Freitag, vor eins...
Unsere Seite 1 - Mittagessen vom Pfarrer

G+H Nr. 07 | Foto: G+H

Heute endet in Sachsen-Anhalt und Thüringen das Schulhalbjahr. Viele Kinder und Jugendliche haben in den vergangenen Monaten nicht nur Zensuren mit nach Hause gebracht, sondern auch das Coronavirus. Allein in Sachsen-Anhalt waren zum Stichtag 3. Februar von rund 195000 Schülerinnen und Schülern 7668 infiziert und weitere 5662 in Quarantäne. Die Zahlen haben sich seit Mitte Januar jede Woche nahezu verdoppelt; zum Schuljahresbeginn wurden im ganzen Land lediglich 100 infizierte Schüler gezählt. 

Die Schulen sind offen. Aber unter welchen Bedingungen und mit welchen Folgen? Dass Politiker gebetsmühlenartig das Wohlbefinden von Kindern einzig und allein an geöffnete Schulen koppeln, ist ziemlich verkürzt. Es verstellt den Blick auf die Voraussetzungen für gutes Lernen und darauf, was für die junge Generation außerdem wichtig ist, etwa Kontakte mit Gleichaltrigen und mit der hochbetagten Oma, ein stabiles Familienumfeld und Sport- und Freizeitmöglichkeiten. 

Immer noch ist die psychische Belastung von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie hoch. So berichtete es in dieser Woche der Evangelische Pressedienst und zitierte eine Studie der Uniklinik Hamburg-Eppendorf. Acht von zehn Befragten fühlen sich belastet. Betroffen sind vor allem Jungen und Mädchen aus armen Familie. Das Erleben der Belastung habe im Pandemieverlauf zunächst zugenommen und sich zuletzt auf hohem Niveau stabilisiert. Psychosomatische Symptome wie Gereiztheit, Einschlafprobleme und Niedergeschlagenheit seien weiterhin deutlich häufiger. Kopf- und Bauchschmerzen hätten sogar noch einmal leicht zugenommen.

Erinnern Sie sich noch an die wohlige Welle der Solidarität im ersten Lockdown? Das Gefühl: Ja, das ist alles neu und beängstigend, aber zusammen können wir es schaffen. Spontan organisierten sich die Nachbarschaftshilfen: einkaufen für die ältere Nachbarin, Posaunenklänge vor Seniorenheimen, Klatschen für Pflegekräfte vom Balkon aus, mutmachende Briefe für alleinlebende Senioren. Auch die Kirchen waren kreativ und nah dran.

Aber Familien wurden dabei selten als die fragilen und vulnerablen Systeme erkannt, die sie sind - besonders in prekären sozio-ökonomischen Verhältnissen. Das ist bis heute so. Im Brandenburger Landtag ist in dieser Woche eine repräsentative Studie vorgestellt worden: Demnach spielen die Kirchengemeinden und kirchliche Verbände für viele Familien keine Rolle.  Nur 1,7 Prozent von 1500 befragten Müttern und Vätern konnten laut Umfrage während der Pandemie Kontakt zu Kirchengemeinden halten. Mich würde interessieren, wie es andersherum wahrgenommen wird. Konnten die Kirchen Kontakt halten? Haben sie es versucht? Wenn ja, wie sahen diese Angebote für Familien aus? Hat bei Ihnen während des Lockdowns oder in der Quarantäne der Pfarrer ein warmes Mittagessen vor die Türe gestellt oder die Katechetin per Zoom aus der Bibel vorgelesen?

Kinder aus stabilen familiären Verhältnissen werden die Pandemie und ihre Belastungen wahrscheinlich gut meistern, sagt Ulrike Ravens-Sieberer, die Studienleiterin vom Uniklinikum Hamburg-Eppendorf. Und was ist mit denen, für die Zuhause kein sicherer Ort ist? Die Wohngruppen und Jugendhäuser sind besonders belastet, berichtet Björn Johansson von der Diakonie Mitteldeutschland. Er macht in unserer aktuellen Ausgabe in dem Beitrag "Die verlorenen Kinder" auf die schweren Traumata und folgende Stigmatisierungen und Herausforderungen aufmerksam. 

Daneben widmen wir uns schwerpunktmäßig dem Thema Impfpflicht. Die Unsicherheit, wie und ob das Gesetz nun umgesetzt wird, ist in den Artikeln meiner Kollegin Beatrix Heinrichs förmlich mit Händen zu greifen.  Bitte lesen Sie diese Texte und schreiben Sie uns, wenn Sie mögen, Ihre Meinung. Gute Lektüre!

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Autor:

Katja Schmidtke

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