40 Jahre Versöhnungskirche in Gotha
Die Liebe, die Kirche und das Licht

- Pfarrerin Uta Liebe vor dem neuen Fenster der Erfurter Künstlerin Sandra Meinung in der Versöhnungskirche.
- Foto: Emanuel Beer
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„Lasst Gottes Licht durch euch scheinen in der Welt“: Die Blicke der Gemeinde richteten sich zum 40. Geburtstag ihrer Kirche auf das so neue, wie lichte und farbenfrohe Fenster im Altarraum. Ein Geschenk zum runden Jubiläum einer der letzten Neubaukirchen in der so genannten DDR.
Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe
Die Versöhnungskirche in Gotha (Thüringen) feierte mit einem Gemeindefest das 40-jährige Bestehen, weihte das neue Kirchenfenster der Erfurter Künstlerin Sandra Meinung ein und bereitete sich auch ein wenig auf den Abschied ihrer Pfarrerin Uta Liebe vor. Seit 30 Jahren belebt sie die Gemeinde am Stadtrand Gothas, tut alles in Liebe und geht nun im Herbst in den Ruhestand. Mit fünf Bibelstellen erzählt Pfarrerin Uta Liebe, wie das Wort Gottes in ihrer Gemeinde lebendig geworden ist.
Wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf. (Matthäus 18,5)
Viele Kinder haben in der Versöhnungskirche für eine Zeit Heimat und Gott gefunden. „Schön, dass du da bist, Gott hat dich gerufen“, mit einem Kerzenlicht begrüßen sich die Kinderkirchenkinder am Nachmittag. Da ist anschließend Raum für biblische Geschichten, gemeinsames Essen, toben und mit dem Segen nach Hause ziehen. Jedes Kind ist okay, so wie es ist. Das spüren sie in den beiden evangelischen Kindergärten, der evangelischen Grundschule und der Regenbogenschule. Zu Ostern kriechen die Kinder durch einen dunklen Gang, um am Ende von einem Osterengel mit Licht empfangen zu werden. Weihnachten tanzen die Engel das Wunder der Menschwerdung Gottes und schlüpfen in die Rollen des Krippenspiels.
Trauernde Menschen achtsam begleiten
Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch… (Psalm 24,7)
Die Tür der Versöhnungskirche steht allen Menschen offen. Wöchentlich proben Chöre, die Teerunde trifft sich mit Buchlesungen und Gesprächen, Tanz- und Entspannungsgruppen bringen Leben in die Kirche. Mit dem spontanen Besuch buddhistischer Mönche im Jahr 2000 begann eine neue Zeit: Heute kommen von März bis November jährlich über 200 Pilger, lassen sich von Gott berühren und ziehen im Segen weiter. Denn „vergesst nicht, Fremde gastfreundlich bei euch aufzunehmen. Auf diese Weise haben einige, ohne es zu wissen, Engel aufgenommen.“ (Hebräer 13,2) Der Hospizverein hat nach seinem Start vor 25 Jahren die Etage über dem Gottesdienstraum mit Trauerkaffee, Ausbildungs- und Büroräumen bezogen. So werden Helfer und Helferinnen in der Sterbebegleitung ausgebildet und trauernde Menschen achtsam begleitet. Seit einem halben Jahr nutzen auch orthodoxe Christen aus Eritrea die Versöhnungskirche als ihren Gottesdienstort.
Gedenkt nicht an das Frühere und achtet nicht auf das Vorige! Denn siehe, ich will ein Neues schaffen… (Jesaja, 43,18)
Als ich 1996 die Neubaukirche mit dem Baujahr 1985 bezogen haben, dachte ich: „Super, endlich mal keine alten Kirchen renovieren…“ Weit gefehlt! Dachsanierung und Heizungsanlage, Dämmung und vor fünf Jahren ein Großprojekt, um das wackelige Gebäude zu stabilisieren. Dabei wurde der Keller für die Kinder -und Pilgerarbeit saniert, mit Duschen, Funktionsküche und Gruppenraum. Zu meinem 60. Geburtstag spendeten die Gemeindemitglieder, um einen Quellstein als Zeichen für Gottes nie versiegende Quelle sichtbar zu machen. Davor wird die Taufschale im Freien aufgebaut, denn die Taufen finden seither fast nur noch draußen statt. Wasser des Lebens fließe…
Und nun leuchtet zum 40. Geburtstag der Versöhnungskirche das neue Kirchenfenster mit der Botschaft: „Lasst Gottes Licht durch euch scheinen in der Welt.“ Wir sind Kirche des Lichtes geworden. Unsere Orgel wurde 1986 eingebaut, seither spielt Friedrich Matz als ehrenamtlicher Organist und jetzt neu in der Nachfolge seine aus Petersburg stammende Ehefrau und Pianistin Swetlana Matz.
Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen. (Matthäus 18,20)
Wir lassen uns im Kirchenjahr berühren vom Geheimnis des Glaubens. Wir experimentieren und probieren andere Gottesdienste. Still und meditativ oder mit lautem Hosianna. Die Hungertücher von Misereor begleiten uns durch die Fastenzeit und im Sommer preisen wir Gott unter unserer alten Eiche bei den Gartengottesdiensten. Gottes Bogen leuchtet weit über uns mit unendlicher Liebe.
Versöhnung bietet Heimat auf Zeit
Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen und betet für sie zu Gott, denn wenns ihr wohlgeht, so geht’s euch auch wohl. Und sucht den Frieden der Stadt… (Jeremia 29,7)
Unsere Versöhnungsgemeinde ist ein Ort des Friedens: Mit dem runden Tisch nach der Wende, um demokratische Prozesse friedlich unterstützen zu können. Russische Offiziere und Soldaten konnten ab 1990 ihre russisch-orthodoxen Gottesdienste bei uns feiern, bis sie in ihr Land zurück gingen. Kirchenasyl suchten und fanden Eritreer und Syrer ab 2015. Bei der Europeade und dem Katholikentag in Erfurt kamen viele Menschen in unser Pilgerquartier. Auch das ist ein Merkmal für die Gemeindearbeit in Versöhnung geworden: Menschen eine Heimat auf Zeit bieten, nicht festhalten, sondern weit und weltchristlich denken.
Autor:Emanuel Beer |
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