Predigttext
Grautöne

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Hören sie Mose und die Propheten nicht, so werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn jemand von den Toten auferstünde.Lukas 16, Vers 31

Sie würden den Wald nicht erkennen, selbst wenn ihnen ein Baum auf den Kopf fällt.“ Was so flapsig gesagt daher kommt, ist in den biblischen Texten oft mit dem verstockten Herzen beschrieben. Dann bleibt mir als außenstehender Betrachter nur Kopfschütteln: Merkt er das denn wirklich nicht? Das ist doch so offensichtlich.

Von Martin Olejnicki

Und ganz schnell bin ich beim Lesen des Predigttextes vom reichen Mann und dem armen Lazarus dabei zuzuordnen: Rein monetär und global betrachtet, zählen wir in Europa klar auf die Seite der Reichen. Und ich könnte jetzt – um nicht gleich mit einer Gerichtsansage einzusteigen – versuchen, über die Brücke der geistlichen Armut zu gehen, und hätte die Bergpredigt auf meiner Seite. Aber ich bleibe vielmehr am letzten Vers hängen. Denn diese Abraham in den Mund gelegten und in der Logik der Erzählung an den Reichen gerichteten Worte sprechen mich unmittelbar an: Lasse ich mich denn überzeugen? Im Blick auf das noch nicht so lange zurückliegende Osterfest mit seinen vielfach wiederholten „wahrhaftig“ habe ich es bezeugt.

Nur werde ich mit diesem Text geradezu herausgefordert zu fragen, ob dieses Osterereignis sich auch in irgendeiner Form in meinem konkreten Leben niederschlägt. Und damit stehe ich schon weit jenseits der Frage, ob ich mich selbst zu den Reichen oder eher zum „Team Lazarus“ zähle.

Im Zweifel machen beide keine gute Figur – zumindest im Blick auf ihr aktives Handeln. Der eine genießt sein Leben als Reicher, und der Lazarus ist selbst über den eigenen Tod hinaus der Prototyp des stillen Erdulders. Und auch wenn vielleicht das reformatorische Herz höher schlagen mag ob der sola-gratia Errettung des Lazarus, so bleiben meine Gedanken ganz bei der Frage hängen, ob ich mich habe wirklich überzeugen lassen. Schließlich ist mir – Mensch – gesagt, was gut ist: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor meinem Gott.

Und nun bin ich ganz bei mir. Bei meinem Leben hier und jetzt, ganz ohne Hunde und Geschwüre, aber auch nicht "alle Tage" herrlich und in Freuden. Irgendwo dazwischen und mächtig angefasst von diesem Text, der im ersten Blick nur schwarz und weiß kennt und mich als grauen Menschen fragend und hoffend zurücklässt.

Der Autor ist Pfarrer in Köthen. 

Martin Olejnicki, Pfarrer in Köthen | Foto: Martin Olejnicki
Autor:

Online-Redaktion

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