Kollekte
Ist die Kirche nicht reich genug?

Glühende Kollektenkescher: "Fürs Corona-gerechte Kollektensammeln am Heiligen Abend", schrieb Pfarrer Jörg Bachmann unter das Foto auf Facebook. Die "Leuchtebeutel" sollen im Kirchenkreis Altenburger Land zum Einsatz kommen.  | Foto: Jörg Bachmann
  • Glühende Kollektenkescher: "Fürs Corona-gerechte Kollektensammeln am Heiligen Abend", schrieb Pfarrer Jörg Bachmann unter das Foto auf Facebook. Die "Leuchtebeutel" sollen im Kirchenkreis Altenburger Land zum Einsatz kommen.
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Kirchengemeinden befürchten, dass diesmal die Weihnachtskollekte deutlich geringer ausfällt. Darüber und über die theologische Deutung der Sammlung im Gottesdienst sprach Willi Wild mit Christian Fuhrmann, dem Leiter des Gemeindedezernats der EKM.

Warum wird nach der Kirchensteuer und dem Gemeindebeitrag auch noch eine Kollekte von den Gemeindegliedern erbeten?

Christian Fuhrmann: Kirchensteuer und Gemeindebeitrag finanzieren zu großen Teilen die Arbeit der Kirchengemeinden. Die Kollekte hat eine ganz andere Zielrichtung: Gottesdienstteilnehmer sammeln für andere Glaubensgeschwister, die in Not sind. Das ist gut biblisch.

Ist die Kollekte nicht längst überholt, weil sich die Kirche anderer, vielleicht effizienterer Kanäle bedienen kann?

Die Geburtsstunde der Kollekte ist beim Apostel Paulus zu finden. Im 2. Korintherbrief ist zu lesen: „Gott aber sei Dank für seine unaussprechliche Gabe!“ Die Kollekte ist ein Dankopfer, das ich gebe als von Gott Beschenkter. Ich gebe diesen erhaltenen Reichtum weiter an Notleidende und drücke damit meinen Dank Gott gegenüber aus. Kollekte ist eine Gabe, die wir für andere sammeln. Kirchensteuer, Fundraising oder projektbezogene Spendensammlungen zur Erhaltung unserer Kirchen sind in diesem ursprünglichen Sinn keine Kollekte. Da gibt es einen Unterschied.

Was hat es dann mit dem Kollektenzweck für landeskirchliche Aufgaben auf sich?
Wir sammeln diese Kollekte für Projekte, die nicht alltäglich sind und einem besonderen Zweck dienen. Unsere Kollektenordnung weist ausdrücklich darauf hin, dass die Kollekte nicht zur Haushaltsdeckung verwendet werden darf.

Sind die Kirchen nicht reich genug, so dass sie eigentlich nicht auf Kollekten angewiesen sind?

Jede Kirchengemeinde entscheidet selbst, für welchen Zweck sie neben dem Kollektenplan sammelt. Die Kollekte hat, wie ich schon sagte, eine ganz persönliche, geistliche Komponente. Ich gebe bewusst ein Dankopfer für andere, nicht für die eigene Gemeinde. Die zweite Kollekte im Gottesdienst wird dann für Zwecke der Kirchengemeinde gesammelt.

Der Bezug zur eigenen Gemeinde ist natürlich größer als zu einem entfernten Kollektenzweck. Das kann man doch keinem übel nehmen. Wie sehen Sie das?

Ich will hier gar keinen moralischen Zeigefinger erheben und das bewerten. Vielmehr wünsche ich mir ein offenes Gespräch in den Gemeinden über den Sinn der Kollekte und den geistlichen Hintergrund dazu. Wir sollten lernen, über Geld und Geben als Gabe zu sprechen.

Traditionell wird in den Gottesdiensten zu Weihnachten auch für „Brot für die Welt“ gesammelt. Auch hier wird in diesem Jahr mit einem Spendeneinbruch gerechnet.
Ja, das ist besonders bitter, weil sich die öffentlichen Zuwendungen für unser diakonisches Hilfswerk an den Spenden orientieren. Je weniger Spenden für „Brot für die Welt“ eingehen, desto weniger staatliche Unterstützung fließt. Deshalb möchte ich auf die Möglichkeit der Online-Spende hinweisen.

Apropos elektronische Kollektensammlung: Welche Erfahrungen gibt es dazu in der EKM?
In einigen Gemeinden wird das bereits mit Terminals oder dem elektronischen Klingelbeutel praktiziert. Diese Form ist allerdings etwas anfällig, was die Übertragungswege anbelangt. Bequemer ist es derzeit, von zu Hause über Online-Banking Geld zu spenden.

Zählt ehrenamtliche Gemeindearbeit auch als Dankopfer?

Selbstverständlich. Und wir tun als Kirche gut daran, diesen Dienst als Dankopfer anzuerkennen. Außerdem habe ich erlebt, dass die Ehrenamtlichen oftmals auch fleißige Geber sind, ohne dass ich das jetzt besonders bewerten möchte.

In der Bibel ist vom Zehnten die Rede. Ist damit das Brutto- oder Nettoeinkommen gemeint?
Ich bin der Überzeugung, dass es um das geht, was ich tatsächlich im Portemonnaie habe, also Netto.

Wer entscheidet eigentlich über den Kollektenzweck?
Über einen Teil die Kirchengemeinde und über den anderen die Landessynode, die gewählten Vertreter der Kirchenkreise. Der Kollektenausschuss legt den Synodalen einen Plan vor, der nach den eingegangenen Anträgen erstellt worden ist. Darüber wird dann beraten und am Ende abgestimmt.

Kurzfristige Notlagen können dann nicht mehr berücksichtigt werden?
In dem landeskirchlichen Kollektenplan nicht, aber den Gemeinden steht es frei, aktuell einen Zweck festzulegen.

ekmd.de/service/spenden-kollekten 

Autor:

Online-Redaktion

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