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Kirche wäre ohne Melanchthon eine andere

Torgau: In der Alten Superintendentur erarbeiteten Martin Luther, Philipp Melanchthon, Justus Jonas und Johannes Bugenhagen 1530 die "Torgauer Artikel", die Grundlage des Augsburger Bekenntnisses. | Foto:  epd-bild/Jens Schulze
  • Torgau: In der Alten Superintendentur erarbeiteten Martin Luther, Philipp Melanchthon, Justus Jonas und Johannes Bugenhagen 1530 die "Torgauer Artikel", die Grundlage des Augsburger Bekenntnisses.
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Meist nur unfreiwillig soll Melanchthon Studierzimmer und Universitätslehrsaal verlassen haben: ein hochbegabter und etwas menschenscheuer Intellektueller.

Von Volker Hasenauer 

Doch aus den Wirren der Reformationszeit konnte sich Melanchthon nicht heraushalten – und wurde gezwungenermaßen zum Religionspolitiker: Zwischen den eskalierenden religiösen und politischen Gegensätzen versuchte er bis zuletzt zu vermitteln.

Zugleich setzte sich der Pädagoge und Theologe für den Aufbau von (Elite-)Schulen ein und gründete zahlreiche Lateinschulen. Pfarrer müssen die alten Sprachen beherrschen, um die Bibel wirklich zu verstehen und den Glauben zu lehren, so seine Überzeugung. In seiner Privatschule nahm er talentierte Nachwuchstheologen in seinen Wittenberger Haushalt auf. Die evangelische Pädagogik würdigt ihn bis heute mit dem Ehrentitel "Lehrer Deutschlands" (praeceptor Germaniae).

Melanchthons bleibende epochale Leistung war vor allem, die im Werden begriffene, neue evangelische Theologie erstmals systematisch zusammenzufassen. Seine als "Hauptbegriffe" (Loci communes) bezeichnete Dogmatik erschien erstmals Ende 1521. Bis zu seinem Tod saß er immer wieder an Aktualisierungen und Überarbeitungen, und seine Hauptbegriffe wurden zum Grundlagenwerk für Generationen von evangelischen Theologen.

Geboren am 16. Februar 1497 – vor 525 Jahren – im badischen Städtchen Bretten bei Karlsruhe wuchs Melanchthon in einer wohlhabenden bürgerlichen Familie auf. Seinem Großonkel, dem Pforzheimer Humanisten Johannes Reuchlin, fiel früh die Sprach- und Hochbegabung des Jungen auf. Schon im Alter von zwölf Jahren wurde er an die Universität Heidelberg geschickt. In Bretten wird bis heute gerne an den berühmtesten Sohn der Stadt erinnert: mit Ausstellungen, Bildungsangeboten und Tagungen im Melanchthon-Haus sowie mit dem Internationalen Melanchthon-Preis für Nachwuchstheologie.

Der junge Melanchthon verließ seine Heimat schnell, kam aber immer wieder für Familienbesuche zurück. Durch die Empfehlung Reuchlins kam Melanchthon 1518 ins Zentrum der Reformation, nach Wittenberg. Denn Kurfürst Friedrich von Sachsen hatte bei Reuchlin angefragt, ob dieser einen geeigneten Griechischlehrer für seine Landesuniversität empfehlen könnte.

Schon Melanchthons Antrittsvorlesung erregte Aufsehen. Aus dem von Reuchlin geprägten Humanisten wurde schnell ein gefeierter Theologe und enger Mitarbeiter Martin Luthers. Spätestens seit dem Marburger Religionsgespräch 1529 nahm Melanchthon offiziell an wichtigen Religionsdebatten teil. Sein Ziel war es, die Reformen auf friedlichem Weg umzusetzen und die Kirchenspaltung zu verhindern. Er war zu Zugeständnissen an die römische Seite bereit, was ihm auch im protestantischen Lager große Anfeindungen brachte. Anders als vielfach berichtet, hatte er aber immer die Unterstützung Luthers.

Die auf Melanchthon zurückgehende evangelische Bekenntnisschrift, das Augsburger Bekenntnis (Confessio Augustana von 1530), war sein letzter Versuch, die religiöse – und politische – Einheit zu wahren. Nach dem endgültigen Bruch wurde der Text zur bis heute grundlegenden evangelischen Bekenntnisschrift. Und auch als die Wittenberger 1544 aufgefordert wurden, ihr letztes Angebot an die katholische Seite zu machen, formulierte Melanchthon die Zusammenfassung der Reformationstheologie in fünf Punkten.

Doch nach Luthers Tod, bei dessen Beerdigung Melanchthon die lateinische Gedenkrede hielt, waren die Spaltungen und Gegensätze – etwa gegenüber den Calvinisten – im evangelischen Lager nicht mehr zu überbrücken, was Melanchthon tief traf. Als er während eines Aufenthalts an der Universität Heidelberg 1557 erfuhr, dass seine Frau Katharina Krapp, mit der er vier Kinder hatte, in Wittenberg gestorben war, soll er gesagt haben: Fahr wohl, bald folge ich dir nach!

Melanchthons unerschütterlicher Glaube und seine wissenschaftliche Neugier blieben ihm aber bis zuletzt, dokumentiert in den kurz vor seinem Tod im April 1560 verfassten Zeilen, in denen er seine Hoffnungen auf Erkenntnisse nach dem Ende des irdischen Lebens formulierte: "Du wirst von der Sünde erlöst sein, von den Sorgen und von der Streitsucht der Theologen. Du wirst zum Licht kommen, Gott schauen und seinen Sohn durch Anschauung erkennen. Du wirst die wunderbaren Geheimnisse verstehen, die du in diesem Leben nicht begreifen konntest: Warum wir so geschaffen sind, wie wir sind, und worin die Vereinigung der beiden Naturen in Christus besteht."

Mit einer großen Trauerfeier wurde Melanchthon am 21. April 1560 im Chor der Wittenberger Schlosskirche beigesetzt. Gegenüber dem und auf gleicher Höhe des Grabmals von Martin Luther.

(kna)

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