Ökumenischer Pilgerweg für Klimagerechtigkeit auf dem Weg nach Polen
Laufen für den Klimaschutz

Geht doch! Mit Gesang läuft’s gleich noch mal so gut. Die Klimapilger machten am Sonnabend beim Aktionstag in Quedlinburg (Kirchenkreis Halberstadt) vor dem Rathaus auf den Zweck ihres Fußmarsches aufmerksam. Noch liegen da 636 Kilometer vor ihnen. | Foto: Pilgerweg für Klimagerechtigkeit
  • Geht doch! Mit Gesang läuft’s gleich noch mal so gut. Die Klimapilger machten am Sonnabend beim Aktionstag in Quedlinburg (Kirchenkreis Halberstadt) vor dem Rathaus auf den Zweck ihres Fußmarsches aufmerksam. Noch liegen da 636 Kilometer vor ihnen.
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In Bonn begannen sie Anfang September ihre 1 700 Kilometer lange Wanderung, die sie durch Mitteldeutschland bis ins polnische Katowice bringen soll. Der Potsdamer Christian Seidel war schon lange frustriert über die seiner Meinung nach halbherzigen Klimaschutz-Bemühungen der Politik. Als er im Internet zufällig über eine Wander-aktion der Kirchen für Klimagerechtigkeit stolperte, meldete er sich spontan an. »Ich möchte nicht später einmal von meinen Enkeln gefragt werden: Und was hast du getan?«, sagt er. Ähnlich sieht das Wolfgang Eber. »Die Klimaerwärmung taucht in der öffentlichen Debatte kaum noch auf«, ärgert er sich. Die beiden gehörten 2015 mit zu den Teilnehmern des ersten Ökumenischen Pilgerweges zur Weltklimakonferenz in Paris. Jetzt machten sich die erfahrenen Pilger erneut mit einer Gruppe auf den Weg, um für mehr Umweltschutz zu werben.
Im polnischen Katowice tagt diesmal ab dem 9. Dezember die 24. Weltklimakonferenz. Auf ihrer Wanderung über Düsseldorf, Hannover, Halle, Dresden, Cottbus und Berlin wollen die Pilger nach drei Monaten und 1 700 Kilometern pünktlich zum Beginn des Gipfels am Ziel eintreffen.
Durch Mitteldeutschland kam die Gruppe in der vergangenen Woche auf einer Strecke von Quedlinburg, über Gattersleben und Hettstedt bis nach Helfta und von dort weiter über Höhnstedt und Halle. Von Merseburg aus führt der Weg weiter nach Sachsen und von dort über Brandenburg bis über die Grenze nach Polen.
Auf dem Weg sammeln die Pilger an insgesamt 78 Stationen Unterschriften für den Klimaschutz, die sie der Kohlekommission in Berlin und der Weltklimakonferenz übergeben wollen. Hinter der Aktion steht ein ökumenisches Bündnis aus 40 Organisationen, darunter Brot für die Welt, das Bischöfliche Hilfswerk Misereor, die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Deutsche Katholische Bischofs-konferenz.
Mit dem Klimapilgern habe er eine friedliche Form des Engagements gefunden, die zu ihm passe, sagt Seidel, ein ehemaliger Potsdamer Stadtverordneter. »Ich bin nicht der Typ, der an Kraftwerksbesetzungen teilnimmt.« Die Ökumene-Aktion schaffe vor allem Begegnung. »Auf dem Weg nach Paris 2015 sind wir mit vielen Menschen ins Gespräch gekommen, allein damit erreicht man doch schon unheimlich viel«, ist der 69-Jährige überzeugt. Auch in diesem Jahr werden die Pilger am Ende einer jeden Tagesroute von einer örtlichen Kirchengemeinde empfangen, die für ihre Unterkunft sorgt und Gesprächsabende anbietet.
Wolfgang Eber war berührt von der Herzlichkeit, mit der die Pilger vor drei Jahren in französischen Gemeinden aufgenommen wurden. »Für mich ist es auch ein euro-päisches Projekt«, betont der 63-Jährige.
Gespannt sind die beiden auf die Treffen mit den polnischen Kirchengemeinden bei den letzten Etappenrouten nach Katowice. »Es war uns besonders wichtig, dass das von polnischer Seite organisiert wurde«, erklärt Eber. Man wolle in dem osteuro-päischen Land, in dem die Braunkohleverstromung eine große Rolle spiele, mit der Forderung nach einem Ausstieg aus der Kohle nicht besserwisserisch auftreten.
Nicht alle Pilger schaffen es, drei Monate lang den gesamten Weg mitzugehen. Von den Berufstätigen könnten die meisten nur ein oder zwei Wochen mitwandern, erzählt Eber. Der Großteil der Pilgertruppe sei über 40 Jahre alt, oft Ruheständler. Doch Abiturienten oder Studenten schlössen sich zwischendurch über eine kürzere Strecke der Gruppe an. Wenn Gemeindemitglieder spontan die Pilger auf einer Etappe begleiteten, wachse die 25-köpfige Gruppe mitunter für einen Tag auf über 100 Wanderer an.
Für die Dauerpilger ist die lange Wanderung durchaus eine körperliche Heraus-forderung. Man müsse schon gut zu Fuß sein, um die rund 25 Kilometer langen Strecken jeden Tag laufen zu können, meint Seidel. »Aber wenn man die ersten drei Tage überstanden hat, dann geht es.« Er selbst hat festgestellt, dass ihm die monate-lange Wandertour vor drei Jahren gesundheitlich gutgetan habe.
Die beiden Männer verbinden mit ihren bisherigen Pilgerwanderungen für sie unvergessliche Erlebnisse. Da seien etwa gemeinsame spirituelle Momente in der Natur, sagt Eber. Seidel ist besonders das Ende der Paris-Wanderung im Gedächtnis haften geblieben, als sich Pilger aus vielen Ländern in einer Kirche der Seine-Metropole versammelten. »Das hat mich sehr an die Zeit der Wende in Ostdeutschland erinnert«, erzählt der Potsdamer. »Es lag eine Kraft in der Luft und das Gefühl, dass sich etwas bewegen wird.« (epd/G+H)

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