40 Jahre Friedensgebete in Leipzig
Keine Demo ohne Gebet

Das Schild für den Fahrradständer stammt aus dem Jahr 1985, jener Zeit, als sich in Ostdeutschland Resignation breit machte. 
Die Friedensgebete hier waren der Ausgangspunkt die friedlichen Demonstrationen auf dem Altstadtring. | Foto: epd-bild/Norbert Neetz
  • Das Schild für den Fahrradständer stammt aus dem Jahr 1985, jener Zeit, als sich in Ostdeutschland Resignation breit machte.
    Die Friedensgebete hier waren der Ausgangspunkt die friedlichen Demonstrationen auf dem Altstadtring.
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Begonnen haben die Friedensgebete in Leipzig 1982 als Protest gegen die fortschreitende Aufrüstung im Kalten Krieg. Schon bald griffen sie auch andere Missstände der DDR auf und entwickelten sich schließlich zu einem festen Treffpunkt: Immer montags, 17 Uhr, kamen Menschen in der Nikolaikirche zusammen. Das ist – mit Ausnahme der Sommerpause – bis heute so.
Für die Oppositionellen in der DDR waren die Kirchen ein geschützter Raum. Es sei wichtig gewesen, dass sich Menschen öffentlich äußern konnten, die sonst dazu keine Chance bekommen hätten, sagt der damalige Leipziger Superintendent, Friedrich Magirius. Es sollten ihm zufolge aber «keine Provokationen» gegen den Staat entstehen. Aber so einfach war das nicht. Es habe «eine starke Politisierung der Friedensgebete» gegeben, erinnert sich die DDR-Bürgerrechtlerin Gesine Oltmanns. Kritik am SED-Staat wurde offen ausgesprochen. Doch nicht jedes Gemeindemitglied und jeder Kirchenvertreter waren damit einverstanden. Es habe daher nicht nur Auseinandersetzungen mit dem Staat gegeben, sondern auch mit den Verantwortlichen in der Kirche.
Im Sommer 1988 wurde den kritischen Basisgruppen und kirchlichen Laien untersagt, wie bisher Friedensgebete eigenverantwortlich zu gestalten. Aber der Protest ging weiter: Von Oktober 1988 an informierten die Gruppen vor, statt in der Kirche.
Knapp ein Jahr später fand die erste Montagsdemonstration statt, die ihren vorläufigen Höhepunkt am 9. Oktober 1989 fand, als in Leipzig rund 70 000 Menschen für Demokratie und Freiheit auf die Straße gingen.
Noch immer sei für die Friedensgebete die Nikolaikirche «der Ort, an dem man sich versammelt, wenn es brennt», sagt Oltmanns. So sei es auch wieder gewesen, als im Februar 2022 Russland den Krieg in der Ukraine be-gann.
Der Montagstermin ist heute im städtischen Bewusstsein fest verankert. «Es gab keine Montagsdemonstrationen ohne Friedensgebet», sagt der amtierende Pfarrer der Nikolaikirche, Bernhard Stief. Von den Gebeten sei der Aufruf zu Gewaltlosigkeit ausgegangen. Auch deshalb seien die Proteste 1989 gewaltfrei verlaufen.
Katharina Rögner (epd)

Tipp: Friedensgebet zum 40-jährigen Jubiläum mit anschließendem Vortrag und Podiumsdiskussion, 14. November, ab 17 Uhr, Nikolaikirche Leipzig

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Online-Redaktion

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