Freitag, vor eins ...
Unsere Seite 1 - So geht Ökumene auf preußisch

G+H Nr. 33 vom 14.August 2022 | Foto: G+H Screenshot

"Ja Kruzifix, ich wechsele", wird der ein oder andere in dieser Woche wohl bei dieser Schlagzeile beschlossen – und dabei vielleicht nicht nur an seinen Stromanbieter, sondern auch gleich an die Konfession gedacht haben. In Don-Corleone-Manier machen die Stadtwerke Potsdam Christen ein Angebot, das sie nicht ausschlagen können.

Der kommunale Versorger bietet seinen Kunden Sondertarife für Strom und Gas, wenn sie Mitglied einer der beiden großen Kirchen sind. Klingt ob der aktuellen Situation und der "Winterangst", die durch deutsche Stuben weht, nach Gebetserhörung. Na dann lobpreiset und stimmet an: Wie ein Strom von oben aus der Herrlichkeit. 

Bei genauerer Betrachtung allerdings mutet das brandenburgische Wunder eher wunderlich an. Also Lupe raus und hingeschaut. Im Vergleich zu Neukunden, die mit 39,76 Cent pro Kilowattstunde für ihren Stromverbrauch zur Kasse gebeten werden, zahlen Protestanten 29,71 Cent. Super Deal, keine Frage. Aber jetzt kommt's: Katholiken kostet die Kilowattstunde nur 25,28 Cent. Wieso kommen die Glaubensgeschwister denn hier viel besser weg? Gut, sie haben einen Papst – aber hat der Marktmacht? Nicht, dass ich wüsste. Unlauter, möchte man rufen. Konterreformation!

Doch, halt, halt. Für die vermeintliche Bevorteilung einer Konfession, die ohnehin nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbaren wäre, gibt es eine Erklärung, wie unser Kollege und Hauptstadtkorrespondent der Kirchenzeitung Benjamin Lassiwe weiß. Die Preisunterschiede rühren zum einen daher, weil es sich um Strom aus erneuerbaren Energien handelt. Zudem ist das Angebot nicht neu. Den Ökostrom per Rahmenvertrag gibt es bereits seit 2004. Ausgehandelt für die Protestanten hat ihn die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, um ihren Kirchengemeinden eine ökologische Alternative zum Atomstrom zu bieten. Besonders cool: Die Potsdamer Stadtwerke zahlen für jede, vom Kirchenstromabnehmer bezogene Kilowattstunde zusätzlich 1,5 Cent in einen Umweltfonds, mit dem Nachhaltigkeitsprojekte finanziert werden. 

Wir lernen: Was für die Umwelt gut ist, muss die Ökumene noch längst nicht weiterbringen. In Sachen interkonfessioneller Verständigung möchten wir aber mit unserer ÖRK-Serie einen kleinen Beitrag leisten. Auch in dieser Woche stellen wir Ihnen wieder eine der Mitgliedskirchen vor. Gute Lektüre!

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Autor:

Beatrix Heinrichs

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