Osterwort
Ermutigende Osterhoffnung

Joachim Liebig, Kirchenpräsident der Landeskirche Anhalts | Foto: Landeskirche Anhalts
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Gelassen und tatkräftig: Das Ostergeschehen beschreibt die ganze Bandbreite menschlichen Verhaltens. Was von Christen zu Recht erwartet wird, und was am Ende wirklich zählt.

Von Joachim Liebig

Die Bilder des Krieges in der Ukraine sind entsetzlich. Schwer zu ertragen die Gedanken und die Schicksale der Opfer. Jenseits aller Fragen nach der Schuld zeigt der Krieg die finsterste Seite des Menschen. Gerne wären wir mitfühlend, friedliebend und vergebungsvoll. Zweifellos nehmen wir das für uns in Anspruch. Sollten wir es einmal nicht sein, sind selbstverständlich immer andere daran schuld. Darin liegt die zentrale Einsicht in das menschliche Wesen: Das Gute, das ich will, und das Schlechte, das ich tue – wie Paulus es beschreibt. Wer glaubt, sich davon freimachen zu können, ist dem eigenen Wunsch nach Schuldfreiheit bereits erlegen.
Das Ostergeschehen beschreibt die ganze bekannte Bandbreite menschlichen Verhaltens. Petrus – leicht zu überzeugen, immer enthusiastisch, stets ganz nahe an der Seite Jesu; nach Gethsemane kennt er seinen Herrn nicht mehr. Die anderen Jünger verstecken sich angstvoll, nachdem sie zuvor noch einen Rangstreit über den Platz im Himmel miteinander hatten. So verständ-lich – so menschlich ist das.
Den Unterschied zu allem macht das leere Grab. Nicht aus tieferer Einsicht oder plötzlicher Humanität, sondern durch das schier unglaubliche Eingreifen Gottes in die Wirklichkeit werden aus typisch menschlich Glaubenden zutiefst Überzeugte, die selbst den Tod nicht scheuen. Der wankelmütige Petrus allen voran: Das Wort Jesu, er solle der Fels der Kirche sein, erfüllt sich in seinem Martyrium. Das Ende des Todes mit dem leeren Grab ist seit den ersten Jüngern Gottes beständige Zusage an uns, Trost und Heil nicht in der Welt zu suchen, sondern gerade in schwersten Zeiten über die Welt hinaus zu glauben.
Das war für die Menschen schon immer eine immense Herausforderung. In der Welt kennen wir uns aus. Da glauben wir zu wissen, was wir erwarten dürfen. Da sind wir in vertrauter Umgebung. Kann es denn überhaupt etwas jenseits der Welt geben? Allein die Vorstellung erzeugt Unsicherheit: Wir sind unvertraut in ungewohnter Umgebung, die allein auf Glauben beruht.
Nicht wenige weigern sich, die Welt des Glaubens überhaupt zu betreten, und bleiben damit auf sich selbst beschränkt – wie Petrus vor Ostern. Da wanderte er mit einem Wunderheiler von Ort zu Ort und hatte bisweilen nur eine Ahnung, wer Jesus tatsächlich war. Das Faktum der Auferstehung im ersten Osterfest verändert nicht nur Petrus und die Jüngerschar, sondern den Gesamtblick auf die Geschichte.
Mit der Zusage Gottes, für uns den Tod zu beenden, eröffnet sich für uns begrenzte Menschen die Ewigkeit. Die Angst vor dem Tod endet damit nicht. Aber sie wird umfasst von der Hoffnung auf eine neue Existenz. Damit entsteht Trost in Zeiten und Situationen, die sonst gänzlich und dauerhaft trostlos bleiben würden.
Glaubenden wird dabei unterstellt, sie hätten sich diese Konstruktion ausgedacht, um im Leben nicht zu verzweifeln und dem Tod einen Sinn zu geben. Die Philosophie des 19. Jahrhunderts hat dazu markante Sätze geprägt.
Doch so über die Auferstehungsgewissheit zu reden, zeigt den völligen Unglauben. Vom Glauben erfasst zu sein ist eine Realität, die keinen Vergleich mit jeder Art von Wirklichkeit scheuen muss. Wer in dunkelster Trauer aus dem Glauben Trost empfängt, unterliegt keiner Selbsttäuschung, sondern Gottes machtvollem Wirken. Es scheint dennoch eine Art Kränkung darin zu liegen, sich nicht länger auf vertrautes Weltliches einlassen zu wollen, um sich ganz Gott zu nähern. Soll denn vor Gott nichts gelten von meinen Lebensleistungen und Einsichten?
Am Ende wird es so sein. Nichts wird mehr Bedeutung haben von dem, was ich war, wusste und hatte. Allein Gott zählt noch. Allein seine Zusage, mich zu erwarten, hat Gewicht. Ostern ist daher ein Fest freudiger Zuversicht. Gerade in Zeiten erschütternder Bilder und Verunsicherungen. Den Opfern des Krieges in der Ukraine und allen anderen Kriegs- und Gewaltopfern ist Gott im Kreuz nahe und stiftet zugleich Hoffnung jenseits menschlicher Möglichkeiten. Wir werden ermutigt, unsere Hoffnung in praktische Hilfe zu formen und der Furcht unserer Zeit realistische Zuversicht entgegenzustellen.
Zu Recht wird das von uns Christenmenschen erwartet: glaubwürdig zu sein, gelassen und tatkräftig. Deshalb feiern wir die Gottesdienste von Gründonnerstag bis Ostermontag, finden Gemeinschaft und Gemeinde. Christ ist erstanden! Und wir werden es mit ihm sein! "Vom Glauben erfasst zu sein, ist eine Realität, die keinen Vergleich mit jeder Art von Wirklichkeit scheuen muss"

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