Mit Geduld und Gebet 8000 Kinder entbunden
"Himmelsschwester" geht in Rente

Sieben kleine Wunder: Ute Erler im Kreis ihrer Enkel, die sie alle selbst auf die Welt geholt hat. | Foto: privat
  • Sieben kleine Wunder: Ute Erler im Kreis ihrer Enkel, die sie alle selbst auf die Welt geholt hat.
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Für Ute Erler beginnt jeder Tag mit der Losung. Die Hebamme aus Weimar ist Pfarrerstochter. Das siebte und jüngste Kind der Familie. Der Glaube wurde ihr also buchstäblich in die Wiege gelegt und trägt sie im Privaten, wie auch im Beruf. „Fast immer, wenn ich zur Arbeit gehe, bete ich“, erzählt sie. „Ich weiß ja nie, was auf mich zukommt.“

Von Conny Mauroner

Schon als Kind wollte Ute Erler „Himmelsschwester“ werden. Hätte das nicht geklappt, wäre sie Buchhändlerin oder Blumenbinderin geworden. Doch Hebamme war immer ihr Traumberuf. Die Geburt, die Kinder haben sie fasziniert. „Aus den bisschen Zutaten so ein Wunder. Wie es sich im Bauch entwickelt: der Herzschlag, die Glieder, das ganze Kind. Und wenn es dann da ist, wie fertig es ist.“

Auch nach 42 Dienstjahren hat eine Geburt für Ute Erler nichts von ihrem Zauber verloren. Rund 8000 hat sie begleitet. Sogar eine Drillingsgeburt war dabei. Auch an viele andere Geburten kann sich Ute Erler erinnern. Nahe gingen ihr vor allem die Geburten, bei denen sie die Mütter schon kannte, aus Vorsorgeuntersuchungen oder Vorbereitungskursen. Ihre sieben Enkel hat sie alle selbst auf die Welt geholt. „Da war ich vorher ganz schön aufgeregt“, gibt die Hebamme zu „aber als ich einmal im Kreißsaal stand, war auch das wieder weg. Dann habe ich einfach meine Arbeit gemacht.“

Auch schlimme Erfahrungen hat Ute Erler während ihrer Zeit als Hebamme gesammelt. „Schlimm ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort. Totgeburten sind etwas, was dich verzaubert“, sagt sie. „Sie sind stiller, aber so besonders.“ Meist bringen die Eltern eine Kerze mit, manchmal wird gebetet. Gemeinsam bringen sie das Kind zur Welt. „Ein wichtiger Teil der Trauerarbeit“, so Erler. „Nur so kann die Frau richtig begreifen.“ Zum Glück kommt dies nicht häufig vor, sagt die Hebamme. Erinnern kann sie sich an jede dieser Geburten. „Auch dann ist der Glaube ein Schutz für mich. Fast wie ein doppelter Boden.“

Aber auch kuriose Geschichten hat Ute Erler in ihrer Zeit auf der Station in Weimars Sophien- und Hufeland-Klinik erlebt. Sie erinnert sich an Namensvorschläge von Eltern, die sie unbedingt versucht hat zu verhindern. „Nicht immer ist es gut für die Kinder ausgegangen“, sagt sie, und berichtet von Max und Moritz, den Zwillingen. Sie erzählt es, als täte es ihr heute noch leid. Auch ein sehr neugieriger angehender Opa im Kreißsaal ist ihr im Gedächtnis geblieben, so wie ein paar wenige Väter, die es ausgebremst hat. "Zum Glück fallen weniger Papas in Ohnmacht, als man vielleicht denkt."

Aber selbst Krankenhaus-Kollegen sind davor nicht gefeit, weiß Erler zu berichten. Auch Geburten, die etwas zu schnell vonstatten gingen, gehören zu den Erinnerungen dazu. Eine junge Mutter sollte noch einmal spazieren gehen. Sie kam wieder, mit dem Kind im Arm. Auch im Fahrstuhl und Treppenhaus hat Ute Erler schon Frauen entbunden.

Nach 42 Jahren verabschiedet sie sich nun in den Ruhestand. Die Arbeit ist ihr ans Herz gewachsen. „Vor allem die Kollegen.“ Ganz sein lassen wird sie es nicht. „Ein abruptes Ende wäre nicht, was ich will.“ Ute Erler macht weiter, mit einem Mini-Job. Sie wird weiterhin in einer Frauenarztpraxis arbeiten und Schwangere vor ihren Geburten begleiten. Und sonst? Hat sie nun viel Zeit, ihr Haus aufzuräumen. Das hat sie sich vorgenommen. Und dann sind da ja noch ihre sieben Enkel.

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