Wort zur Woche
Abschiednehmen zwischen Himmel und Erde

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 Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen.
Johannes 12, Vers 32

Christi Himmelfahrt feiern wir im Corona-Jahr anders als gewohnt. Viele Festgottesdienste im Grünen – abgesagt. Und wenn doch, dann bleibt die Fremdheit, Unsicherheit, das Angespanntsein. Und da ist die Traurigkeit darüber, was gerade nicht passieren kann. Mancher trauert um einen lieben Menschen. Himmelfahrt feiern und schwarz tra-gen – das ist schwer.
Vor ein paar Tagen las ich etwas, das mir die Himmelfahrt Christi dieses Jahr ein wenig verständlicher werden lässt. In der jüdischen Tradition ist man nach dem Tod für 40 Tage in einer Art Zwischenstadium, gewissermaßen zwischen Himmel und Erde. Die Gegenwart der Toten verschwindet für die Trauernden erst in dieser Zeit mehr und mehr. Dieses Gefühl ist mir nicht unbekannt, dass der Verstorbene gleich wieder zur Tür hereinkommt. Das nimmt mit der Zeit ab, ja, es wird weniger, verschwindet nie ganz. Bei den jüdischen Geschwistern heißt es: Nach 40 Tagen sei diese Zeit des intensiven Miteinanders vorbei.
40 Tage: Genau davon erzählen die Geschichten des Auferstandenen in der Bibel auch: Er ist da. Er kommt durch geschlossene Türen. Er begleitet auf traurig begangenen Wegen. Er teilt das Brot und ist am großen See bei der Arbeit dabei. Und dann, nach 40 Tagen, am Himmelfahrtstag: Das ist der Tag, an dem die körperliche Nähe Jesu ein Ende findet. Himmelfahrt ist der Tag, an dem er ganz von uns zu ihm, von seinen Jüngern zu Gott geht. 40 Tage, das sind sechs Wochen.
Sechs Wochen nach einer Trauerfeier besuche ich die Trauerfamilie noch einmal. In Zeiten von Corona tut es gut, sich über die Fußstapfen des oder der Verstorbenen zu unterhalten. Das Sechs-Wochen-Gespräch weitet den Raum. Christus hat durch seine Himmelfahrt einen Raum geschaffen, über irdische Grenzen hinweg. Seine wundersame Himmelfahrt bleibt etwas Paradoxes! Aber sie weitet uns im Gespräch miteinander doch den Raum des Verstehens. Dafür bin ich in diesem Jahr dankbar.
Friedemann Sommer, Pfarrer in Großwechsungen

Autor:

Online-Redaktion

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