ÖRK-Vollversammlung
Ist der Weltkirchenrat nur ein Debattierclub?

Landesbischof Friedrich Kramer | Foto: epd-bild/Norman Meißner
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Der EKD-Friedensbeauftragte und mitteldeutsche Landesbischof Friedrich Kramer nimmt an der ÖRK-Vollversammlung teil. Willi Wild hat ihn nach seinen Erwartungen gefragt.

Wie schätzen Sie die Chancen für einen konstruktiven Dialog mit der Russisch-Orthodoxen Kirche (ROK) ein?
Friedrich Kramer: Ich bin zunächst einmal froh, dass die russisch-orthodoxe Delegation überhaupt nach Karls-ruhe kommt und dass die ukrainische Delegation zugesagt hat. Es ist schon mal gut, dass Bereitschaft besteht, miteinander zu reden. Ich vertraue darauf, dass der ÖRK mit seiner langjährigen Erfahrung Gespräche mit Teilnehmern unterschiedlicher Positionen gut moderieren wird.

Wie sollte mit den Vertretern der ROK umgegangen werden?
Ich gehe davon aus, dass man erst mal einander zuhört. Und schon wenn das gelingt, ist das ein wichtiger Schritt. Aber ich glaube nicht, dass diese Diskussion die Vollversammlung dominieren wird. In der Weltchristenheit ist der ukrainisch-russische Krieg nur einer von derzeit 23.

Was ist Ihre Aufgabe in Karlsruhe?
Ich bin beispielsweise in einer ökumenischen Konsultationsgruppe zum Thema Frieden. Ich bin sehr gespannt, wer sich für die Gruppe angemeldet hat und was für die Einzelnen das Thema Frieden bedeutet.
Bei uns in Europa geht es oft sehr rechthaberisch zu, andere Positionen werden nicht gehört. Bei der Weltversammlung hört man zu, überwindet die eigenen, provinziellen Sichten und bekommt eine weltweite Perspektive.

Es steht bei der Vollversammlung die mögliche Verurteilung Israels als „Apartheid-Staat“ im Raum. Wie stehen Sie als Friedensbeauftragter der EKD und deutscher Bischof dazu?
Diese Kategorie trifft für die Pro-blemlagen in Israel überhaupt nicht zu. Antisemitische Israelkritik ist abzulehnen. Wir in Deutschland haben eine doppelte Solidarität: mit unseren palästinensischen Geschwistern aus den lutherischen Kirchen und mit dem jüdischen Staat auf Grund unserer geschichtlichen Verantwortung. Davon abgesehen ist es nicht unsere Aufgabe als Christen, zu richten, sondern Wege des Friedens zu ermöglichen.

352 Kirchen unterschiedlicher Prägung aus 120 Ländern kommen in Karlsruhe zusammen. Das sieht nach Debattierclub aus. Welche Erwartungen haben Sie?
Dass wir in Zeiten, in denen Lieblosigkeit, Gewalt und Hass an vielen Stellen zum Vorschein kommen, die Liebe Christi in den Mittelpunkt stellen, die auch uns Christen vereint, bei allen unterschiedlichen Positionen, das finde ich eine sehr kluge Idee. Es sollte deutlich werden, dass diese Einheit nur durch den Geist Jesu Christi entsteht.
Ich erhoffe mir konkret, dass der Pilgerweg für Gerechtigkeit und Frieden um die Klimagerechtigkeit erweitert wird. Zudem hoffe ich, dass wir im ökumenischen Miteinander auf Konsultationen zugehen. Und ich wünsche mir, dass wir gemeinsame Positionen zum friedlichen Zusammenleben der Völker finden.
Ich sehe die Vollversammlung nicht als einen Debattierclub. Wenn sich Christen unterschiedlicher Prägung im Geist Jesu treffen, dann ist das immer ein besonderes Ereignis. Die Weltchristenheit kommt zu uns zu Besuch. Ich verspreche mir davon, dass man die Einheit Christi erlebt und spürt.

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