Fenster

Beiträge zum Thema Fenster

Glaube und Alltag

Hiob, der Mann
AUS DEM LANDE UZ

Hiob als Wetteinsatz – Ein theologisches Nachdenken zum kommenden Sontag Im Buch Hiob begegnen wir einer der befremdlichsten Szenen der Heiligen Schrift. Nicht eine fromme Erbauungsgeschichte wird da erzählt, sondern eine Szene im himmlischen Gerichtssaal, in der Gott selbst in das Spiel mit dem Satan eintritt. Und es ist nicht weniger als der Mensch Hiob, der zum Einsatz dieser Wette wird: „Hast du acht gehabt auf meinen Knecht Hiob?“ fragt Gott. Die Szene wirkt wie eine Provokation, ja, wie...

Feuilleton

Tag der Enthauptung des Täufers
29. AUGUST - INGRID BERGMANN

Der 29. August gilt als Tag der Enthauptung Johannes des Täufers. Und man darf es wohl als eine jener strengen und fast unnatürlich stilisierten Fügungen betrachten, die das Leben selbst nur in seltenen Momenten hervorbringt und an wenige Auserwählte verteilt: Ingrid Bergman erblickte an diesem besonderen Tag das Licht der Welt und an einem 29. August verließ sie diese Welt auch wieder. Wie eine vollkommen komponierte Kadenz, wie eine mythische Schlusswendung, die nicht aus der Willkür...

Feuilleton

28. August
Geburtstagsgruß und Trauerflor

Es ist bekannt, dass damals ein Naumburger Superintendent namens Wilhelm Horn die Bestattungsrede auf Friedrich Wilhelm Nietzsche gehalten hat, an jenem 28. August im Jahre 1900. Was wird dieser Geistliche verlautbart haben lassen? Wir wissen es nicht - irgendetwas in akademisch-protestantischem Ton wird es schon gewesen sein - mit christlich versöhnlichem Schlussakkord. Von Horn selbst ist biografisch nichts überliefert – jedoch bleibt sein Anteil an Nietzsches funeralem Abschied hoch zu...

Feuilleton

Georg Friedrich Wilhelm Hegel (Teil 2)
Heimholungen

Heimholung des Glaubens und des Denkens Es gehört zu den elementaren Erfahrungen jedes einzelnenMenschen, dass der eigene Glaube nie eine stabile Größe ist, die einmal gewonnen, gleichsam als gesichertes Kapital aufbewahrt werden könnte. Der Glaube atmet. Er ist den Rhythmen des Körpers, den Stimmungen der Seele, den Schwankungen der Lebenslage ausgesetzt. Schon wenige Zehntelgrade Körpertemperatur genügen, um die Gewissheit der Nähe Gottes in einen flackernden Schatten zu verwandeln. Wer...

Feuilleton

Georg Friedrich Wilhelm Hegel (Teil 1)
Losungszufälle

Die Religiosität Hegels – Versuch über väterliche Korrektur und dialektische Heimkehr Wir verdanken ihm sehr viel. Denn das heutige Geburtstagskind Georg Wilhelm Friedrich Hegel hat die Religion nie als sentimentales Anästhetikum für sonntägliche Morgenstunden gedeutet, sondern als das große Bildungsdrama des Weltgeistes. Wenn er vom Christentum sprach, dann niemals als vom frommen Schmuck des Feieralltags, sondern als von der geschichtlich gewordenen Selbstoffenbarung des absoluten Geistes....

Feuilleton

die letzten Augusttage ...
... Nest des Weltgeistes

Das Nest der letzten Augusttage ... Besondere Kalenderwochen. Es gibt sie. Als stille Depots menschlich besonderer Schicksale. Dort ist gut sein. Auch besonders die Zeit vom 25. bis 28. August ist gemeint. Hier bildete sich sozusagen ein Nest, in dem sich große Geister mit ihren Jubiläen zusammenkauern wie Vögel, welche vor dem herbstlichen Abflug gen Süden noch einmal sorgsam die Schwungfedern ordnen. Herder, Hegel, Goethe, Nietzsche – und, fast wie ein ironischer Nachsatz der Weltgeschichte,...

Feuilleton

DAS ANDERE
PERLENLIED

Die Geschichte vom Jüngling und der Perle Es begab sich aber, dass ein Jüngling von hoher Begabung, ein Sohn aus gutem Hause und aus altem Geschlecht der Denker und Gelehrten, ausgesandt ward von seinen Vätern, nicht minder von der Mutter, die ihn nährte mit süßer Milch und strenger Rede, in die Welt der Zahlwerke und Rechenmaschinen, die Welt der großen Daten und der allbeherrschenden Intelligenzen künstlicher Natur. Denn es hatte sich unter den Seinen herumgesprochen, dass in eben dieser...

Feuilleton

„Ich bin es nicht selbst – aber ich weiß davon“
Erwählung, Bewertung und die Würde des Dabeiseins

Die Frage nach dem Höchsten – sie begleitet uns seit der Zeit unserer ersten Kinderspiele und Turnstunden. Wer ist der Beste? Was ist das Schönste? Wer steht an der Spitze? In Märchen wie in Mythen ist diese Frage ein zentrales Motiv. Die böse Königin fragt den Spiegel nicht nach dem Guten und Wahren, sondern nach dem Höchsten in Form des Schönsten – und entzündet damit die Tragödie um Schneewittchen. Schon diese literarische Miniatur zeigt: Die Sehnsucht nach dem Höchsten ist nicht neutral,...

Glaube und Alltag

Vorausblick auf ...
... den Israelsonntag

Und da sind Ideen, die scheinen so alt zu sein, als hätte die Welt sie nicht selber erfunden, sondern irgendwie geerbt – aus einer urgrauen Vorzeit, in welcher die Mythen als amtliche Verlautbarungen Gottes kursierten. Eine dieser Ideen ist die Vorstellung, dass das eigene Volk „erwählt“ sei. Der psychologische Nutzen dieser Idee ist offensichtlich - er dient der inneren Thermoregulation eigener Gemeinschaftlichkeit. Man wärmt sich an der Gewissheit, etwas Besonderes zu sein, und kühlt zugleich...

Eine Welt

Ersatzstoffe ...
Schuldkult und Selbsthass

Selbsthass und Schuldkult als neoreligiöse Surrogate Es ist eine der eigentümlichsten Erscheinungen unserer Gegenwart, dass ganze Gesellschaftsgruppen damit begonnen haben, ihre kollektive Identität auf der Abwertung des eigenen Selbst zu errichten. Was in der Antike einmal als individuelle moralische Korrektur galt und im Kultus des alten Volkes Israels in der Hoffnung auf Versöhnung gefeiert wurde, ist heute in einigen Milieus zu einer „Neoreligion ohne Gott” geworden: Selbsthass als...

Feuilleton

Dramolett
nach einer Idee von Gott

Das Boot – Eine Schulstunde … nach einer Idee von Gott Personen: • Der Denker • Die Mutter • Der Vater • Der Lehrer • Gott • Hermes ERSTER AUFTRITT (Ein Klassenzimmer. Holzbänke, ein schiefstehender Tisch, eine Tafel mit Kreideresten. Der Lehrer schlägt mit dem Lineal gegen die Tafel.) Lehrer: Ruhe da hinten! Heute, Kinder, geht es um das Leben. Ein Boot. Wir alle darin. Wer rudert, wer denkt, wer betet? Denker (lehnt träumerisch an der Bank): Ich denke … und schon schaukelt es. Mutter (mit...

Feuilleton

die Kirche
und die Geisterbahn

Die Geschichte des Herrn Albinus Fahlberg Es war, als habe das Schicksal diesem Mann, dessen Name schon in sich etwas spröde Würdevolles, zugleich aber auch Verschroben-Komisches barg, den Weg ins Schaustellergewerbe vorgeschrieben, ohne ihn je gefragt zu haben, ob er diesen Weg auch wirklich wollte. Albinus Fahlberg, Sohn eines Kürschners aus Gotha, hatte nie den Sinn für die große Welt der Warenmärkte, aber früh eine unerklärliche Neigung zum Theater des Grotesken, zur Bühne des Schrecklichen...

Glaube und Alltag

FUNDSACHEN
Schätze, Perlen, Algorithmen

FUNDSACHEN 1. Der Schatz im Acker (Mt 13,44). Ein Mann geht über ein Feld. Es ist nicht sein Feld. Er tritt auf etwas Hartes, beugt sich hinab, stößt auf ein Metallstück. Er holt den Spaten. Dann glimmt es auf. Eine Truhe, Eisenbänder verrostet, Holz vom Humus geschwärzt. Der Deckel gibt nach, und in der Dunkelheit blitzt Gold – Münzen, Schmuck. Der Mann weiß: Du musst dein Leben ändern! Er verkauft seinen Hof, sein Haus - alles. Und kauft diesen Acker. In der Stille eines Abends hebt er die...

Feuilleton

Friedrich Wilhelm I.
Des "Soldatenkönigs" Geburtstag

Preußische Lektionen im Zeitalter der Wohlfühlpolitik Ein Kommentar zum 337. Geburtstag Friedrich Wilhelms I. Gleich am Anfang - man muss ihn nicht gut finden. Aber, da gibt es eben tatsächlich besondere Geburtstage, die wie mahnende Glockenschläge aus der Tiefe der Geschichte nachhallen … Heute vor 337 Jahren kam er zur Welt, der Mann, der Preußen vom höfischen Prunk auf Kasernenmaß stutzte, der die Nation mit dem Zollstock des Disziplinars und der alten Bibel im Gepäck neu vermessen wollte:...

Glaube und Alltag

15. August
Mariae Himmelfahrt

Maria Himmelfahrt Inmitten der hohen Tage des beginnenden Spätsommers, wenn die Sonne schon nicht mehr ganz die grelle Strenge des Juli besitzt und doch das Land noch in goldener Wärme hält, liegt Maria Himmelfahrt wie eine leuchtende Insel im Kirchenjahr. Seit den ersten Jahrhunderten bezeugt, vom Volksglauben mit einer Innigkeit umrankt, die der Theologe nur bewundernd zur Kenntnis nehmen kann, wurde für dieses Fest im Jahr 1950 von Papst Pius XII. in seiner ganzen Herrlichkeit ein Dogma...

Glaube und Alltag

das Wagnis
Pius XII.

Himmelfahrt der Unantastbaren Es gibt im Jahreskreis der Feste jene wenigen Tage, an denen das Christentum in seiner katholischen Gestalt den Blick auf etwas richtet, das jenseits der bloßen Nachzeichnung biblischer Episoden liegt – Feste, die nicht nur auf ein überliefertes Ereignis reagieren, sondern auf eine jahrhundertelange Auslegung, auf eine lange, in Schichten gewachsene Meditation über eine Gestalt, die von Anfang an im Halbschatten des Unaussprechlichen stand. Maria Himmelfahrt – das...

Feuilleton
2 Bilder

GEDANKEN AM DOPPELSPALT
zum 133. Geburtstag Louis de Broglies

Wie schon gestern beim Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. so auch heute - Geburtstage rufen nicht nur den Jubilar in Erinnerung, sondern zugleich die Denkbewegungen, die von ihm ausgingen – wie Wellen, welche in immer weiteren Kreisen laufen, bis sie an das Ufer unserer eigenen Zeit schlagen. Der 15. August 1892 brachte Louis de Broglie hervor, jenen französischen Physiker, der sich das Ungeheuerliche zu denken erlaubte: dass nicht nur Licht, sondern jede Materie – ja, jedes Teilchen – zugleich...

Feuilleton

13. August 1946 / 13. August 1961
H.G. Wells und die Mauern der Zeit

Mauern und Maschinen: H. G. Wells - ein Zeitsprung in den Kommunismus und darüber hinaus Es ist ein seltsamer Zufall, dass sich an einem 13. August die Biographien zweier ganz verschiedener Architekten der Zeit verflechten. Gemeint sind der Architekt imaginärer Chronomaschinen H. G. Wells (+13. August 1946), und die unfreiwilligen Architekten der realen Mauer in Ostberlin August 1961. Auf unterschiedlichen  Bühnen hat man versucht, dasselbe Material zu bewegen. Die Zeit. Als Sohn eines...

Glaube und Alltag

70. Todestag von Thomas Mann
GLADIUS DEI - DIE FORTSETZUNG

Wer kennt sie nicht - die kleine Novelle von Thomas Mann, der heute, am 12. August, seinen 70. Todestag betrachtet? Ich meine die Sache namens GLADIUS DEI (Das Schwert Gottes). Das Ganze spielt im München der Jahrhundertwende. Hauptfigur ist ein gewisser Hieronymus als asketisch wirkender, streng religiöser Mann, der das sinnlich-weltliche Treiben der Kulturmetropole nur noch mit Abscheu wahrnehmen kann. Er ist davon überzeugt, dass Kunst und Religion entweiht werden, wenn sie lasziver...

Feuilleton

ZEITUNG IM AUGUST 2025
GLAUBE & HEIMAT

Er hatte, am letzten Morgen seines Urlaubs, als einer, der sich längst schon in die schmale Rinne des Heimwegs hineingezwängt weiß und der Rückreise partout nicht mehr ausweichen kann, hatte er den Weg zum Bahnhof über die Strandpromenade genommen. Über diesen schmalen Streifen, der in  schattenloser Vormittagshelle gleißend vor ihm lag, flankiert von kleinen Läden und Kiosken, deren Inventar ihm längst bekannt, ja durchaus so vertraut war, dass jede neue Annäherung eher einer müden...

Service + Familie

… raus aus dem Dauerstream
Nicht-Mehr-Präsent-Sein-Müssen

Die Lust am Nicht-Mehr-Präsent-Sein-Müssen – Ein Altersluxus Es gibt einen Gedanken, den man in den ersten fünfzig Lebensjahren gar nicht ernst nehmen kann, weil der Körper in dieser Zeit ein zu aufdringlicher Gesellschafter ist. Er will ständig etwas: Wärme, Kälte, Essen, Trinken, Beischlaf, Bewegung, Ruhe, Bewunderung – eine endlose Bedürfnis-Parade, die mit den Zumutungen der Arbeitswelt und der ständigen Selbstinszenierung um die knapper werdenden Ressourcen konkurriert. Solange der Leib...

Feuilleton

KERWA FOREVER (Teil 2)
Kirchweihfest ohne Kirche?

KERWA – Die Kirchweih ohne Kirche Man könnte die KERWA als ein anthropologisches Experiment im Festformat beschreiben: eine kollektive Feier, deren ursprünglicher Referenzpunkt systematisch entleert und dennoch unverwüstlich mitschwingt. In der südthüringisch–oberfränkischen Festlandschaft ist sie das, was die Akupunktur im Körper ist – ein kleiner Einstich ins Gewebe der Jahreszeiten, der merkwürdigerweise das Ganze belebt. In vielfältiger Varianz oberfränkischer Sprach-Dialekte immerhin...

Feuilleton

KERWA forever (Teil 1)
die Kirchweihfeste Südthüringens

KERWA– Die bleibende Mitte des Festes Die Kirchweih – im Dialekt KERWA – ist in den Landschaften Südthüringens und des angrenzenden Oberfrankens tief im Gedächtnis der Menschen verankert. Sie gehört zu jenen Festen, die nicht nur ein Datum im Kalender markieren, sondern die innere Gestalt einer Gemeinschaft prägen. Die KERWA hat ihre Wurzeln in einem geistlichen Ereignis: der Weihe eines Gotteshauses, der Feier der Gegenwart Gottes inmitten seines Volkes. Über Jahrhunderte hinweg hat dieses...

Glaube und Alltag

Das Christentum
Was es ist und sein könnte

DAS CHRISTLICHE ALS CHANCE ÜBER DAS CHAOS Es gehört zu den eigentümlichen Kunststücken der Gattung homo sapiens, dass sie sich niemals nur in der gegebenen Wirklichkeit einrichtet, sondern stets nach der verborgenen Gesamtstruktur fragt. Der Mensch, so klein er inmitten der Galaxien steht, tastet sich mit Gedanken und Worten an etwas heran, das sowohl das Allgemeine als auch das Persönliche in einer einzigen Form zu fassen vermag. Dieser tastende Akt ist älter als jede Dogmatik: Er beginnt im...

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.