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Nun danket alle Gott

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Von Willi Wild

Der 3. Oktober ist diesmal an einem Sonnabend vor Erntedank und verschwindet relativ unauffällig im Wochenende. Gut, die Geschäfte bleiben geschlossen, aber ansonsten steht den gewohnten Tätigkeiten nichts im Wege. Dazu passt das Ergebnis einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov: Der Tag der Deutschen Einheit hat für jeden zweiten Deutschen keine besondere Bedeutung. Die Erkenntnis ist nicht neu. Schon vor 30 Jahren verspürten viele keine Lust zum Feiern. Zu stark drückten existenzielle Sorgen. Die Freude des 9. November 1989 schien verflogen.
Dieser Tage rief mich ein Leser an und bat, ob wir nicht künftig ohne die Vorsilbe „Ost“ und „West“ auskommen könnten. Sollten wir? Immerhin liegt die Teilung Deutschlands schon so weit zurück, dass eine von vier Personen keine Erfahrung damit hat. Auf der anderen Seite erlebe ich auch unter Jüngeren, dass die ostdeutsche Herkunft und Prägung als identitätsstiftend wahrgenommen wird. Ich bin mir durchaus bewusst, dass falsch verstandener Patriotismus zuweilen auch giftige Blüten treibt.
Seit 1990 wurden große Anstrengungen unternommen, um Ost- und West-Deutschland zusammenwachsen zu lassen. Daran haben auch die Kirchen und Gemeinden ihren Anteil. Vieles ist zur Normalität und Selbstverständlichkeit geworden. Der Historiker Karl-Heinz Janßen schrieb vor 30 Jahren in der „Zeit“: „Nicht Pathos ist angesagt, wohl aber Besinnung und Demut." Ich möchte dem die Dankbarkeit hinzufügen. Bei der Einheitsfeier am 3. Oktober 1990 vor dem Reichstag wurde der Choral „Nun danket alle Gott“ gesungen. Damals ist Unfassbares und scheinbar Unmögliches Realität geworden. Dafür bin ich auch heute Gott dankbar, „der große Dinge tut an uns und allen Enden“.

Autor:

Online-Redaktion

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