am Grabe
Novembergedanken
- hochgeladen von Matthias Schollmeyer
Die Zeit um Totensonntag ist geeignet, Gräber zu besuchen. Besuche also irgendwo ein Grab. Wie es das Leben bisher mit Dir gemeint hat, wird es das Grab Deiner Eltern oder Deiner Großeltern sein. Deiner Frau, Deines Mannes oder eines guten Freundes. Deiner Schwester oder Deines Bruders. Und wenn Gott es unbegreiflicherweise zugelassen hat, kann es auch das Grab Deines Kindes sein. Wenn Du einer von den Glücklichen bist, die kein eigenes Grab haben – dann gehe zum Grab eines alten Lehrers oder zum Denkmal eines verschollenen Soldaten. Lege eine Blume oder einen kleinen Stein dort hin – und werde eingedenk, dass Du selber einer von uns Sterblichen bist. Danke Deinen Verstorbenen noch einmal für alles Gute, was Du von ihnen erfahren durftest und sei froh über alles Gute, was Du selber ihnen sein konntest. Bitte sie ruhig um Verzeihung für Schmerzen und Leid, die mit Dir verbunden gewesen sind, sie aber erleiden mussten. Und gegebenenfalls: Vergib ihnen restlos alles Schwere, was sie Dir angetan haben, indem Du es zu verstehen trachtest. Was war – das war. Das ist die ganze Wahrheit. Sag „Ja“ dazu. Wundere Dich nicht, wenn Du dabei weinen mußt. Nimm es so, wie es gekommen ist. Und lerne für Dich selber daraus Hilfreiches. Gib den Verstorbenen die Ehre, – denn diese steht ihnen auf jeden Fall zu. Sie alle haben gelebt und das Leben ist nicht einfach, meistens ist es sogar recht schwer. Bitte Gott um Frieden für Deine Verstorbenen und segne sie. Und bitte überhaupt für alle jene, die schon gegangen sind, dass sie im Frieden ruhen mögen und um ihren Segen für Dich und Deine Familie, aus der Du mit ihnen kamst. Freue Dich, dass Du selber noch lebst, wie sinnlos Dir das Leben manchmal auch erscheinen mag. Und lass Deine Verstorbenen etwas von dieser Freude spüren. Bitte Gott, dass Eure Freude sich gegenseitig mitteile und Euer Leid sich gegenseitig aufhebe. Nimm Dir dankbar die Gleichnisse der um Dich absterbenden und sich auf diese Weise wandelnden und erfüllenden Natur zu Herzen: Ihrer zufrierenden Bäche, ihres fallenden Laubs und ihrer verblühenden Blumen, der niedrigen Sonne und aller Morgennebel, die den Horizont weich machen. Christus hat Gleichnisse aus der Vergänglichkeit gemocht. Er hat seine Botschaft von der Ewigkeit auf den Bildern der sterblichen Schöpfung errichtet. Denn was vergeht, kann neu zurückkehren – beides ist Dein Leben. Freue Dich an der Weisheit des Alters, an der Torheit der Jugend und an der Unschuld der Kinder – denn das sind reale Stufen zur Ewigkeit, und weil wir Menschen sie wirklich betreten, werden wir sie auch verstehen können. Wehre Dich nicht gegen das Alter, kämpfe nicht gegen das notwendige Scheitern, nimm gelassen an, was zu Dir kommen will – und sage „Ja“!
Autor:Matthias Schollmeyer |
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