Trauer um Wolfram Hädicke
Ein Streiter für den friedlichen Dialog

Foto: EKM/ Hädicke

Wolfram Hädicke (03.02.1953 – 19.05.2025) war Vikar, Pfarrer, Oberpfarrer, Superintendent, Vizepräses in der Synode der EKM, Mitglied im Präsidium der Landessynode der Ev. Landeskirche Anhalts. Er wirkte an vier Standorten (Probstzella, Ronneburg, Meiningen und Köthen). Am 19. Mai ist er nach schwerer Krankheit im Alter von 72 Jahren heimgegangen.

Im Rahmen seines überaus breiten ehrenamtlichen Aufgabenfeldes war er Mitwirkender, Gründer und Verantwortungsträger in Vereinen, Vorständen, Initiativen und sozialen Projekten. Wichtige Eckpfeiler im profunden ehrenamtlichen Schaffen bildeten seine Moderationen des christlich-jüdischen Gesprächskreises, die jährliche Organisation von Berg & Bibel in Österreich und sein Engagement im Heiligen Land.

Überregionale Bekanntheit erlangte er insbesondere durch sein Wirken in Ronneburg (1988-99). Bürger mit und ohne Bezug zu Kirche und Glauben schlossen sich ein Jahr vor der Wende durch seine Initiative zu einer bürgerbewegten Gemeinschaft zusammen, um sich für wirksamere Mitsprache zur Lösung von Problemen der damaligen Zeit einzusetzen, die in Ronneburg in erster Linie die Auswirkungen einer akuten Landschafts- und Umweltzerstörung, begleitet von tödlicher, unsichtbarer Radioaktivität, betrafen. Damals ahnte niemand von uns, wie notwendig kontinuierliche Aktivitäten zum Ausgleich der Wechselwirkungen zwischen Umwelt und Gesundheit bleiben werden.

Als Sprecher der Bürgerbewegung gegen Uranabbau in Ronneburg war Hädicke an den Ereignissen der Friedlichen Revolution intensiv beteiligt. Zuvor stand der Umweltkreis und insbesondere Wolfram Hädicke im Fokus der Staatssicherheit, die perfide Diskriminierungs- und Zersetzungsmaßnahmen einsetzte.

Nach 1990 wurde er als Sachverständiger in den Thüringer Landtag, den Umweltausschuss des Bundestages, zu Fachkolloquien der Bergakademie Freiberg und in verschiedene Kommunalverwaltungen eingeladen. Unter den neuen gesellschaftlichen Bedingungen setzte sich Wolfram neben seinen beruflichen Pflichten in der Anti-Atom-Bewegung, der kirchlichen Umweltbewegung, im BUND u.a. Gremien für die Belange des Umweltschutzes intensiv ein. Für ihn stand dabei der friedliche Dialog unter Wahrung der persönlichen Würde aller Beteiligten an erster Stelle für Konfliktlösungen.

Ob im Dialog mit Verantwortlichen im Uranbergbau, in den verschiedensten Behörden, in der Amtskirche und in Organisationen und Vereinen – Eloquenz, Verständnis und Sachlichkeit, gepaart mit Mut zeichneten ihn aus.

Unvergessen seine Anfrage vom Juni 1988 an die oberste Strahlenschutzbehörde der DDR zur Strahlenbelastung der Bevölkerung, 1990 die Organisation einer alle Sparten und Schranken überschreitenden Fachtagung in Ronneburg, die den Weg der umfassenden Sanierung des Uranbergbaus weisen und die überbordende Ausbreitung einer Deponie- und Abfalllobby verhindern konnte. Wichtig für Ronneburg war auch seine öffentliche Aufforderung an die Planer der Bundesgartenschau 2007 bereits 1997: „Wir wehren uns gegen eine an kurzfristige und an optische Interessen gebundene Sanierung …“.

Bei zunehmenden gesellschaftlichen Spannungen in unserem Land setzte er frühzeitig auf Dialog. Bereits 2016 wirkte er gegen das Voranschreiten unversöhnlicher Tendenzen. In den Folgejahren wandte er sich erneut als Brückenbauer gegen Stigmatisierung. „Ich bin ein unbedingter Befürworter des Gesprächs – auch mit schwierigen Partnern. Dazu gehört, dass das Gegenüber nicht als Person beschädigt wird. Mit dieser Herangehensweise haben wir damals auf dem Wismutfeld viel erreicht. Ich finde es schwer erträglich, wie zunehmend nur noch in Schwarz-Weiss-Schemata gedacht wird und Menschen in Schubladen sortiert werden.“ (W. H. 2019)

Gleich vielen Menschen unseres Landes beunruhigte und bewegte ihn die gesellschaftliche Entwicklung u.a. mit Aufrüstung, Sozialabbau und Inflation; das öffentliche Erscheinungsbild von Kirche gerade in diesen fordernden Krisenzeiten. „Die Eskalationsspirale dreht sich immer schneller. Die Militarisierung des Denkens und der Sprache schreitet fort.“ (W. H. 2022)

Selbst als die unheilbare Erkrankung 2023 akut auftrat, hielt er am ehrenamtlichen Wirken fest – bis ihn in den vergangenen Monaten die Kräfte zunehmend verließen.

Sein letzter Vortrag „Atomenergie-Renaissance oder energiepolitische Sackgasse?“ galt dem thematischen Ausgangspunkt seiner langen Umweltschutzarbeit. Eine letzte Veröffentlichung erfolgte am 15.03.2025 im Strahlentelex, der ihm sehr am Herzen lag. Der Kreis schloss sich somit für Wolfram auf diesem Gebiet. Wir verlieren mit seinem Tod unseren Förderer, Mentor und vorbehaltlosen Unterstützer.

Sein Anliegen wollen wir in Ehren halten. Unser N a c h r u f für Wolfram: „Habe Dank für Deine Toleranz gegenüber unserer Meinungsvielfalt und Verschiedenheit. Lebe wohl lieber Freund, Bruder im Herzen“.

Kirchlicher Umweltkreises Ronneburg

Zur Person

1953 in Jena geboren, machte Wolfram Hädicke nach der Schulzeit zunächst eine Ausbildung zum Elektromechaniker. Früh engagierte er sich in der evangelischen Jugendarbeit, war später Jugendsynodaler der Thüringischen Landeskirche und studierte von 1972 bis 1977 Theologie an der Universität Jena. Ab 1977 war er zunächst Vikar in Probstzella bei Saalfeld, also im Sperrgebiet an der innerdeutschen Grenze, und übernahm 1980 für acht Jahre die dortige Pfarrstelle.

1988 wechselte Hädicke als Pfarrer ins Uran - Abbaugebiet nach Ronneburg, wo er einen kirchlichen Umweltkreis gründete und auch an den Ereignissen der Friedlichen Revolution 1989 intensiv beteiligt war. In dieser Zeit stand er im Visier der DDR-Staatssicherheit. Ab 1990 war Hädicke zuerst stellvertretender Superintendent im Kirchenkreis Schmölln und ab 1997 im Kirchenkreis Altenburger Land, bevor er 1999 zum Superintendenten in Meiningen berufen wurde. Bis 2010 war Hädicke auch Vizepräses in der Synode der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.

Am Samstag, 21. Juni, wird um 13 Uhr zum Trauergottesdienst in die Stadt- und Kathedralkirche St. Jakob in Köthen eingeladen.

Autor:

Online-Redaktion

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