Kirche am Strand

Traumsand: Der Sandmann am Strand von Kühlungsborn ist weiblich. Aryan-Sophy Rehländer und Johanna Winkler haben einen Geschichten-Koffer dabei. Mit bunten kirchlichen Angeboten für die ganze Familie stellen sich Kirchengemeinden auf die Urlauber an der Ostsee ein.  | Foto: Matthias Borchert
  • Traumsand: Der Sandmann am Strand von Kühlungsborn ist weiblich. Aryan-Sophy Rehländer und Johanna Winkler haben einen Geschichten-Koffer dabei. Mit bunten kirchlichen Angeboten für die ganze Familie stellen sich Kirchengemeinden auf die Urlauber an der Ostsee ein.
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Die Küstenorte in Mecklenburg-Vorpommern sind im Sommer von Touristen bevölkert, viele bringen Gesprächsbedarf mit. Für die Pastoren vor Ort eine Herausforderung.
Von Sybille Marx

Mit Urlaubern hatte er als Pastor in Kühlungsborn schon immer zu tun, sagt Matthias Borchert. Klar, pro Jahr werden in diesem Küstenort 2,5 Millionen Gästeübernachtungen gezählt. Aber etwas ist seit dem Sommer vor zwei Jahren anders: »Ich kann mir jetzt ganz bewusst Zeit nehmen für Gespräche mit ihnen.«
Denn seit August 2016 hat Matthias Borchert neben einer halben Stelle als Gemeindepastor noch eine halbe als Seelsorger für Touristen. Einer von zwei Urlauberseelsorgern im Mecklenburgischen Kirchenkreis ist er damit – während es im Pommerschen Kirchenkreis solche Stellen bisher gar nicht gibt. »Dass wir als Kirche so aufgestellt sind, finde ich ganz wichtig«, sagt Borchert. Denn viele Menschen hätten im Urlaub die Ruhe und das Bedürfnis, über sich und ihr Leben nachzudenken. »Da gibt es wirklich Bedarf.«
Bei seinen angebotenen Radtouren merkt der Pastor das etwa. Oder auf  Campingplätzen mit dem Team »Kirche unterwegs«. Oder auch bei den »Gute-Nacht-Geschichten«, zu denen Borchert im letzten Sommer zum »Kirchen-Strandkorb« am Strandzugang 4 einlud.
Bis zu 30 Kinder sitzen dann da, erzählt er. »Und oft komme ich am Rande mit den Eltern ins Gespräch.« Darunter mit Christen aus den alten Bundesländern, die zu Hause beunruhigt zusähen, wie die Bedeutung der Kirche schwinde. »Die wollen oft mit mir darüber reden: Wie erzählt man anderen von seinem Glauben?« Auch ganz individuelle Sorgen kämen zur Sprache. Nur eins findet Borchert schade: dass die eigene Gemeinde seine Urlauber-Angebote kaum nutzt. »Ich hoffe, das sich das bald mehr mischt.« In diesem Jahr lädt der Pfarrer immer mittwochs um 9 Uhr zu einer »Atempause am Bootshafen«.
In der Propstei Neustrelitz arbeitet Pastorin Melanie Ludwig ebenfalls als Urlauberseelsorgerin – vor allem mit Wanderern, die auf dem Pilgerweg zwischen Friedland und Mirow unterwegs sind. »Viele wollen organisatorische Tipps«, erzählt sie. »Manchmal wird daraus ein Seelsorgegespräch.« Hin und wieder fragten Gemeindegruppen, ob sie für einen Tag mitwandern und ihnen ein Thema mit auf den Weg geben könne – was sie gern tue.
Wie Borchert macht Melanie Ludwig die Erfahrung: »Im Urlaub fragen Menschen eher nach Seelsorge als zu Hause.« Nicht nur wegen der Ruhe, auch wegen der Anonymität. »Mir laufen diese Menschen im Alltag nicht mehr über den Weg, das ermöglicht eine größere Offenheit.«
In Heringsdorf auf Usedom kann das Gemeindepastorenpaar Beate Kempf-Beyrich und Tilman Beyrich von einer Extrastelle für Urlauberseelsorge nur träumen. Fünfmal so viele Menschen wie sonst bewegen sich im Sommer durch die Kaiserbäder, sagen sie. »Dann ist die Insel vollgestopft.« Gezielte Angebote für die Urlauber zu machen, sei aber nicht in dem Umfang möglich, wie es wünschenswert wäre.
»Ich hätte viele Ideen, was ich gern machen würde«, sagt Beate Kempf-Beyrich: Andachten, Bibelgespräche und Kinderangebote am Strand etwa. Aber die Gemeinde lädt schon zur traditionellen Sommerreihe mit 60 Konzerten in Heringsdorf, Bansin und Ahlbeck ein, organisiert und geistlich begleitet vom Pastorenpaar. Wein, Saft und Gespräche gibt es an jedem dieser Abende. »Das wird von den Urlaubern sehr gut angenommen«, sagt Beate Kempf-Beyrich. Ebenso wie der normale Sonntagsgottesdienst und die extra Taizé-Andachten, die bis zu 80 Besucher anlockten.
»Unsere Gemeinde schätzt die Urlauber auch, weil sie belebend wirken«, sagt sie. Doch für einen anderen Bereich fehle wirklich eine Extra-Stelle: »Es gibt sieben Kurkliniken auf der Insel, und ich fände es hyperwichtig, dass wir dort Seelsorge anbieten«, sagt sie. »Das fällt bisher hinten runter.«

www.kirche-kuehlungsborn.de/urlauberseelsorge

www.pilgerweg-mecklenburgische-seenplatte.de

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Online-Redaktion

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