Seelsorge: Polizisten suchen das Gespräch
Einsätze kosten Kraft

Foto: epd-bild / Steffen Schellhorn
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Die Gewerkschaft der Polizei warnt seit Dezember vor Überlastung. Aufgrund der anhaltenden Proteste gegen die Pandemie-Politik sind auch in Mitteldeutschland immer mehr und öfter Beamte im Einsatz. Beatrix Heinrichs sprach mit Ulrich Matthias Spengler, Pfarrer am Bildungszentrum der Thüringer Polizei, über die Herausforderungen in der Seelsorge.

Zwei Jahre Pandemie – ist die Belastungsgrenze für die Einsatzkräfte in Thüringen schon erreicht?
Ulrich Matthias Spengler: Diese Grenzen sind individuell verschieden und lassen sich nicht verallgemeinern. Aus Gesprächen weiß ich, dass die Belastung bei unseren Polizistinnen und Polizisten zurzeit sehr hoch ist. Das permanente und komplexe Einsatzgeschehen durch „Spaziergänge“ und Demonstrationen, neben den Alltagsaufgaben, ist kräftezehrend und beansprucht viele Ressourcen. Da bleibt kaum Zeit zum Luftholen.

Welche Herausforderungen bringt die ständige Präsenz mit sich?
Präsenz vor Ort ermöglicht, mit Bürgern in Kontakt zu treten, Gespräche zu führen. Die Dialogbereitschaft ist bei der Polizei hoch und wird intensiv umgesetzt. Andere polizeiliche Maßnahmen sind dem Reden, wenn möglich, nachgeordnet. Dann werden sie aber konsequent angewandt.

Zunehmend sind die Protestzüge von Aggressivität auch gegen die Einsatzkräfte geprägt. Wie gehen die Beamten damit um?
Oberstes Gebot ist Deeskalation. Erst wenn diese erfolglos bleibt, greift Polizei als staatliche Ordnungsmacht mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln ein. Daneben nehme ich das irritierte und ratlose Fragen wahr, das Polizei mit Feuerwehr und Rettungsdiensten teilt: Warum werden wir, die für Ordnung sorgen, helfen und Leben retten, selbst von denen, die uns brauchen, beleidigt und angegriffen? Es kostet viel Kraft, dieser Verrohung so lange wie möglich auf andere Weise zu begegnen.

Wie können Sie als Seelsorger die Polizisten unterstützen?
Indem ich da bin, begleite, ermutige und zuhöre. Ich erlebe häufig Dankbarkeit, wenn Polizisten im Schutzraum der seelsorgerlichen Verschwiegenheit erzählen können, was sie bewegt.

Verändert eine solche Krisensituation das Verhältnis zum Glauben?
Ich erlebe in unserer Polizei eine Offenheit für Lebens- und Glaubensfragen, unabhängig von aktuellen Konflikten und Krisen. Bei akuten Ereignissen aber werden Andachten oder Gedenkgottesdienste dankbar angenommen. Krisensituationen sind selten der Raum, Menschen für den Glauben zu gewinnen. Vor dem ersten Golfkrieg haben wir in Jena Fürbittandachten angeboten – die Stadtkirche war brechend voll. Als wir danach eine Dankandacht feierten, waren wir zu fünft. Mir ist es wichtig, den Glauben authentisch im Alltag erkennbar zu machen.

Foto: epd-bild / Steffen Schellhorn
Ulrich Matthias Spengler | Foto: Kirchengemeinde Bad Berka
Autor:

Online-Redaktion

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