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Melchior gehört dazu

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Von Tobias Schüfer

Eine Weihnachtskrippe hat es in die Schlagzeilen geschafft, die des Ulmer Münsters. Ab diesem Jahr wird sie ohne Könige aufgebaut. Entscheidend war dafür die Darstellung des schwarzen Königs. Und die Entscheidung löste sofort teils heftige Reaktionen aus. Während die einen den „Bruch von Traditionen“ beklagten, empörten sich andere darüber, man wolle jetzt wohl alle schwarzen Könige entfernen. Nach den Gründen, warum diese Kirchengemeinde so entschieden hat, wurde wenig gefragt.
Um es vorweg zu sagen: Ein schwarzer König gehört selbstverständlich zu den Krippenfiguren dazu. Das war nie strittig. Problematisch war in Ulm vielmehr, wie der schwarze König dargestellt ist. Diese Melchior-Figur wurde in den 1920er-Jahren geschnitzt und zeigt eine Reihe von rassistischen Vorurteilen. Die waren damals weit verbreitet. Da sieht man eine gedrungene Gestalt, übertrieben wulstige Lippen, und am Fuß trägt Melchior einen Ring wie ein Sklave. Eine klischeehafte Darstellung, die rassistische Stereotypen bedient.
Schnell wird deutlich: Das ist keine Frage des Geschmacks. Wir müssen uns vielmehr fragen, ob solche Darstellungen würdigend oder entwürdigend sind. Und bei einer rassistischen Verzeichnung gilt: Evangelium und Rassismus sind unvereinbar. Davon hat sich die Gemeinde in Ulm bei der Entscheidung leiten lassen.
Und während man im Umfeld weiter über die Krippenfiguren diskutiert, ist man in Ulm längst weiter. Die Diskussion um die Figuren sei doch nur ein Nebenschauplatz, sagt man dort. Im Kern geht es doch darum, dass wir den Rassismus in unserem Alltag in den Blick nehmen. Darüber müssen wir reden.

Der Autor ist Regionalbischof für den Propstsprengel Meiningen-Suhl.

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Online-Redaktion

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