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Wir alle sind gefragt

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Wenn es in der Welt zu Verwerfungen kommt – einer Pandemie oder einem eskalierenden Nahostkonflikt –, dann brechen jahrhundertealte antisemitische Ressentiments und Vorurteile wieder auf. Halbwissen wird geteilt.

Von Katja Schmidtke

Nein, wir können keinen Schlusspunkt hinter den Holocaust setzen. Die Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus ist eine immerwährende Aufgabe (wie uns brennende Israelflaggen, Anti-Corona-Demonstranten mit gelben Sternen und Angriffe auf kippatragende Juden verdeutlichen), und sie ist eine politische und zugleich individuelle Angelegenheit. Wir können Antisemitismus nicht an Politiker, Gesetzgebung und Justiz wegdelegieren. Wir alle sind gefragt.

Erstens betrifft das unsere eigene Vergangenheit bzw. die unserer Familien. Transgenerationale Weitergabe nennen Experten die Übertragung seelischer Traumata von einer Generation auf die nachfolgende. Die Kinder und Kindeskinder von Shoa-Überlebenden wissen ziemlich genau, was ihren Angehörigen zwischen 1933 und 1945 widerfahren ist. Können wir das von unseren Eltern und Großeltern behaupten? Was wissen wir, und was sind wir bereit zu erfragen?

Zweitens wird die Auseinandersetzung mit Antisemitismus in Deutschland immer die Auseinandersetzung mit dem Holocaust bedeuten, doch wir müssen nicht nur über die Toten reden, sondern auch mit den Lebenden. Inzwischen leben rund 200 000 Menschen jüdischen Glaubens unter uns. Was wissen wir über Traditionen und Feiertage, über Essen, Musik, Literatur und Kultur? Kommen wir in Kontakt? Sprechen wir miteinander oder übereinander? Lassen wir Juden in gesellschaftlichen Debatten zu Wort kommen? Es liegt an uns: Wir alle sind gefragt.

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