Beiträge zur Rubrik Feuilleton

Allerheiligen
1. November 2025

Nach Halloween folgt heute Allerheiligen, nach Allerheiligen das Allerseelenfest. Und dann kommt gleich der Hubertustag. Anschließend ist am 4. November Karl Borromäus zu berücksichtigen, der ein Heiliger geblieben ist, obwohl daran beteiligt gewesen, den Mailänder Kaufmann und Seidenwirker Georg von Ghese zum Scheiterhaufen zu verurteilen. Auch der 5. November hat seinen Heiligen - und der 10. mit Martin von Tours sowieso. Wer dann letztlich wirklich das Heiligenprädikat errungen haben wird,...

These 96
ECCLESIA SEMPER REFORMANDA

Der fromme Rest und warum der Osten ganz leicht zu verstehen ist … Es gehört zur Gruppe der eigentümlichen Selbsttäuschungen, wenn man glaubt, für die Gläubigen zu sprechen, indes man in Wahrheit längst nur über sie spricht. Während in den westdeutschen Synodensälen die Sprache  wohlmeinender Progressivität gepflegt wird – geschlechtergerecht, klimakompatibel, transinkludierend – sitzen in den Dorfkirchen z.B. Sachsen-Anhalts zumeist Menschen, die solche Predigten allenfalls über den WDR...

... auf den 26. Oktober
Heilsgeschichten ...

Die es ausgehalten haben, alle zu betrachten – alle sechs Teile dieser verrückten Saga mit dem unvergleichlichen Arnold Schwarzenegger in einer der Hauptrollen und der verschwitzten Sarah Connor, die den kleinen John unter dem Herzen - oder, wie Sloterdijk schreibt, über dem Querdarm - getragen hat, sind Helden. Stundenlang haben sie zugesehen, wie der Terminator aus der Zukunft in die Fixzeit stürzt. Es ist jedes Mal von eigentümlicher Schönheit, dieses Knistern zu hören, den Blitz aus Licht...

25. Oktober 1671 - Entdeckung
des Saturnmondes und Titanen Iapetus

Die Entdeckung des Iapetus Giovanni Domenico Cassini legte am Abend des 25.Oktober des Jahres 1671 das Fernrohr aus der Hand. Und seine Finger zitterten. Er hatte etwas gesehen, das keiner vor ihm gesehen hatte. Einen winzigen Lichtpunkt, fern und still, tanzend um den Saturn wie ein geduldiger Diener um einen müden König. Cassini lächelte. Ganz Paris schlief bereits und nur er selbst und das Glas seines Okulars wussten, was da eben entdeckt worden war. Ja - er würde ihn Iapetus nennen. Dieser...

Oktober 1868 - Johannes Brahms
Eine musikotheologische Betrachtung

Ein später Nachmittag in Wilhelmshaven. An einem jener windstillen Oktobertage des Jahres 1868 - so berichtet uns Albert Dietrich in seinen „Erinnerungen an Johannes Brahms” lag die See unbeweglich da. Brahms, fünfunddreißig Jahre alt, aber längst von jener Schwere gezeichnet, die seine Zeitgenossen später für frühe Reife halten werden, hatte am Morgen das Buch herumliegen sehen. Nun sitzt er am Strand und man weiß nicht, ob er eine Ahnung hat, wie an diesem Tag etwas Entscheidendes geschehen...

Nietzsches Geburtstag
181

„Ach, wenn das doch Gott noch hätte miterleben können!” – meinte Homer Simpson, der ebenfalls pünktlich angelangt war. Und traf damit - wie so oft unbeabsichtigt - ins Zentrum der Wahrheit. Was war geschehen? Friedrich Nietzsche, der im Wettbewerb,  Totengräber Gottes zu sein, bis heute als Gewinner  gilt  und immer noch die Goldmedaille hält, feiert am 15.Oktober 2025 seinen 181. Geburtstag. Viele Geister der Moderne waren deswegen zusammengekommen, um auf jenen Mann anzustoßen, welcher unser...

VON FALSCHEM UND WAHREM
TROST

Es geschah an einem jener Samstagabende im Frühherbst, an denen der Heurige vortrefflich mundet, der Wirt spendabel war, die Gäste froh dreinschauen.  Da saß Thomas Bernhard persönlich in seinem Grinzinger Stammlokal. Er genoss bereits den zweiten - vielleicht schon den dritten - Schoppen und tat, was er am besten konnte: schweigend reden. Und siehe - es öffnete sich die Tür zur Terrasse und wie die Hauptfigur aus einem Heimatfilm nahte Franz Kogler, Kaplan der Kaasgrabenkirche "Mariä...

Unter den Mantel
der Geschichte geschaut ...

Gleich nach dem Tag des persönlichen Schutzengels feiern wir heute den Tag der deutschen Wiedervereinigung. Man wird Reden hören. Richtig so! Und man ist immer noch nicht müde geworden, im Rückblick das Wunderhafte der Jahre 1989/90 zu beschwören. Richtig so! Denn da sei „die Mauer gefallen“, „die Freiheit ausgebrochen“, „die Geschichte zu Ende gegangen“. Doch wer heute im Herbst 2025 auf die Schatten und Lichtspiele der sogenannten Realität blickt, sieht auch noch mehr,  sieht damit etwas...

über Don Quijote und die Dummheit
Miguel de Cervantes Saavedra

Cervantes, Don Quijote und die Dummheit heute, am am 29. September, feiern wir auch den Geburtstag des Schriftstellers Miguel de Cervantes Saavedra. Und es gehört zur Ironie der Weltgeschichte, dass dieser größte Autor Spaniens, vielleicht sogar Europas, die unsterbliche Figur des Ritters von der traurigen Gestalt nicht in Freiheit erfand, sondern im Gefängnis von Sevilla. Cervantes, der einarmige Veteran von Lepanto, der gescheiterte Steuereintreiber, der Schuldner und Angeklagte – er saß...

am 26. September 1905
120 Jahre Relativitätstheorie

Die Zeit … Da schreibt ein noch ganz unscheinbarer Mann im Berner Patentamt einen Artikel, der die Weltgeschichte in zwei Hälften teilt. Vorher glaubte man, Zeit sei ein gleichmäßig tickendes Metronom, dessen Takt für alle immer in gleicher Weise gilt. Aber nach dem 26. September 1905 wusste man: Die Uhr schlägt für jeden anders. Albert Einstein, dieser unschuldig dreinblickende Mann mit der Wuschelkopffrisur, hat uns die Selbstverständlichkeiten der Zeit mit seinen 11 Seiten...

26. September
Martin Heidegger

Auf sein Konto gehen solche Begriffe wie etwa das „Sein-zum-Tode” und die „Geworfenheit.” Eine neue und gut zu lesende Biographie dieses Mannes hat uns vor vier Jahren Lorenz Jäger geschenkt: „Martin Heidegger - Ein deutsches Leben. Rowohlt, Berlin 2021”. Heidegger stammt aus der Familie eines Mesmers und trieb sich als Knabe oft stundenlang auf der hohen über der Stadt gelegenen Turmstube von St. Martin in Meßkirch herum. Von dort aus beobachtete er, wie sich die Mauersegler hinaus in den Raum...

2 Bilder

Gold und Silber hätt‘ ich gern
könnt es gut gebrauchen

„Gold und Silber hab ich nicht.“ In der Mitte des Wunders steht dieser Satz. Warum erwähnt Petrus die beiden Metalle? Silber und Gold sind Symbole der kosmischen Ordnung: Gold als Metall der Sonne, rein, unveränderlich, strahlend; Silber als Metall des Mondes, wandelbar, spiegelnd. In der Alchemie bedeutete Gold die Vollendung - und Silber die vorbereitende Reinigung. Mit anderen Worten: Petrus sagt: „Ich habe keine Münzen, mit denen ihr euer Dasein verwaltet. Ich habe etwas, das über Sonne und...

1. September Engelbert Humperdinck
Hänsel & Gretel

Warum heute dieses Thema? Weil am 1.September im Jahr 1854 Engelbert Humperdinck geboren wurde – jener Komponist, welcher mit seiner Oper Hänsel und Gretel ein Märchen vertonte, das weit über Kinderspiel hinausweist. Es ist ein erstaunliches Paradox: Die stärksten Märchen des Abendlandes sind Kindererzählungen, die in Wahrheit nichts anderes sind als Verdichtungen der dunkelsten Konflikte des Erwachsenseins. Hänsel und Gretel zeigt dies exemplarisch. Was die Kinder erleben, ist nicht bloß eine...

Bericht aus dem Nikodemusevangelium
31. August - Tag des Nikodemus

Ja - es gibt tatsächlich auch noch ein sogenanntes Nikodemus-Evangelium (NE), das in seiner ältesten Gestalt aus dem vierten Jahrhundert stammen soll, und Traditionen sammelt, die in dieser Zeit wohl allgemein in Umlauf waren. Das NE enthält also auch einen ausführlichen Bericht von der descensus ad inferos, der „Höllenfahrt Christi“. Dieses sonderbare Evangelium, das dem in Joh 3,1-21 genannten Nikodemus – einem Anhänger Jesu – zugeschrieben wird, gehört nicht zu den verbindlich gewordenen...

Komiko-Theologie
zum 70. Geburtstag Helge Schneiders

Es gehört zu den paradoxen Leistungen deutscher Post-Nachkriegskultur, dass ausgerechnet dieser Jazzmusiker und Komiker eine kleine Ersatz-Theologie für das religionsmüde Spätbürgertum entwirft. In seiner großartigen Nummer „Der liebe Gott“ aus dem Album „Akopalüze Nau“ lässt Helge Schneider das alte Weltenschöpferwesen nicht in himmlischer Majestät auftreten, sondern in einer Wohnung mit zu flachem Dach sitzen -  deshalb schlechter Antennenempfang - vor überquellender Spüle. Gott vegetiert...

Tag der Enthauptung des Täufers
29. AUGUST - INGRID BERGMANN

Der 29. August gilt als Tag der Enthauptung Johannes des Täufers. Und man darf es wohl als eine jener strengen und fast unnatürlich stilisierten Fügungen betrachten, die das Leben selbst nur in seltenen Momenten hervorbringt und an wenige Auserwählte verteilt: Ingrid Bergman erblickte an diesem besonderen Tag das Licht der Welt und an einem 29. August verließ sie diese Welt auch wieder. Wie eine vollkommen komponierte Kadenz, wie eine mythische Schlusswendung, die nicht aus der Willkür...

28. August
Geburtstagsgruß und Trauerflor

Es ist bekannt, dass damals ein Naumburger Superintendent namens Wilhelm Horn die Bestattungsrede auf Friedrich Wilhelm Nietzsche gehalten hat, an jenem 28. August im Jahre 1900. Was wird dieser Geistliche verlautbart haben lassen? Wir wissen es nicht - irgendetwas in akademisch-protestantischem Ton wird es schon gewesen sein - mit christlich versöhnlichem Schlussakkord. Von Horn selbst ist biografisch nichts überliefert – jedoch bleibt sein Anteil an Nietzsches funeralem Abschied hoch zu...

Georg Friedrich Wilhelm Hegel (Teil 2)
Heimholungen

Heimholung des Glaubens und des Denkens Es gehört zu den elementaren Erfahrungen jedes einzelnenMenschen, dass der eigene Glaube nie eine stabile Größe ist, die einmal gewonnen, gleichsam als gesichertes Kapital aufbewahrt werden könnte. Der Glaube atmet. Er ist den Rhythmen des Körpers, den Stimmungen der Seele, den Schwankungen der Lebenslage ausgesetzt. Schon wenige Zehntelgrade Körpertemperatur genügen, um die Gewissheit der Nähe Gottes in einen flackernden Schatten zu verwandeln. Wer...

Georg Friedrich Wilhelm Hegel (Teil 1)
Losungszufälle

Die Religiosität Hegels – Versuch über väterliche Korrektur und dialektische Heimkehr Wir verdanken ihm sehr viel. Denn das heutige Geburtstagskind Georg Wilhelm Friedrich Hegel hat die Religion nie als sentimentales Anästhetikum für sonntägliche Morgenstunden gedeutet, sondern als das große Bildungsdrama des Weltgeistes. Wenn er vom Christentum sprach, dann niemals als vom frommen Schmuck des Feieralltags, sondern als von der geschichtlich gewordenen Selbstoffenbarung des absoluten Geistes....

die letzten Augusttage ...
... Nest des Weltgeistes

Das Nest der letzten Augusttage ... Besondere Kalenderwochen. Es gibt sie. Als stille Depots menschlich besonderer Schicksale. Dort ist gut sein. Auch besonders die Zeit vom 25. bis 28. August ist gemeint. Hier bildete sich sozusagen ein Nest, in dem sich große Geister mit ihren Jubiläen zusammenkauern wie Vögel, welche vor dem herbstlichen Abflug gen Süden noch einmal sorgsam die Schwungfedern ordnen. Herder, Hegel, Goethe, Nietzsche – und, fast wie ein ironischer Nachsatz der Weltgeschichte,...

DAS ANDERE
PERLENLIED

Die Geschichte vom Jüngling und der Perle Es begab sich aber, dass ein Jüngling von hoher Begabung, ein Sohn aus gutem Hause und aus altem Geschlecht der Denker und Gelehrten, ausgesandt ward von seinen Vätern, nicht minder von der Mutter, die ihn nährte mit süßer Milch und strenger Rede, in die Welt der Zahlwerke und Rechenmaschinen, die Welt der großen Daten und der allbeherrschenden Intelligenzen künstlicher Natur. Denn es hatte sich unter den Seinen herumgesprochen, dass in eben dieser...

„Ich bin es nicht selbst – aber ich weiß davon“
Erwählung, Bewertung und die Würde des Dabeiseins

Die Frage nach dem Höchsten – sie begleitet uns seit der Zeit unserer ersten Kinderspiele und Turnstunden. Wer ist der Beste? Was ist das Schönste? Wer steht an der Spitze? In Märchen wie in Mythen ist diese Frage ein zentrales Motiv. Die böse Königin fragt den Spiegel nicht nach dem Guten und Wahren, sondern nach dem Höchsten in Form des Schönsten – und entzündet damit die Tragödie um Schneewittchen. Schon diese literarische Miniatur zeigt: Die Sehnsucht nach dem Höchsten ist nicht neutral,...

Dramolett
nach einer Idee von Gott

Das Boot – Eine Schulstunde … nach einer Idee von Gott Personen: • Der Denker • Die Mutter • Der Vater • Der Lehrer • Gott • Hermes ERSTER AUFTRITT (Ein Klassenzimmer. Holzbänke, ein schiefstehender Tisch, eine Tafel mit Kreideresten. Der Lehrer schlägt mit dem Lineal gegen die Tafel.) Lehrer: Ruhe da hinten! Heute, Kinder, geht es um das Leben. Ein Boot. Wir alle darin. Wer rudert, wer denkt, wer betet? Denker (lehnt träumerisch an der Bank): Ich denke … und schon schaukelt es. Mutter (mit...

die Kirche
und die Geisterbahn

Die Geschichte des Herrn Albinus Fahlberg Es war, als habe das Schicksal diesem Mann, dessen Name schon in sich etwas spröde Würdevolles, zugleich aber auch Verschroben-Komisches barg, den Weg ins Schaustellergewerbe vorgeschrieben, ohne ihn je gefragt zu haben, ob er diesen Weg auch wirklich wollte. Albinus Fahlberg, Sohn eines Kürschners aus Gotha, hatte nie den Sinn für die große Welt der Warenmärkte, aber früh eine unerklärliche Neigung zum Theater des Grotesken, zur Bühne des Schrecklichen...

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