Wort zur Woche
Das Jenseits immer im Blick

Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen.
Lukas 12, Vers 35

Von Alf Christophersen, Theologieprofessor, Wuppertal

An vielen Stellen des Neuen Testaments wird eine apokalyptische Sprache aktiviert: die Rede ist von einem baldigen Ende der Welt, das mit Schrecken einhergeht, in dem der Kampf zwischen Gut und Böse, Licht und Finsternis entschieden wird. Es ereignet sich die sogenannte Parusie Christi: der Sohn Gottes kehrt am Ende der Zeiten wieder, um Gericht zu halten – sein Wille setzt sich gegen allen Widerspruch kraftvoll durch.
Doch was ist davon zu halten, wenn sich diese erhoffte Parusie verzögert? Jahre, Jahrzehnte, Jahrtausende vergehen, aber Christus kommt nicht zurück. Bereits im Urchristentum wird mit diesem Phänomen gerungen. Verschiedene Erklärungsmodelle entstehen. Einig sind sich jedoch alle darin, dass allein Gott entscheidet, wann es soweit ist. Seine Pläne bleiben menschlichem Zugriff entzogen.
Die beste Vorbereitung auf das plötzlich anbrechende Jenseits könnte deshalb gespannte Aufmerksamkeit sein. Bis heute sensibilisiert Lukas in seinem Evangelium dafür, dass permanente Bereitschaft erforderlich sei. Wer also umgürtet ist und die Lichter brennen lässt, verfügt über beste Voraussetzungen dafür, der dann wohl doch überraschend eintretenden Parusie sinnvoll begegnen zu können.
In ganz eigener Weise verband Martin Luther den Gedanken der richtenden Wiederkunft Christi mit der Auferstehung und dem jeweils eigenen Tod: Die Geschichte der Welt, ihre Chronologie, das Vorher und Nachher, lösen sich auf, sind vor Gott auf einer Ebene. Am 10. November 1532 hielt Luther eine Hauspredigt, in der es um das Leben und das Sterben ging. Sprachmächtig und seelsorgerlich formulierte er: »Alsbald die Augen zugehen, wirst du auferweckt werden. Tausend Jahre werden sein, gleich als wenn du ein halbes Stündlein geschlafen hättest. Gleich wie wir, wenn wir nachts den Stundenschlag nicht hören, nicht wissen, wie lange wir geschlafen haben, also noch viel mehr im Tode sind tausend Jahr hinweg. Ehe sich einer umsiehet, ist er ein schöner Engel.« Darauf darf der Mensch vertrauen.

Autor:

Online-Redaktion

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