Fenster

Beiträge zum Thema Fenster

Glaube und Alltag

Johannes
Der Unbeugsame

Johannes der Täufer gehört zu jenen Gestalten der religiösen Geschichte, die sich jeder Glättung widersetzen. Man kann ihn nicht dekorativ an den Rand der Weihnachtsgeschichte stellen, nicht gefahrlos in liturgische Formeln einpassen und schon gar nicht psychologisch entschärfen. Er ist kein freundlicher Mahner, kein spiritueller Coach avant la lettre, sondern eine Zumutung. Und gerade darin liegt seine eigentümliche Wirksamkeit. Johannes ist der Vorläufer Jesu Christi nicht, weil er ihm...

Feuilleton

zur Philosophie
... des Krippenspiels

Bald ist es wieder soweit - Heilige Nacht. Vielleicht werden Sie dann irgendwo in einer knatterkalten Kirche das Krippenspiel betrachten? Und da wird Ihnen irgendwie warm ums Herz ... Manche erinnern sich daran, dass sie irgendwann selber Maria spielen durften oder den König Herodes. Ganz früher. Krippenspiele führen die Dinge über die Realität hinaus in die wirkliche Wirklichkeit. Wirklichkeit ist das, was wirkt. Darauf kommt es an. Das eigentliche Krippenspiel findet nämlich im Geiste statt -...

Eine Welt
Justo Gallego Martínez (1925 - 2021)
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Justo Gallego Martínez
von Mejorado del Campo

Justo Gallego Martínez … war keiner von denen, die etwas von der Welt wollten. Und gerade deshalb hat er der Welt etwas gegeben, was die weder bestellt noch verdient hatte. Er gab der Welt ein Gebäude, das für seine Zeit von Anfang an zu groß war und für alle weltlichen Vernunftsbegriffe zugleich zu klein. Justo Gallego Martínez, dieser Mann, der nichts hatte außer seine Hände, seinen Atem und ein eigensinniges Verhältnis zu Gott. Dieser sonderbare Mann tat etwas, was man gewöhnlich nur als...

Glaube und Alltag

Johannes vom Kreuz († am 14. Dezember 1591)
Der Mystiker

Johannes vom Kreuz († am 14. Dezember 1591) saß lange in der Stille. Im Schweigen, das sich manchmal auf uns legt. Er wusste, was man in solchen Augenblicken tut: Man tut nichts. Man bleibt. Man hält aus und atmet. Er wusste: Das Kreuz ist kein Schmuck. Es ist etwas, was übrig bleibt, wenn du alle Ausreden verlierst. Dann bleibt nur das Tragen. Dieses Tragen macht dich echt. Die Leute wollen Gott hell haben. Laut und sicher. Sie wollen, dass er spricht wie ein General. Aber Gott spricht wie die...

Glaube und Alltag

CUR DEUS HOMO
WARUM GOTT MENSCH WARD

Warum Gott Mensch wurde? Anselms Buch Cur Deus Homo versucht eine Antwort auf diese Frage. Nicht das Schlechteste ist dabei heraus gekommen. Es gibt Bücher, die Werkzeuge sind. Kantig, zweckmäßig und ohne Verzierung. Cur Deus Homo ist auch so eins. Kein Weihrauch, keine Visionen, kein Engelsgetöse. Stattdessen ein einziger geduldiger Gedankengang, der sich weigert, die große christliche Behauptung – Gott wird Mensch – bei den Wundern abzuheften. Anselm fragt: Warum musste das so sein - und...

Feuilleton

ERBAULICH, ERBAULICH
Krippenspiele

Das hatten sie sich eigentlich ganz anders vorgestellt. Familie Schulze war in den Heiligabendgottesdienst gegangen, und alle hatten gehofft, ein Krippenspiel betrachten zu können. Aber es war kein Krippenspiel, es war ein wirkliches Spiel. Es ging nämlich um alles oder nichts. Zum Schluss sogar um Leben oder Tod. Oder Tod und Leben. Man kann das so oder so sehen. Aber wir wollen am Anfang beginnen, denn es geht immer am Anfang los, und man darf das Ende und den Schluss nicht zu schnell...

Glaube und Alltag

SECHSUNDNEUNZIG
WEIL ER EIN ENGEL WAR

Er war nun wirklich alt geworden, sehr alt geworden. 96 Jahre, diese komische Zahl, die aussieht wie das Krebszeichen in der Astrologie. Das Tierkreiszeichen zwischen Zwilling und Löwe.. Eine 9 und eine 6, und wenn man es umdreht, ist es wieder eine 9 und eine 6. Und als es ans Sterben ging, da war es dann auch gut. Denn alles tat weh und war so scheußlich und grauenvoll geworden. Aber, so wie er sich das schon immer gedacht und am Ende befürchtet hatte, er stand nun vor der großen Seelenwaage...

Glaube und Alltag
Gabriel & Maria (Bild von ChatGPT)
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Zum 3. Advent
Magnificat Anima Mea

Gott wollte Gabriel nicht länger schonen - und legte ihm die Sternenkarten vor: „Such mir Maria heim. ‚Ich will belohnen den Erdplaneten’, sage ihr ins Ohr.“ Der Engel fuhr hinab und auf der Stelle ward angeklopft beim kleinen Haus am Tor. Die junge Frau kam eben von der Quelle und hat gelesen lange in dem Buch von eines wunderbaren Brunnens Welle - nun saß am Haus ein Engel als Besuch … „Was willst du, Fremder, hier bei mir, dem Weibe?“ Und barg ihr Antlitz scheu vor ihm im Tuch. „Ich suche“,...

Glaube und Alltag
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erhobenen Hauptes …
Hirte, zum Stern schauend

MAROLIN heißt die deutsche Manufaktur für Krippen- und Weihnachtsfiguren im südthüringischen Städtchen Steinach. Und deren Figuren sind bekannt für handwerkliche Sorgfalt, detailreiche Gestaltung und ihre Verwurzelung in der traditionellen Krippentradition. Unter den zahlreichen Figuren gibt es eine mit der Bezeichnung „Hirte zum Stern schauend“ - die kleine Statue eines Hirten, der nach oben blickt, offensichtlich den Stern am Himmel betrachtet. Die Adventszeit gibt Gelegenheit zur...

Glaube und Alltag
Foto: generated by Matthias Schollmeyer
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Vierter Dezember
Tag der Heiligen Barbara

„Margareta mit dem Wurm, Barbara mit dem Turm, Katharina mit dem Radl – das sind die heiligen drei Madl.“Jeder kennt diesen Spruch. Heute, am 4. Dezember, ist ihr Tag: der Barbaratag. Die frühe Bekennerin selbstbestimmter Eigentlichkeit wurde, so berichtet die Legende zur Peinlichkeit aller Väter, von ihrem eigenen Vater in einen Turm eingeschlossen, weil sie Christus als einzigen Bräutigam erwählt hatte. Zur Entschuldigung des Vaters dürfe man zumindest annehmen, er habe die Tochter gern einem...

Feuilleton

Erinnerungen …
Leberecht Gottlieb Teil 136

Es war im zweiten Monat seiner Haft in jenem Straflager bei Workuta und am dritten Tag des Monats Mai. Das Lager trug offiziell keinen Namen, inoffiziell aber wurde es von allen „der Kühlschrank Gottes“ genannt, weil hier jeder Atemzug zu eisiger Tortour gerann und selbst das Schweigen erfror. Leberecht Gottlieb stand an jenem Morgen in einer Schlange, die sich in die Wohnbaracke wand wie ein erschöpftes Reptil aus Wolle und Menschen. Es war Rasurtag. Der Tag, an dem das Lagerführungskommando...

Glaube und Alltag

Legenden
Vom Bischof Nikolaus

Man erzählt in jenen abgelegenen Tälern Lykiens, dass Nikolaus von Myra in einem Jahr unsäglicher geistiger Erschlaffung zu jenem Mittel griff, das jeder vernünftige Mensch längst hätte ergreifen müssen. Die Politiker der Provinz, die ohnehin schon einen Ruf hatten, der dem Geruch alten ranzigen Öls vergessener Lagerhäuser entsprach, überboten sich damals in einer Form der Dummheit, vor der selbst die Schafe erschraken. Man beschloss Dinge, deren Konsequenzen niemand bedacht hatte, man...

Feuilleton

Nikolaus
DER NAME - DER TRAUM

Man erzählt in den alten Häusern von Patara auch, dass die Mutter des künftigen Bischofs in einer Nacht tiefer Erschöpfung jenen Traum empfing, der dem Kind seinen Namen geben sollte. Das Kind war noch ungeboren, und die Zukunft der Stadt ungewiss. Als römische Provinz litt die Gegend unter Willkür und kleinlicher Amtsgier, und das Volk – das Laos – suchte nach Orientierung, die ihm bisher niemand gewährte. In jener Nacht aber erblickte die Frau im Traum einen Engel, der nicht in blendendem...

Glaube und Alltag

die taten
des Heiligen Nikolaus

Singe von Nikolaus, Muse, und künde herrliche Mären und löbliche Tat. Wie denn der Bischof myräischer Pfründe Glück gebracht Eltern und Kindern einst hat. Als im Ornat oft der Alte mit Ruhe ging durch die Straßen der nächtlichen Stadt und durch die Fenster warf, manchmal in Schuhe Naschwerk legte dem ärmlichen Kind – oder, wo leer sich fand Kiste und Truhe – füllte mit Nüssen den Schrank und den Spind. Niemand kannte den freundlichen Schenker, heimlich geschah jede Guttat und lind. Einmal nun...

Blickpunkt

der heilige Nikolaus
Bischof von Myra

Nikolaus von Myra gehört zu jenen Gestalten, in denen sich Geschichte und Gedächtnis, Faktum und Verheißung mit- und ineinander verschränken. Wer diesem Mann theologisch begegnen will, muss sich von der Vorstellung lösen, Heiligkeit fordere eine Art historisch-biographischen Beweisgang. Vielmehr ist Heiligkeit ein Raum, in dem die Kirche über die Zeiten hinweg das wiedererkennt, was Christus im Menschen aufstrahlen lassen will. Gerade deshalb ist es kein Zufall, dass die historischen Konturen...

Glaube und Alltag

AHASVERS ABENTEUER
ADVENTURIA ECCLESIAE

Es gibt eine sonderbar anmutende Ähnlichkeit im Blick auf unsere Kirche und die Legende von Ahasver. Beider Zusammenhang erschließt sich vollständig erst dann, wenn man die beteiligten Gestalten nicht nur institutionell bzw. historisch-kritisch betrachtet, sondern mit einem tieferen geistlichen Selbstverständnis wahrzunehmen versucht. Genau das wird möglich wenn man mit Hilfe der Phantasie das Sichtbare durchschreitet, um das Unsichtbare zu suchen und wo man begreift, dass die Kirche nicht...

Feuilleton

ADVENTSZEIT - LESEZEIT
Vorgestellt: Königliche Hoheit

"Königliche Hoheit" ist nach den „Buddenbrooks" der zweite große Roman Thomas Manns. Adventszeit ist auch Lesezeit! Am Beginn des an dieser Stelle ausdrücklich empfohlenen Buches brilliert jene Szene, in der ein alter General vor dem blutjungen Kadetten Klaus Heinrich salutiert. Thomas Mann legt in diesem Eingangskapitel – mit der feinen Ironie all seiner Kunst – die tiefe Grammatik von Rang und Ankunft offen: Hier kniet nicht einfach das Alter vor der Jugend, sondern die Weltordnung neigt sich...

Feuilleton

Sonntagsevangelium
die Klugen und die Dummen

Zehn junge Frauen wollten einst geleiten den Bräutigam zu seinem Hochzeitsfest. Die Bibel uns erzählt von Jesu Zeiten, was alles sich davon berichten lässt: Schwarz war die Nacht - sie nahmen ihre Lampen und stürmten in des Lebens großen Test. Fünf Mädchen aber waren rechte Schlampen: Vergaßen mitzuführen Vorratsöl! Was nun geschah dort draußen an den Rampen? Der Bräutigam erschien nicht auf die Schnell‘. Die andern fünf sind klug und hoch zu loben – sie trugen Vorrat mit, dass ja nichts fehl‘!...

Glaube und Alltag

Gleichnis von den zehn Jungfrauen
Ewigkeitssonntag 2025

Es gibt bestimmte Bilder, und die folgen uns jahrzehntelang wie treue Schatten. Wenn man alt genug geworden ist, um die vergangene Zeit staunend zu betrachten, dann ahnt man schließlich, wie diese Bilder mehr von uns wissen als wir von ihnen. Das Gleichnis Jesu von den zehn Jungfrauen – ein Gleichnis, das die Nachgeborenen mit seinem strengen Maß und seiner eigentümlichen Mischung aus Erwartung, Gericht und nächtlicher Unruhe bis heute irritiert – gehört in diese Kategorie. Paula Jordan hat...

Feuilleton

Glückwunsch
Once upon a time

Vor langer Zeit, als das Wünschen noch half, die Tiere sprechen konnten und der Herrgott selbst auf Erden ging, erzählte man sich von einem stillen Tal, das zwischen zwei fernen grünen Hügelketten gelegen und einen der sieben Mittelpunkte der Welt ausgemacht haben soll. Dort trug sich die wunderbare und traurige Geschichte des Knaben Perdix zu, der – kaum dass er die ersten Worte richtig formen konnte – damit begann, die Gegenstände seiner Umgebung zu zerlegen, neu zusammenzufügen, sie in einer...

Service + Familie

am Grabe
Novembergedanken

Die Zeit um Totensonntag ist geeignet, Gräber zu besuchen. Besuche also irgendwo ein Grab. Wie es das Leben bisher mit Dir gemeint hat, wird es das Grab Deiner Eltern oder Deiner Großeltern sein. Deiner Frau, Deines Mannes oder eines guten Freundes. Deiner Schwester oder Deines Bruders. Und wenn Gott es unbegreiflicherweise zugelassen hat, kann es auch das Grab Deines Kindes sein. Wenn Du einer von den Glücklichen bist, die kein eigenes Grab haben – dann gehe zum Grab eines alten Lehrers oder...

Glaube und Alltag

Predigttext Joh 5,24ff
JETZT

Christus spricht: „Die mein Wort hören, haben das ewige Leben. Sie kommen nicht in das Gericht, sondern sind vom Tode zum Leben hindurchgedrungen. Die Stunde wird kommen - und ist  jetzt schon da - , dass die Toten hören die Stimme des Sohnes Gottes. Sie werden hören und leben. Alle, die in den Gräbern sind, werden diese Stimme vernehmen. Und hervorgehen, die Gutes getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber Böses getan haben, zur Auferstehung des Gerichts.“ (Joh 5,24ff) Ja - es gibt...

Feuilleton

die Reue des Herrn
VON SINN UND UNSINN

Peter Sloterdijk zeichnete in seinem lesenswerten und hiermit ausdrücklich empfohlenen Essay DIE REUE DES PROMETHEUS die lange Geschichte der Feuerbeherrschung als Tragödie der Menschheit nach. Ausgehend vom Mythos des Prometheus zeigt er, wie die Gabe des Feuers – Sinnbild aller technischen Selbstermächtigung – sich im Verlauf der Moderne in eine unkontrollierbare Pyro-Technik verwandelt hat. Die Menschen, ursprünglich dankbar für das Licht, wurden zu Brandstiftern ihrer eigenen Welt:...

Feuilleton

Volk und Kaiser
… es gibt Tage …

Auch das gehört zu den merkwürdigen Ironien der Geschichte, dass ausgerechnet jener Monarch, der sein Reich sechs Jahrzehnte lang wie ein schweigsamer Uhrmacher in Gang hielt, an einem einzigen unscheinbaren Tag still - verschwand. Franz Joseph Karl von Österreich, aus dem Haus Habsburg-Lothringen, war vom 2. Dezember 1848 bis zu seinem Tod Kaiser von Österreich, Apostolischer König von Ungarn und König von Böhmen. Mit einer Regierungszeit von nahezu 68 Jahren übertraf er jeden anderen...

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