Beate Hofmann
Bischöfin warnt vor Verlust der Streitkultur

Foto:  epd-bild/Andreas Fischer

Öffentliche Debatten geraten zunehmend in die Krise, der Respekt für andere Argumente scheint am Schwinden: Die Demokratie leidet, warnt die kurhessische Bischöfin Beate Hofmann, wenn sachliches und respektvolles Streiten durch Polemik ersetzt wird.

Frankfurt a.M. (epd). In Deutschland geht nach Ansicht von Bischöfin Beate Hofmann die Kunst des Streitens verloren. Diese Fähigkeit sei aber «fundamental für unsere Demokratie und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt», sagte die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck auf dem Jahresempfang des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer in Deutschland (aeu) in Frankfurt am Main: «Aus dem Ringen um das bessere Argument ist über weite Strecken pure Polemik geworden.» Zunehmend mehr Menschen verlernten das Streiten als gemeinsame Suche nach dem besten Weg, weil sie kaum noch auf Andersdenkende träfen.

«Die Streitkultur in unserem Land verändert sich gerade dramatisch», fügte Hofmann hinzu. In den sozialen Medien gelte häufig: «Wer etwas sagt oder schreibt, das mir nicht passt, dem schreibe oder schreie ich meine Verachtung und meinen Hass entgegen.» Meist geschehe das anonym, nicht von Angesicht zu Angesicht. Wer Hassmails oder Posts schreibe, sehe selten, was das mit dem Menschen mache, an den sie adressiert seien, sagte die Gastrednerin in der Deutschen Bank in Frankfurt: «Das ist anders, als Auge in Auge über etwas zu streiten.» Beispiel sei auch US-Präsident Donald Trump, der sagte, er «hasse» seine Feinde.

An Schulen sei ebenfalls zu beobachten, dass immer mehr Lehrkräfte über politische Themen wie den Nahostkonflikt, den Ukrainekrieg oder Migration nicht mehr sprechen wollten, weil sie Angst vor den Folgen
hätten: Proteste der Eltern, Aggressionen der Schülerinnen und Schüler oder Ärger mit den Kollegen. Zwar wahrten sie damit den Klassenfrieden, verhinderten aber, dass Schüler lernten, sich mit unterschiedlichen Positionen auseinanderzusetzen, erklärte die Bischöfin.

Studien zum gesellschaftlichen Zusammenhalt zeigen nach Hofmanns Worten, dass immer weniger Menschen an öffentlichen Debatten um politische oder gesellschaftliche Themen teilnehmen, «weil sie sich vor Verleumdung fürchten oder keinen Sinn mehr in dieser Art von Debatte sehen», sagte die nordhessische Bischöfin weiter. In den Wahlkämpfen der letzten Monate sei immer seltener sachlich über die besten Lösungen für die Herausforderungen der deutschen Gesellschaft gerungen worden: «Stattdessen werden Andersdenkende verunglimpft und Diskurse emotionalisiert.»

In Betrieben und Unternehmen, in Schulen und Sportvereinen müsse es Gelegenheiten geben, wo junge Menschen, die rechten Parolen hinterherlaufen, ins Nachdenken gebracht werden, andere Haltungen erleben, «auch Grenzen der Hetze und Menschenverachtung spüren», sagte Bischöfin Hofmann auch mit Blick auf die AfD.

«Wirtschaftliches Handeln braucht ethische Maßstäbe», ergänzte Bernd Leukert, Mitglied im Vorstand der Deutsche Bank AG und im aeu-Kuratorium. Der aeu-Vorsitzende Friedhelm Wachs betonte, das Gelingen der Gesellschaft hänge davon ab, dass alle Mitglieder jetzt ins Handeln kommen und sie mitgestalten.

Beate Hofmann war unter anderem Professorin für Diakoniewissenschaft und Diakoniemanagement an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel und forschte zum Thema Unternehmenskultur. Seit 2019 ist sie Bischöfin der kurhessischen Kirche mit Sitz in Kassel.

Der 1966 gegründete Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer in Deutschland e. V. (aeu) mit Sitz in Berlin versteht sich als Netzwerk protestantischer Unternehmer, Manager und Führungskräfte. Zu seinen Aufgaben gehören der Dialog mit Kirchenleitenden, die Organisation von fachlichem Austausch sowie Angebote zur Glaubensvergewisserung.

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