Radiogottesdienst aus Gernrode
Alle Tage Ostern

Licht in die Dunkelheit bringen: Szene aus dem Osterspiel in der Stiftskirche St. Cyriakus | Foto: Jürgen Meusel
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  • Licht in die Dunkelheit bringen: Szene aus dem Osterspiel in der Stiftskirche St. Cyriakus
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Der Gottesdienst, den MDR Kultur zu Silvester überträgt, kommt in diesem Jahr aus Gernrode. Für die Gemeinde an der mehr als 1000 Jahre alten, romanischen Stiftskirche ist das eine Freude – und eine Umstellung.

Von Katja Schmidtke

Denn üblicherweise feiern die Christinnen und Christen den Jahreswechsel in Gernrode mit einem Abendgottesdienst. Nun heißt es spätestens 9.30 Uhr in der Kirche zu sein, damit ab 10 Uhr störungsfrei und pünktlich gesendet werden kann. Zwei Texte werden dabei im Fokus stehen, blickt Pfarrer Andreas Müller voraus: "Alles hat seine Zeit" aus dem Buch der Prediger 3,1-11, sowie Psalm 121 mit seinem bekannten Vers "Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen". Pfarrer Müller wirkt als Liturg, Kirchenpräsident Joachim Liebig hält die Predigt, und so sich alles fügt, werden sich Gemeindeglieder beteiligen.

Die Gernröder Gemeinde mit ihren rund 400 Mitgliedern beschreibt Andreas Müller als sehr aktiv. Das liegt auch an der Anziehungskraft der Stiftskirche, die zu den bedeutendsten ottonischen Architekturdenkmälern gehört und als eine der ersten protestantischen Kirchen zählt. 1521 schloss sich die Äbtissin des Frauenstifts in Gernrode, Elisabeth von Weida, der Reformation an. Ihr wichtiger theologischer Berater Stephan Molitor führte die Reformation schließlich 1523 in Gernrode ein. Molitors Wirken ging weit über die Kirchenmauern hinaus und beeinflusste auch die Entwicklung des Ortes. So wurde die Stiftskirche für die Bevölkerung geöffnet und etablierte sich als geistliches Zentrum der Region. Das ist bis heute so. Der beeindruckende Kirchenbau und besonders das Heilige Grab im südlichen Seitenschiff ziehen die Menschen an. Im Sommer sind die Kirchenöffner und Kirchenführer quasi im Drei-Schicht-System für die Besucher da. Acht ehrenamtliche und ein hauptberuflicher Kirchenführer sind in Gernrode tätig. Im Kreis der Offenen Kirche engagiert sich ein Dutzend Menschen. Auch das Cyriakushaus als einziges Tagungshaus der anhaltischen Landeskirche sorgt für Bewegung. "Viele Gäste, das heißt viele Impulse. Wir sind eine offene Gemeinde", sagt Pfarrer Müller.

Das sieht auch Kirchenmusikdirektor Eckhart Rittweger so. Seit mehr als 30 Jahren ist er in Gernrode tätig und hat die Erfahrung gemacht, dass Musik die Menschen zusammenbringt und sie verbindet – auch jenseits der Kirchenmitgliedschaft. Die Kantorei umfasst 50 Sängerinnen und Sänger, im Gospelchor singen 40 Menschen, der Posaunenchor zählt ein Dutzend Mitglieder, und gerade wird eine Gruppe aus Jungbläsern wieder aufgebaut. Zwischen Juni und September finden nahezu jedes Wochenende Konzerte statt, aufgeführt von der heimischen Kirchenmusik und von Gastkünstlern. Das Angebot werde sehr gut angenommen, selbst wenn sich Gernrode im Schatten der Welterbestadt Quedlinburg befindet. Die Stiftskirche hilft bei der Musik, so Rittweger: "Sie spielt mit." Klassisches und Modernes, Traditionelles und Außergewöhnliches erklingen in den Gemäuern. Eckhart Rittweger ist selbst Teil eines Alphorn-Trios, das regelmäßig auch in der Stiftskirche auftritt – die Alphörner ertönen auch zum Silvestergottesdienst. Ruhe und Erhabenheit strahlen sie aus und werden damit Psalm 121 besonders bereichern.

Vor allem der Geist von Ostern prägt die Gemeinde in Gernrode. Architektonisch durch das Heilige Grab, veranstaltungsmäßig durch das Passionsspiel, das nach einer Handschrift von 1502 vor einigen Jahren wieder belebt wurde, und auch inhaltlich richte man sich an Ostern aus, betont Andreas Müller. "Ostern, Auferstehung, Hoffnung" leiten die Gemeinde. Konkret bedeute das zum Beispiel: Zuversicht angesichts der Entwicklung der Kirche. Gernrode hat sich mit dem benachbarten Rieder zu einem Verbund zusammengetan. Zugegeben: Mit 600 Gliedern ist er klein, "aber Zahlen sollen uns nicht den Weg zum Himmel versperren", sagt Müller, der im Präsidium der Landessynode ist. Auch wenn Organisationen und Aufgaben sich ändern, bleibt Kirche Kirche, "solange zwei oder drei in Seinem Namen versammelt sind".

Die Stiftskirche, deren Eigentümerin die Kirchengemeinde ist, rückt die Relation so mancher Klage zurecht und schafft eine Verbindung zu vorangegangenen Generationen sowie Christen vieler Konfessionen. "Seit 1000 Jahren wird hier Glauben gelebt", sagt Andreas Müller. Das sei Verantwortung und Chance zugleich. 

Radiogottesdienst: 31. Dezember, 10 Uhr, MDR Kultur

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Katja Schmidtke

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