Mit dem "rollendem Kloster" durch Mecklenburg
Bruder Gabriel bringt die Kirche auf Festivals

Das Wacken-Open-Air: Auch hier ist die Festival-Seelsorge vor Ort | Foto: epd-bild/Jochen Wolfert
  • Das Wacken-Open-Air: Auch hier ist die Festival-Seelsorge vor Ort
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Wenn die Menschen nicht mehr zur Kirche kommen, dann muss die Kirche zu den Menschen kommen - das ist das Motto von Bruder Gabriel. Der katholische Priester tourt seit vier Jahren mit einem Wohnmobil durch Mecklenburg und versucht mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Anzutreffen ist der Franziskaner mit seinem "rollenden Kloster" auf Campingplätzen, in Innenstädten, an Ostseestränden oder im Fußballstadion - in einer Region, in der die Katholiken gerade einmal gut drei Prozent der Bevölkerung ausmachen.

Von Michael Althaus

Heute hat der 61-Jährige sein Gefährt auf dem Gelände eines ehemaligen Klosters geparkt, wo ein evangelisches Jugendfestival stattfindet. Er trägt einen Hansa-Rostock-Hut, eine braune Kutte - die ihm nur bis zur Hüfte reicht - und kurze Hosen. Er streift über das Gelände und spricht jeden an, der ihm über den Weg läuft. "Hast du schon eine Segenskarte?", fragt er meist und streckt seinem Gegenüber einen aufgefächerten Stapel kleiner Pappkarten entgegen, auf denen jeweils ein Bibelvers abgedruckt ist. Oft entspinnt sich dabei ein Gespräch. Falls es stockt, hat der Pater einen scheinbar unerschöpflichen Vorrat an Witzen parat.

"Ich quatsche die Leute einfach an"

"Mein großer Vorteil ist: Ich bin kommunikativ", sagt Bruder Gabriel. "Ich quatsche die Leute einfach an, und die haben gar keine Chance auszuweichen. Wenn jemand sagt 'Ich hab' mit Kirche nichts zu tun', dann hat er verloren. Dann strenge ich mich besonders an."

Der Geistliche war acht Jahre Gefängnisseelsorger, arbeitete zuletzt in einer Pfarrei in Halle an der Saale. Die Idee zu dem Projekt "Franziskanisch unterwegs" kam ihm während einer Auszeit. "Franziskus war Wanderprediger und ist zu den Menschen gegangen. Seit ich Franziskaner bin, habe ich gedacht: Schön und gut, im Kloster rumzusitzen - aber wir müssen raus."

"Leute wie du gehören auf die Fusion"

Berührungsängste hat Bruder Gabriel nicht. Er ist regelmäßiger Gast auf der Fusion, einem großen Theater- und Musikfestival an der Mecklenburgischen Seenplatte. "Ich habe immer gedacht: Menschenskinder, da kommen siebzigtausend junge Leute, und Kirche ist nicht präsent? Das geht doch nicht."

Also stellte er sich an den Bahnhof von Neustrelitz und begrüßte die Feiernden. Ein junger Mann sprach ihn an: "Mit Leuten wie dir habe ich sonst nichts zu tun. Wenn du ein bisschen Zeit hättest, würde ich mich gerne mal mit dir unterhalten." Der Geistliche lacht: "Das war sein Fehler, denn ich hatte Zeit." Eine Stunde später kannte er die Lebensgeschichte des Mannes. Der sagte zum Abschied: "Gabriel, Leute wie du gehören auf die Fusion. Seitdem bin ich jedes Jahr da."

Zwischen Neonazis und Touristen

Der Ordensbruder weiß Dutzende Geschichten von solchen Begegnungen zu erzählen - mit Touristen, Schülern, frustrierten Jugendlichen, Rockern oder Neonazis. In den Gesprächen gehe es um persönliche Probleme, um Frust über die Gesellschaft, um Glaube und Kirche. "Man sieht, dass ich Franziskaner bin. Da fragen die Leute nach." Auf Ablehnung oder Hass stoße er nur selten. "Aber selbst wenn - ich hab' ein großes Selbstbewusstsein."

Als "Missionar in Mecklenburg" bezeichnet sich der Seelsorger selbst. "Aber ich will niemanden im traditionellen Sinn bekehren. Ich will mit den Menschen entdecken, dass Gott in ihrem Leben längst gegenwärtig ist."

Erzbischof sieht Ordensmann als Vorbild

Oft begleiten ihn andere auf seinen Touren; im Wohnmobil gibt es zwei Gästebetten. "Mit Gabriel unterwegs zu sein, ist chaotisch", erzählt Roland Zagermann, der regelmäßig mitfährt. "Mal eben zum Supermarkt - das kann drei Stunden dauern. Weil er ständig mit Leuten ins Gespräch kommt."

Laufende Kosten, etwa für Stellplätze oder Reparaturen, deckt der Geistliche aus Spenden. Daneben zahlt ihm das Erzbistum Hamburg, zu dem Mecklenburg gehört, das Gehalt für eine halbe Stelle. "Mit seinem rollenden Kloster bringt Bruder Gabriel Kirche an Orte, wo Kirche nicht vermutet wird", sagt Erzbischof Stefan Heße. Er schaffe es mit den Urlaubern oder Festivalbesuchern unkompliziert über Gott und die Welt ins Gespräch zu kommen. "Das ist eine Offenheit, die wir Christen Menschen gegenüber viel mehr zeigen sollten." Ob er noch Zukunftspläne hat? Bruder Gabriel schmunzelt. "Also - in den Himmel kommen, dachte ich."

(KNA)

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