Johannes vom Kreuz († am 14. Dezember 1591)
Der Mystiker

Johannes vom Kreuz († am 14. Dezember 1591) saß lange in der Stille. Im Schweigen, das sich manchmal auf uns legt. Er wusste, was man in solchen Augenblicken tut: Man tut nichts. Man bleibt. Man hält aus und atmet. Er wusste: Das Kreuz ist kein Schmuck. Es ist etwas, was übrig bleibt, wenn du alle Ausreden verlierst. Dann bleibt nur das Tragen. Dieses Tragen macht dich echt.
Die Leute wollen Gott hell haben. Laut und sicher. Sie wollen, dass er spricht wie ein General. Aber Gott spricht wie die Leere, die bleibt. Er bleibt, wenn du denkst, er sei weg. Und wenn du es wirklich aushältst, nichts zu haben, dann wirst du merken, dass da doch etwas ist. Johannes wusste, dass ein Mensch, der gefallen ist und wieder aufsteht, näher am Himmel ist, als der, der nie fällt.
Das Kreuz sagt nicht: Sei stark. Es sagt: Gib nicht auf. Religiöse Leute reden gern über Licht. Sie erzählen von Glanz und Trost und vom guten Ende. Johannes vom Kreuz lächelt über solche Worte. Er wusste, es ist gefährlich, wenn man Gott zu schnell findet. Die Nacht ist lang. Es gibt keine Belohnung, keine Garantie. Nur stille Schritte. Du gehst. Du weißt nicht wohin. Aber du gehst. Das ist die ganze Kunst. Denn Gott trifft man selten im Triumph. Man findet ihn dort, wo man nichts mehr vorzuweisen hat.

Johannes vom Kreuz sagt: Wenn du liebst, dann genügt das. Liebe bleibt, wenn deine Gebete ausgehen und deine Zuversicht zerschlissen ist wie ein alter Mantel. Die Liebe, die gemeint ist, hat keinen Namen, den man rufen kann. Sie richtet sich nicht auf Körper, die man umarmen könnte. Wenn du versuchst, sie festzuhalten wie einen Menschen, entgleitet sie dir. Denn Menschenliebe will immer etwas zurück haben. Einen Blick, ein Wort, eine Hand auf deiner Schulter. Diese andere Liebe aber fragt nach nichts mehr. Sie ist einfach da. Manchmal kommt sie wie eine Müdigkeit über dich, aber es ist keine Schwäche. Es ist die Erkenntnis, dass du aus etwas gemacht bist, das größer ist als du.

Die Liebe zu Menschen ist zwar schön, aber sie ist immer ein Handel. Du willst Nähe, sie wollen Nähe. Manchmal klappt es, manchmal bricht es. Diese andere Liebe bricht nicht, weil sie nicht auf Abmachungen beruht. Sie kommt nicht, um dich zu belohnen. Sie bleibt, wenn du nichts mehr bist, was sich lohnt.

Diese Liebe ist stiller als ein Gebet. Härter als jeder Entschluss. Sie hängt nicht davon ab, ob du ein guter Mensch bist oder ein miserabler. Sie ist da, bevor du dazu kommst, dich zu rechtfertigen. Sie ist nicht „zu jemandem“. Sie ist „von jemandem“. Und sie zielt nach dorthin, wo kein Name steht, keine Rolle, kein Verdienst. Sie liebt dich nicht um dessen willen, was du tust – sondern weil du du bist.

Ja - es gibt Zeiten, da wird dieses Kreuz schwer. Es gibt Nächte, da schreit die Seele gegen den Himmel. Aber am Morgen stehst du auf. Du nimmst die Last. Du gehst weiter. Und irgendwann merkst du: Du wirst getragen, während du trägst. Das ist alles, was Johannes vom Kreuz sagen wollte. Und das reicht. Heute ist sein Tag.

Autor:

Matthias Schollmeyer

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

29 folgen diesem Profil

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Video einbetten

Es können nur einzelne Videos der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Playlists, Streams oder Übersichtsseiten.

Abbrechen

Karte einbetten

Abbrechen

Social-Media Link einfügen

Es können nur einzelne Beiträge der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Übersichtsseiten.

Abbrechen

Code einbetten

Funktionalität des eingebetteten Codes ohne Gewähr. Bitte Einbettungen für Video, Social, Link und Maps mit dem vom System vorgesehenen Einbettungsfuntkionen vornehmen.
Abbrechen

Beitrag oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Schnappschuss einbetten

Abbrechen

Veranstaltung oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.