Blickwechsel
Eines jedoch fehlt: Frieden

Kontrolle ist in den von Israel besetzten Gebieten allgegenwärtig, wie hier an der israelischen Mauer zum Gazastreifen. 
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  • Kontrolle ist in den von Israel besetzten Gebieten allgegenwärtig, wie hier an der israelischen Mauer zum Gazastreifen.
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»Wenn Israel ein anderes Volk erobert, seit 51 Jahren unterdrückt und ein Apartheidsregime in den besetzten Gebieten schafft, dann ist es für mich immer weniger ein Zuhause.« Das bekannte der israelische Romancier David Grossman kürzlich bei der alternativen Gedenkveranstaltung zum 70. Unabhängigkeitstag vor 7.000 Menschen.
Von Johannes Zang

Seit 1948 hat das Land Israel Erstaunliches vollbracht: Es hat beispielsweise eine knappe Million Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion integriert; verfügt über eine niedrigere Arbeitslosigkeit als Deutschland; allein zehn Nobelpreise wurden Wissenschaftlern des Landes verliehen. Die Mehrheit seiner Bürger erfreut sich eines sehr hohen Lebensstandards. 8,8 Millionen Israelis leben in einem wunderschönen, attraktiven Land mit einer Sommergarantie von Mai bis Oktober. Kein Wunder, dass 82 Prozent der Israeli stolz auf ihr Land sind. Eines jedoch fehlt: Frieden.
Dieser wird sich nicht einstellen, solange Israel seine Besatzung aufrechterhält, die fast fünf Millionen Palästinensern in den besetzten Gebieten das Leben vorenthält. Fast jede Faser ihres Lebens wird von Israel überwacht. Export und Import sowie die Ausreise aus den besetzten Gebieten unterliegen israelischer Zustimmung. Selbst das Reisen innerhalb des Westjordanlandes wird durch Hunderte von Sperren durch Israel kontrolliert. Der israelische Siedlungsbau geht mit Enteignung palästinensischen Landes einher. Täglich reißt Israel so genannte »Strukturen« ab, allein 423 im vergangenen Jahr, vom EU-gesponserten Tierunterstand bis zum mehrstöckigen Wohnhaus, wie die UNO-Agentur OCHA ermittelte – die meisten davon (270) im C-Gebiet des Westjordanlandes. Dort ist es nahezu unmöglich, von Israel eine Baugenehmigung zu erhalten.
Die unsichtbaren Folgen der Besatzung zermürben Hunderttausende. Seit 1967 hat Israel 14 630 Palästinensern Ost-Jerusalems das Aufenthaltsrecht aufgekündigt. Zudem benötigen Palästinenser, die mit ihrem ausländischen Partner in Palästina leben wollen, israelische Zustimmung. Bearbeitung und Genehmigung dieser Anträge wurden schon immer limitiert (zeitweise nur 1 000 jährlich) und 2009 eingestellt. »Israels Politik des Einfrierens ist durch externe politische Überlegungen bedingt und verletzt nach internationalem Recht die Pflichten einer Besatzungsmacht und massiv die Rechte Zehntausender Palästinenser, die mit ihren Familien im Westjordanland zusammenleben wollen«, erklärt die israelische Menschenrechtsorganisation HaMoked.
Israel bedient sich in den besetzten Gebieten nach Belieben: Es bricht beispielsweise palästinensischen Stein, beutet Minen aus oder bereichert sich durch Eintrittsgelder der auf palästinensischem Boden liegenden Nationalparks Herodion und Qumran. Giftmüll entsorgt der jüdische Staat auf palästinensischem Land.
Die Zeremonie, bei der David Grossman viele Herzen berührte, wurde vom Elternkreis »Parents Circle« und den Streitern für den Frieden »Combattants for Peace« organisiert. Gegen diese Friedensaktivisten aber hetzen Premierminister Benjamin Netanyahu und andere Politiker genauso wie gegen die Nichtregierungsorganisationen »B’Tselem« oder »Breaking the Silence«.
So lange Israel jedoch das in den Wind schlägt, was sie als »Gewissen der Nation« anmahnen, wird es eine Demokratie mit tiefen Kratzern bleiben und nie in Sicherheit leben.

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