Ein Psychologe erklärt
Wie Zahl der Gewalttaten sinken könnte

Plüschtiere, Blumen und Kerzen am Tatort im Park Schöntal in Aschaffenburg. | Foto: epd-bild/Tim Wegner
  • Plüschtiere, Blumen und Kerzen am Tatort im Park Schöntal in Aschaffenburg.
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Berlin (epd). Der Psychologe David Schiefer vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung bezeichnet die psychische Belastung von Flüchtlingen als eine der Gründe für Gewalt. Zu dieser Belastung trügen auch die Bedingungen bei, unter denen diese Menschen hier lebten, sagte Schiefer. «Nicht als alleiniger Faktor, aber als Anteil.»

Die Ursachen der psychischen Belastungen rühren Schiefer zufolge zum Teil aus Gewalterfahrungen vor oder während der Flucht, zum Teil aber auch aus Erfahrungen in Deutschland. Dazu gehöre der gegenwärtige Diskurs. Der Ruf nach einer schärferen Migrationspolitik sei kontraproduktiv, weil er den psychischen Druck weiter erhöhe, sagte der Psychologe: «Auch Geflüchtete verfolgen die Medien und bekommen mit, wie feindselig die Diskussion gerade ist».

Als weitere Faktoren für eine stärkere Belastung von Migranten nannte Schiefer Unsicherheit hinsichtlich der Bleibeperspektive, Diskriminierungen bei Behörden und in der Bevölkerung und die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften. Hinzu komme, dass die psychosoziale Versorgung für Asylsuchende durch politische Entscheidungen eingeschränkt und praktisch kaum noch möglich sei. «Man kann also schon sagen, dass das Problem der psychischen Erkrankungen ein Stück weit hausgemacht ist», analysierte Schiefer.

Das bedeute nicht, dass geflüchtete Menschen stärker zu Gewalt neigten. Viele könnten ihre Erfahrungen sehr gut bewältigen, betonte Schiefer. Aus der klinischen Forschung wisse man zudem, dass die meisten traumatische Erfahrungen eher internalisierten als externalisierten, also eher zu Depression und Isolation neigten als zu Gewalt.

Die Zahl der Gewalttaten könne sinken, wenn man die Situation von Asylsuchenden verbessere, sagte der Psychologe. Man könne etwa ihren Zugang zu Arbeit verbessern, hier gebe es noch behördliche Hürden.
«Arbeit hat eine stabilisierende Funktion für Menschen», sagte er. Es brauche mehr psychosoziale Versorgung. Außerdem regte Schiefer eine bessere Wohnsituation mit Individual- statt Sammelunterkünften an. Im aktuellen politischen Umfeld, in dem solche Fragen sofort in einen migrationsfeindlichen Sicherheitsdiskurs überführt würden, sei das allerdings äußerst schwierig, räumte er ein.

Am Mittwoch waren bei einer Messerattacke in Aschaffenburg ein Kind und ein Mann getötet worden. Tatverdächtig ist ein offenbar psychisch kranker 28-jähriger Afghane. Vorausgegangen waren ähnliche Taten von Asylbewerbern, etwa im August 2024 in Solingen. Die Taten waren jeweils Anlass für eine scharfe Asyldebatte.

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