Bahnhofsmission Erfurt: Zahl halbiert
"Wir geben unseren Dienst nicht auf"

Engel am Zug: Immer freitags und sonntags stehen die Ehrenamtlichen der Bahnhofsmission im Erfurter Hauptbahnhof | Foto: P.-Philipp Braun
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  • Engel am Zug: Immer freitags und sonntags stehen die Ehrenamtlichen der Bahnhofsmission im Erfurter Hauptbahnhof
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Corona und Kälteeinbruch – eine Kombination, die manche Menschen dieser Tage besonders hart trifft. Gerade für Obdachlose verschärft sich die Situation auch dadurch, dass öffentliche Räume wie Läden und Passagen derzeit geschlossen sind.

Von Beatrix Heinrichs

Die "Engel am Zug" von der Ökumenischen Bahnhofsmission in Erfurt versuchen zu helfen, wo es geht, erklärt Hubertus Schönemann vom Bistum Erfurt und Vorsitzender des Vereins. "Als der Wintereinbruch kam, haben wir zum Beispiel Schlafsäcke verteilt", so Schönemann. Auch mit den Sicherheitskräften am Bahnhof stehe man in Kontakt. "Manche Obdachlose suchen bei diesen Temperaturen auch Schutz in der Tiefgarage des Bahnhofs. Wir sprechen dann mit dem Sicherheitspersonal. Solange das Verhalten dort entsprechend ist, wird das auch für eine Zeit lang toleriert."

Da die Bahnhofsmission derzeit aber noch keine feste Anlaufstelle hat, seien die Möglichkeiten begrenzt. "Hilfesuchende und Obdachlose wenden sich derzeit eher an das Café des Herzens der Erfurter Diakonie oder an den Tagestreff der Caritas", erklärt Schönemann. Wegen der Corona-Auflagen seien die Aufenthaltsmöglichkeiten aber auch dort begrenzt. So dürften immer nur maximal zehn Personen gleichzeitig eingelassen werden.

"Die Corona-Pandemie hat unsere Arbeit schon verändert", berichtet Schönemann. 29 Menschen engagieren sich ehrenamtlich bei der Erfurter Bahnhofsmission. Seit 2016 stehen die Teams zweimal in der Woche, immer freitags und sonntags, in ihren blauen Westen für Reisende und Hilfesuchende als Ansprechpartner zur Verfügung.

Am Bahnhof selbst aber sei, bedingt durch die Pandemie und nun auch aufgrund der Wetterlage, vieles zum Erliegen gekommen, so der Vereinsvorsitzende. So seien die Begegnungen am Gesprächstisch in der Bahnhofshalle schwierig. "Wir müssen auch schauen, wie wir uns selbst gut schützen können." Nicht jeder der Hilfesuchenden trage einen Mundschutz. Deshalb hätten die „Engel am Zug“ zuletzt vor allem auch an Obdachlose kostenlos medizinische Masken verteilt.

Auch die Anzahl der Ehrenamtlichen, die aktiv im Einsatz sind, habe sich im letzten Jahr verringert; im zweiten Lockdown sogar halbiert. "Natürlich ist da die Angst vor Ansteckung. Das ist nur verständlich", sagt Schönemann und ergänzt: "Unseren Dienst wollten wir dennoch auf keinen Fall aufgeben."

Die Bahnhofsmission hat in diesem Jahr nämlich einiges vor: Im Bereich zwischen den Gleisen 3 und 8 soll ein Pavillon für Reisende entstehen. Die Vereinbarung über die Nutzung hat der Verein Ende letzten Jahres mit der Deutschen Bahn als zukünftiger Eigentümerin des Objekts geschlossen. Auch das Finanzierungskonzept steht. 252 000 Euro sind für den Bau veranschlagt. 139 000 Euro davon konnte der Verein allein mit Spenden einwerben. Darüber hinaus beteiligt sich die Bahn auch an Planungs- und Baukosten.

Mit einer Fläche von etwa 40 Quadratmetern soll der Pavillon Platz für Begegnung und Beratung bieten. Eine Küche und Toiletten werden hier ebenfalls untergebracht sein. Die Fertigstellung ist für den Jahresbeginn 2022 geplant. Angedacht ist auch, dann eine halbe Stelle für einen hauptberuflichen Mitarbeiter zu schaffen, sagt Schönemann. Derzeit versuche man zu prüfen, inwieweit Mittel dafür beantragt werden können. "Die Kommunen sagen oft: Was am Bahnhof passiert, ist Sache der Bahn. Das stimmt aber nur bedingt. Bahnhöfe sind Eingangstore zur Stadt. Und als Bahnhofsmission möchten wir hier für die Menschen da sein, ihnen helfen, zuhören und Mut machen – gerade jetzt."

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Beatrix Heinrichs

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