl in diesem oder jenem Archiv. Aber wer es verstand, hinter der äußeren Erscheinung das innerlich Bewegte zu erkennen, der wusste: Hans Jochen Seidel war kein gewöhnlicher Archivar. Er war das, was E.T.A. Hoffmann in seinem unübertroffenen Buch „Der...

  • 04.09.25
  • 2
Glaube und Alltag

"greift" Gott in die Geschichte ein?
WAS WÜRDE DAS BEDEUTEN ...

Wir Menschen haben seit Jahrtausenden den Drang, unsere eigene Geschichte nicht bloß als Abfolge von Zufällen, sondern als Erzählung mit Sinn zu begreifen. Das ist verständlich. Sinn bedeutet Sicherheit. Und weil der Sinn nicht aus der Geschichte selbst kommt, haben wir ihn von außen hineingetragen – letztlich in Gestalt der Vorstellung des helfend handelnden Gottes. I. Antike und Israel Die Griechen sammelten Aufzeichnungen über große Taten und Schlachten: Herodot (ca. 490–424 v. Chr.) war der...

Glaube und Alltag

Aurelius Augustinus
der Bischof aus Nordafrika

Ach - wir hätten ihn fast vergessen. Ihn, der mit Goethe Geburtstag hatte an Nietzsches Bestattungstag: Augustinus, den Bischof aus Hippo im heutigen Nordafrika. Schnell noch die Blumen hinterher - und den Kuchen mit den 1671 Kerzlein zum Auspusten. Man stelle sich also heute mit pünktlicher Verspätung von fünf Tagen den 28. August in merkwürdiger Andacht vor: Der Altar, halb im Licht, halb im Schatten. Links liegt eine Geißel, rechts glänzt der Orden. Und in der Mitte steht der Mann aus...

Feuilleton

1. September Engelbert Humperdinck
Hänsel & Gretel

Warum heute dieses Thema? Weil am 1.September im Jahr 1854 Engelbert Humperdinck geboren wurde – jener Komponist, welcher mit seiner Oper Hänsel und Gretel ein Märchen vertonte, das weit über Kinderspiel hinausweist. Es ist ein erstaunliches Paradox: Die stärksten Märchen des Abendlandes sind Kindererzählungen, die in Wahrheit nichts anderes sind als Verdichtungen der dunkelsten Konflikte des Erwachsenseins. Hänsel und Gretel zeigt dies exemplarisch. Was die Kinder erleben, ist nicht bloß eine...

Feuilleton

Bericht aus dem Nikodemusevangelium
31. August - Tag des Nikodemus

Ja - es gibt tatsächlich auch noch ein sogenanntes Nikodemus-Evangelium (NE), das in seiner ältesten Gestalt aus dem vierten Jahrhundert stammen soll, und Traditionen sammelt, die in dieser Zeit wohl allgemein in Umlauf waren. Das NE enthält also auch einen ausführlichen Bericht von der descensus ad inferos, der „Höllenfahrt Christi“. Dieses sonderbare Evangelium, das dem in Joh 3,1-21 genannten Nikodemus – einem Anhänger Jesu – zugeschrieben wird, gehört nicht zu den verbindlich gewordenen...

Feuilleton

Komiko-Theologie
zum 70. Geburtstag Helge Schneiders

Es gehört zu den paradoxen Leistungen deutscher Post-Nachkriegskultur, dass ausgerechnet dieser Jazzmusiker und Komiker eine kleine Ersatz-Theologie für das religionsmüde Spätbürgertum entwirft. In seiner großartigen Nummer „Der liebe Gott“ aus dem Album „Akopalüze Nau“ lässt Helge Schneider das alte Weltenschöpferwesen nicht in himmlischer Majestät auftreten, sondern in einer Wohnung mit zu flachem Dach sitzen -  deshalb schlechter Antennenempfang - vor überquellender Spüle. Gott vegetiert...

Glaube und Alltag

Hiob, der Mann
AUS DEM LANDE UZ

Hiob als Wetteinsatz – Ein theologisches Nachdenken zum kommenden Sontag Im Buch Hiob begegnen wir einer der befremdlichsten Szenen der Heiligen Schrift. Nicht eine fromme Erbauungsgeschichte wird da erzählt, sondern eine Szene im himmlischen Gerichtssaal, in der Gott selbst in das Spiel mit dem Satan eintritt. Und es ist nicht weniger als der Mensch Hiob, der zum Einsatz dieser Wette wird: „Hast du acht gehabt auf meinen Knecht Hiob?“ fragt Gott. Die Szene wirkt wie eine Provokation, ja, wie...

Feuilleton

Tag der Enthauptung des Täufers
29. AUGUST - INGRID BERGMANN

Der 29. August gilt als Tag der Enthauptung Johannes des Täufers. Und man darf es wohl als eine jener strengen und fast unnatürlich stilisierten Fügungen betrachten, die das Leben selbst nur in seltenen Momenten hervorbringt und an wenige Auserwählte verteilt: Ingrid Bergman erblickte an diesem besonderen Tag das Licht der Welt und an einem 29. August verließ sie diese Welt auch wieder. Wie eine vollkommen komponierte Kadenz, wie eine mythische Schlusswendung, die nicht aus der Willkür...

Feuilleton

28. August
Geburtstagsgruß und Trauerflor

Es ist bekannt, dass damals ein Naumburger Superintendent namens Wilhelm Horn die Bestattungsrede auf Friedrich Wilhelm Nietzsche gehalten hat, an jenem 28. August im Jahre 1900. Was wird dieser Geistliche verlautbart haben lassen? Wir wissen es nicht - irgendetwas in akademisch-protestantischem Ton wird es schon gewesen sein - mit christlich versöhnlichem Schlussakkord. Von Horn selbst ist biografisch nichts überliefert – jedoch bleibt sein Anteil an Nietzsches funeralem Abschied hoch zu...

Feuilleton

Georg Friedrich Wilhelm Hegel (Teil 2)
Heimholungen

Heimholung des Glaubens und des Denkens Es gehört zu den elementaren Erfahrungen jedes einzelnenMenschen, dass der eigene Glaube nie eine stabile Größe ist, die einmal gewonnen, gleichsam als gesichertes Kapital aufbewahrt werden könnte. Der Glaube atmet. Er ist den Rhythmen des Körpers, den Stimmungen der Seele, den Schwankungen der Lebenslage ausgesetzt. Schon wenige Zehntelgrade Körpertemperatur genügen, um die Gewissheit der Nähe Gottes in einen flackernden Schatten zu verwandeln. Wer...

Feuilleton

Georg Friedrich Wilhelm Hegel (Teil 1)
Losungszufälle

Die Religiosität Hegels – Versuch über väterliche Korrektur und dialektische Heimkehr Wir verdanken ihm sehr viel. Denn das heutige Geburtstagskind Georg Wilhelm Friedrich Hegel hat die Religion nie als sentimentales Anästhetikum für sonntägliche Morgenstunden gedeutet, sondern als das große Bildungsdrama des Weltgeistes. Wenn er vom Christentum sprach, dann niemals als vom frommen Schmuck des Feieralltags, sondern als von der geschichtlich gewordenen Selbstoffenbarung des absoluten Geistes....

Feuilleton

die letzten Augusttage ...
... Nest des Weltgeistes

Das Nest der letzten Augusttage ... Besondere Kalenderwochen. Es gibt sie. Als stille Depots menschlich besonderer Schicksale. Dort ist gut sein. Auch besonders die Zeit vom 25. bis 28. August ist gemeint. Hier bildete sich sozusagen ein Nest, in dem sich große Geister mit ihren Jubiläen zusammenkauern wie Vögel, welche vor dem herbstlichen Abflug gen Süden noch einmal sorgsam die Schwungfedern ordnen. Herder, Hegel, Goethe, Nietzsche – und, fast wie ein ironischer Nachsatz der Weltgeschichte,...

Feuilleton

DAS ANDERE
PERLENLIED

Die Geschichte vom Jüngling und der Perle Es begab sich aber, dass ein Jüngling von hoher Begabung, ein Sohn aus gutem Hause und aus altem Geschlecht der Denker und Gelehrten, ausgesandt ward von seinen Vätern, nicht minder von der Mutter, die ihn nährte mit süßer Milch und strenger Rede, in die Welt der Zahlwerke und Rechenmaschinen, die Welt der großen Daten und der allbeherrschenden Intelligenzen künstlicher Natur. Denn es hatte sich unter den Seinen herumgesprochen, dass in eben dieser...

Feuilleton

„Ich bin es nicht selbst – aber ich weiß davon“
Erwählung, Bewertung und die Würde des Dabeiseins

Die Frage nach dem Höchsten – sie begleitet uns seit der Zeit unserer ersten Kinderspiele und Turnstunden. Wer ist der Beste? Was ist das Schönste? Wer steht an der Spitze? In Märchen wie in Mythen ist diese Frage ein zentrales Motiv. Die böse Königin fragt den Spiegel nicht nach dem Guten und Wahren, sondern nach dem Höchsten in Form des Schönsten – und entzündet damit die Tragödie um Schneewittchen. Schon diese literarische Miniatur zeigt: Die Sehnsucht nach dem Höchsten ist nicht neutral,...

Glaube und Alltag

Vorausblick auf ...
... den Israelsonntag

Und da sind Ideen, die scheinen so alt zu sein, als hätte die Welt sie nicht selber erfunden, sondern irgendwie geerbt – aus einer urgrauen Vorzeit, in welcher die Mythen als amtliche Verlautbarungen Gottes kursierten. Eine dieser Ideen ist die Vorstellung, dass das eigene Volk „erwählt“ sei. Der psychologische Nutzen dieser Idee ist offensichtlich - er dient der inneren Thermoregulation eigener Gemeinschaftlichkeit. Man wärmt sich an der Gewissheit, etwas Besonderes zu sein, und kühlt zugleich...

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