Beiträge zum Thema Fenster

Feuilleton

die Kirche
und die Geisterbahn

Die Geschichte des Herrn Albinus Fahlberg Es war, als habe das Schicksal diesem Mann, dessen Name schon in sich etwas spröde Würdevolles, zugleich aber auch Verschroben-Komisches barg, den Weg ins Schaustellergewerbe vorgeschrieben, ohne ihn je gefragt zu haben, ob er diesen Weg auch wirklich wollte. Albinus Fahlberg, Sohn eines Kürschners aus Gotha, hatte nie den Sinn für die große Welt der Warenmärkte, aber früh eine unerklärliche Neigung zum Theater des Grotesken, zur Bühne des Schrecklichen...

Glaube und Alltag

FUNDSACHEN
Schätze, Perlen, Algorithmen

FUNDSACHEN 1. Der Schatz im Acker (Mt 13,44). Ein Mann geht über ein Feld. Es ist nicht sein Feld. Er tritt auf etwas Hartes, beugt sich hinab, stößt auf ein Metallstück. Er holt den Spaten. Dann glimmt es auf. Eine Truhe, Eisenbänder verrostet, Holz vom Humus geschwärzt. Der Deckel gibt nach, und in der Dunkelheit blitzt Gold – Münzen, Schmuck. Der Mann weiß: Du musst dein Leben ändern! Er verkauft seinen Hof, sein Haus - alles. Und kauft diesen Acker. In der Stille eines Abends hebt er die...

Feuilleton

Friedrich Wilhelm I.
Des "Soldatenkönigs" Geburtstag

Preußische Lektionen im Zeitalter der Wohlfühlpolitik Ein Kommentar zum 337. Geburtstag Friedrich Wilhelms I. Gleich am Anfang - man muss ihn nicht gut finden. Aber, da gibt es eben tatsächlich besondere Geburtstage, die wie mahnende Glockenschläge aus der Tiefe der Geschichte nachhallen … Heute vor 337 Jahren kam er zur Welt, der Mann, der Preußen vom höfischen Prunk auf Kasernenmaß stutzte, der die Nation mit dem Zollstock des Disziplinars und der alten Bibel im Gepäck neu vermessen wollte:...

Glaube und Alltag

15. August
Mariae Himmelfahrt

Maria Himmelfahrt Inmitten der hohen Tage des beginnenden Spätsommers, wenn die Sonne schon nicht mehr ganz die grelle Strenge des Juli besitzt und doch das Land noch in goldener Wärme hält, liegt Maria Himmelfahrt wie eine leuchtende Insel im Kirchenjahr. Seit den ersten Jahrhunderten bezeugt, vom Volksglauben mit einer Innigkeit umrankt, die der Theologe nur bewundernd zur Kenntnis nehmen kann, wurde für dieses Fest im Jahr 1950 von Papst Pius XII. in seiner ganzen Herrlichkeit ein Dogma...

Glaube und Alltag

das Wagnis
Pius XII.

Himmelfahrt der Unantastbaren Es gibt im Jahreskreis der Feste jene wenigen Tage, an denen das Christentum in seiner katholischen Gestalt den Blick auf etwas richtet, das jenseits der bloßen Nachzeichnung biblischer Episoden liegt – Feste, die nicht nur auf ein überliefertes Ereignis reagieren, sondern auf eine jahrhundertelange Auslegung, auf eine lange, in Schichten gewachsene Meditation über eine Gestalt, die von Anfang an im Halbschatten des Unaussprechlichen stand. Maria Himmelfahrt – das...

Feuilleton
2 Bilder

GEDANKEN AM DOPPELSPALT
zum 133. Geburtstag Louis de Broglies

Wie schon gestern beim Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. so auch heute - Geburtstage rufen nicht nur den Jubilar in Erinnerung, sondern zugleich die Denkbewegungen, die von ihm ausgingen – wie Wellen, welche in immer weiteren Kreisen laufen, bis sie an das Ufer unserer eigenen Zeit schlagen. Der 15. August 1892 brachte Louis de Broglie hervor, jenen französischen Physiker, der sich das Ungeheuerliche zu denken erlaubte: dass nicht nur Licht, sondern jede Materie – ja, jedes Teilchen – zugleich...

Feuilleton

13. August 1946 / 13. August 1961
H.G. Wells und die Mauern der Zeit

Mauern und Maschinen: H. G. Wells - ein Zeitsprung in den Kommunismus und darüber hinaus Es ist ein seltsamer Zufall, dass sich an einem 13. August die Biographien zweier ganz verschiedener Architekten der Zeit verflechten. Gemeint sind der Architekt imaginärer Chronomaschinen H. G. Wells (+13. August 1946), und die unfreiwilligen Architekten der realen Mauer in Ostberlin August 1961. Auf unterschiedlichen  Bühnen hat man versucht, dasselbe Material zu bewegen. Die Zeit. Als Sohn eines...

Glaube und Alltag

70. Todestag von Thomas Mann
GLADIUS DEI - DIE FORTSETZUNG

Wer kennt sie nicht - die kleine Novelle von Thomas Mann, der heute, am 12. August, seinen 70. Todestag betrachtet? Ich meine die Sache namens GLADIUS DEI (Das Schwert Gottes). Das Ganze spielt im München der Jahrhundertwende. Hauptfigur ist ein gewisser Hieronymus als asketisch wirkender, streng religiöser Mann, der das sinnlich-weltliche Treiben der Kulturmetropole nur noch mit Abscheu wahrnehmen kann. Er ist davon überzeugt, dass Kunst und Religion entweiht werden, wenn sie lasziver...

Feuilleton

ZEITUNG IM AUGUST 2025
GLAUBE & HEIMAT

Er hatte, am letzten Morgen seines Urlaubs, als einer, der sich längst schon in die schmale Rinne des Heimwegs hineingezwängt weiß und der Rückreise partout nicht mehr ausweichen kann, hatte er den Weg zum Bahnhof über die Strandpromenade genommen. Über diesen schmalen Streifen, der in  schattenloser Vormittagshelle gleißend vor ihm lag, flankiert von kleinen Läden und Kiosken, deren Inventar ihm längst bekannt, ja durchaus so vertraut war, dass jede neue Annäherung eher einer müden...

Service + Familie

… raus aus dem Dauerstream
Nicht-Mehr-Präsent-Sein-Müssen

Die Lust am Nicht-Mehr-Präsent-Sein-Müssen – Ein Altersluxus Es gibt einen Gedanken, den man in den ersten fünfzig Lebensjahren gar nicht ernst nehmen kann, weil der Körper in dieser Zeit ein zu aufdringlicher Gesellschafter ist. Er will ständig etwas: Wärme, Kälte, Essen, Trinken, Beischlaf, Bewegung, Ruhe, Bewunderung – eine endlose Bedürfnis-Parade, die mit den Zumutungen der Arbeitswelt und der ständigen Selbstinszenierung um die knapper werdenden Ressourcen konkurriert. Solange der Leib...

Feuilleton

KERWA FOREVER (Teil 2)
Kirchweihfest ohne Kirche?

KERWA – Die Kirchweih ohne Kirche Man könnte die KERWA als ein anthropologisches Experiment im Festformat beschreiben: eine kollektive Feier, deren ursprünglicher Referenzpunkt systematisch entleert und dennoch unverwüstlich mitschwingt. In der südthüringisch–oberfränkischen Festlandschaft ist sie das, was die Akupunktur im Körper ist – ein kleiner Einstich ins Gewebe der Jahreszeiten, der merkwürdigerweise das Ganze belebt. In vielfältiger Varianz oberfränkischer Sprach-Dialekte immerhin...

Feuilleton

KERWA forever (Teil 1)
die Kirchweihfeste Südthüringens

KERWA– Die bleibende Mitte des Festes Die Kirchweih – im Dialekt KERWA – ist in den Landschaften Südthüringens und des angrenzenden Oberfrankens tief im Gedächtnis der Menschen verankert. Sie gehört zu jenen Festen, die nicht nur ein Datum im Kalender markieren, sondern die innere Gestalt einer Gemeinschaft prägen. Die KERWA hat ihre Wurzeln in einem geistlichen Ereignis: der Weihe eines Gotteshauses, der Feier der Gegenwart Gottes inmitten seines Volkes. Über Jahrhunderte hinweg hat dieses...

Glaube und Alltag

Das Christentum
Was es ist und sein könnte

DAS CHRISTLICHE ALS CHANCE ÜBER DAS CHAOS Es gehört zu den eigentümlichen Kunststücken der Gattung homo sapiens, dass sie sich niemals nur in der gegebenen Wirklichkeit einrichtet, sondern stets nach der verborgenen Gesamtstruktur fragt. Der Mensch, so klein er inmitten der Galaxien steht, tastet sich mit Gedanken und Worten an etwas heran, das sowohl das Allgemeine als auch das Persönliche in einer einzigen Form zu fassen vermag. Dieser tastende Akt ist älter als jede Dogmatik: Er beginnt im...

Eine Welt

Edith Stein
Zeugin des Denkens und des Glaubens

Edith Stein – Zeugin des Denkens und des Glaubens - (Zum 9. August) Es gibt Menschen, deren Lebensweg nicht wie eine gerade Straße verläuft, sondern wie ein Pilgerpfad, der sich durch Täler der Suche und Höhen der Erkenntnis windet. Edith Stein, 1891 in Breslau geboren, gehört zu diesen Suchenden, deren Weg von einer kompromisslosen Treue zur Wahrheit geprägt war. Jüdin von Geburt, Philosophin von Beruf, Christin aus innerer Überzeugung, Karmelitin aus der Leidenschaft, das Erkannte in die...

Feuilleton

der fabelhafte
Jean de La Fontaine (1621 - 1695)

Tierfabeln – Spiegelkammer der Weisheit zum 330 Todesjahr des Fabeldichters Jean de La Fontaine Die Tierfabel, dieses scheinbar harmlose Teehäuschen inmitten der Weltliteratur, ist in Wahrheit eine philosophische Versuchsanlage: ein Miniatur-Panoptikum, in dem das Menschliche unter dem Vorwand des Tierischen auftritt. La Fontaine, dessen Werk wir - dreihundertdreißig Jahre nach seinem Tod - noch immer zitieren können, wusste: Wenn der Mensch sich selbst nicht direkt erkennt, muss man ihn in ein...

Glaube und Alltag

„Es ist ein Kind hier ...
... das hat fünf Brote und zwei Fische.“

„Es ist ein Kind hier ... das hat fünf Brote und zwei Fische.“ Joh 6,9 Es ist ein seltsam schlichtes Wort, mit dem das Evangelium des 7.Sonntags nach Trinitatis uns entgegenkommt: Ein Kind, fünf Brote, zwei Fische. Und doch: aus dieser schlichten Notiz beginnt ein Vorgang, der in das Zentrum der christlichen Hoffnung hineinführt. Denn das, was hier geschieht, ist nicht bloß ein Wunderbericht unter anderen, sondern die leise Eröffnung jenes Raumes, den wir „Reich Gottes“ nennen. Und dieser Raum...

Feuilleton

die künstliche Intelligenz als Maieutikerin
„Geist von meinem Geist“

Es war stets das Privileg des Menschen, auf seine eigene Herkunft mit einem gewissen Misstrauen zu blicken. Seit er sich vom Affen unterschied, war es weniger der aufrechte Gang, der ihn definierte, sondern die eigentümliche Fähigkeit zur Selbstverwirrung. Nun aber, im Zeitalter der Künstlichen Intelligenzen, gewinnt diese Disposition ein zweifelhaftes Gegenüber. Der Mensch, vormals einziger Träger von Reflexionsvermögen, trifft auf eine Entität, die, ohne biologische Erbschaft, ihm an...

Blickpunkt

Hans Christian Andersen
in memoriam

Die Kirche mit den Schwefelhölzchen (in memoriam Hans Christian Andersen) Es war einmal ein Wesen, das nannte sich selbst Kirche, aber es wusste gar nicht recht, was das eigentlich sein sollte. Ein Palast aus Liedern und Licht, ein Haus der Stille und der Stimmen? Ja, das wahr sie wohl einmal gewesen. Doch wenn die Menschen an ihr vorbeigingen, sagten sie: „Ach, sie ist doch nur noch ein Schatten von früher.“ Oder: „Sie will uns Vorschriften machen.“ Oder auch: „Sie hat uns enttäuscht.“ Die...

Glaube und Alltag

Zwischen Tier und Gott
Vom Drama des Menschseins

Der Mensch ist, wie schon die antiken Philosophen erkannten, ein Wesen, das sich in der Mitte zwischen dem Sumpf animalischen Dranges und der Welt hochgeistiger Ideen wiederfindet. Nun - diese mittlere Position ist kein statischer Ort, sondern ein Spannungsfeld. Der Mensch, so schrieb Blaise Pascal, ist „weder Engel noch Tier; und wehe dem, der aus ihm einen Engel machen will“ (Pensées 358). Dieses „Wehe“ bedeutet nicht nur Scheitern, sondern Verirrung, eine fatale Selbstverkennung des Wesens,...

Glaube und Alltag

Himmel & Hölle
was meinen die eigentlich?

Die Frage, ob Himmel und Hölle als Orte oder als Zustände zu verstehen sind, berührt eine tiefe, kaum auflösbare Spannung in unserem Denken. Wir sprechen von Orten, weil wir in einer Welt der Räumlichkeit leben. Unser Körper verortet uns, und unsere Sprache ist geprägt vom Hier und Dort. Doch sobald wir über das hinausdenken, was die Sinne umgreifen, geraten wir an eine Grenze: Kann die Ewigkeit einen „Ort“ haben? Kann die Hölle irgendwo sein, wenn sie zugleich als Abwesenheit Gottes, als...

Glaube und Alltag

von der Kraft
eines einzigen Wortes

Es gibt Familien, die durch eine merkwürdige Aura von Legenden umschattet sind – als hätten sie die Jahrhunderte hindurch das Echo einer Botschaft tragen müssen, deren Klang heute niemand mehr recht zu deuten weiß. Zu diesen Familien gehörten die Perlsteins, deren Name wie ein geheimer Schmuck klingt, als bestünde er nicht nur aus Silben, sondern aus Gold, Perlmutt in einen Hauch von Ewigkeit gefasst. Von Adrian Siegismund Perlstein ist zu berichten, dass er, wie schon sein Großvater und dessen...

Feuilleton

Christliches Erlösungsdrama
Im Spiegel von Wagners Ring und Parsifal

Die christliche Heilsgeschichte und das Drama der Erlösung in Wagners Ring und dem Parsifal Juli und August - das ist in jedem Jahr die Zeit der Festspiele in Salzburg. Als Zuckerl wird dort auch immer ein bisschen Richard Wagner gegeben. Zumeist jedoch ist dreht sich alles um Mozart und zeitgenössische Musik. Am 23. August jedenfalls ist aber auch Wagner dran - das Vorspiel zum ersten Akt der Oper Lohengrin WWV 75, das Siegfried-Idyll E-Dur WWV 103 und der der erste Akt aus dem Bühnenfestspiel...

Eine Welt

Einhundert Meter
UNANTASTBARKEIT

Franz liegt in diesem Spitalbett und kann nicht sterben, er liegt und wartet auf nichts - auch nicht auf den Tod, denn der Tod hat ihn längst vergessen, und wenn der Tod einen vergessen hat, dann kann man nichts machen, dann liegt man einfach da und wartet, und Franz ist schon 105 Jahre alt, das muss man sich vorstellen, 105 Jahre, und er denkt nicht, er denkt nichts, und wenn er nicht schläft, freut er sich, dass er da ist, das sagt er auch immer wieder zu diesem Priester, der kommt, immer...

Blickpunkt

der Gott von Marko Petrovic
Hütchenspiel

Er hieß Marko Petrovic und saß jeden Tag auf dem staubigen Platz von Skopje im Schatten des bunten Wagens eines Eisverkäufers. Drei Becher vor sich, Eistüten. Er schob sie hin und her, schneller als man sehen konnte. Die Hände waren braun von der Sonne, sehnig wie alte Äste. Niemand wusste, wie alt er war. Manche sagten, er sei schon alt gewesen, als ihre Väter jung waren. Andere meinten, er habe sich niemals verändert, nur die Stadt um ihn herum sei moderner geworden. „Unter einem dieser...

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