Die Weltsynode in Karlsruhe

"Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt", so lautet das Thema der ÖRK-Vollversammlung vom 31. August bis 8. September in Karlsruhe. Der Schlossgarten, gesehen vom Schlossturm. Hinten links die evangelische Stadtkirche. Zu dem Treffen werden Tausende Teilnehmer von Kirchen aus aller Welt erwartet. | Foto: epd-bild/Christine Süß-Demuth
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  • "Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt", so lautet das Thema der ÖRK-Vollversammlung vom 31. August bis 8. September in Karlsruhe. Der Schlossgarten, gesehen vom Schlossturm. Hinten links die evangelische Stadtkirche. Zu dem Treffen werden Tausende Teilnehmer von Kirchen aus aller Welt erwartet.
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Weltkirchenrat: Zum ersten Mal sind die Delegierten der Weltkirchenkonferenz in Deutschland zu Gast. Der badische Oberkirchenrat Marc Witzenbacher leitet das Koordinierungsbüro der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK). Mit ihm sprach Willi Wild.

Wer oder was ist der ÖRK, der Ökumenische Rat der Kirchen?
Marc Witzenbacher: Es handelt sich dabei um die älteste und größte ökumenische Organisation der Welt. Nach dem Zweiten Weltkrieg 1948 wurde der ÖRK in Amsterdam bei der ersten Vollversammlung gegründet. Damals versammelten sich unterschiedliche Konfessionen, um die Einheit zu fördern. Mittlerweile gibt es 350 Mitgliedskirchen in 110 Ländern, die rund 600 Millionen Christen weltweit repräsentieren.

Warum ist ausgerechnet die größte christliche Kirche, die katholische, nicht Mitglied im ÖRK?
Das hat strukturelle Gründe. 1,2 Milliarden Katholiken würden sonst 600 Millionen ÖRK-Mitgliedern gegenüberstehen und damit für ein Übergewicht sorgen. Daneben gibt es aber auch inhaltliche Gründe. Aber seit dem 2. Vatikanischen Konzil unterhält die katholische Kirche sehr enge Beziehungen zum ÖRK. Insofern kann man schon sagen, dass der ÖRK ein Abbild der Weltgemeinschaft der Christen ist. Hier sind die Orthodoxie, die anglikanische Kirche, Pfingstkirchen, unierte und natürlich protestantische Kirchen miteinander verbunden. Man kann den ÖRK als die Stimme der Christenheit in der Welt bezeichnen.

Alle sieben bis acht Jahre treffen sich die Delegierten zur Vollversammlung. Diesmal ist Karlsruhe Austragungsort der 11. Vollversammlung. Warum?
Zum ersten Mal überhaupt in der über 70-jährigen Geschichte des ÖRK tagt die Vollversammlung in Deutschland. Bislang war man auch erst zweimal in Europa, nach Amsterdam 1968 in Uppsala. Eigentlich hätte damals in Schweden Martin Luther King sprechen sollen, aber er war drei Monate zuvor ermordet worden. Seitdem hat die Antirassismusarbeit im ÖRK einen wichtigen Stellenwert.
Zwei Städte standen für die 11. Vollversammlung zur Auswahl: Kapstadt oder Karlsruhe. Europa war wieder einmal „dran“. Die Themen, die auf der Agenda der europäischen Kirchen liegen, beschäftigen die ganze Welt. Beispielsweise die Frage, wie sich Kirche im säkularen Umfeld bewegt. Karlsruhe bot sich an, weil die Stadt in Grenznähe zu den ebenfalls gastgebenden Kirchen in Frankreich und in der Schweiz liegt. Die Vorbereitungen zur Vollversammlung laufen so grenzübergreifend wie möglich.
Wir haben eine Einladung nach Europa ausgesprochen und eben nicht nur nach Deutschland oder Karlsruhe.

Wie ausgeprägt ist die Ökumene in der Stadt selbst?
Vor allem die beiden großen Kirchen arbeiten sehr eng und vertrauensvoll zusammen. Es gibt eine lebendige Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Karlsruhe, der 27 unterschiedliche Kirchen angehören. Die Vollversammlung kann da ein Motor sein, die multilateralen Kirchen in den Blick zu nehmen und nicht nur die zwei großen „Elefanten“. Ich erlebe, dass sich auch die internationalen Karlsruher Gemeinden stark in die Vorbereitungen einbringen. Und ich erwarte starke Impulse von der Vollversammlung auch für die Kirchen vor Ort.

Wie qualifizieren sich die Delegierten für die Vollversammlung?
Die Kirchen werden gebeten, eine Delegation zusammenzustellen. Die Evangelische Kirche in Deutschland kann neun Delegierte entsenden. Insgesamt gibt es 800 Delegierte aus den 350 Mitgliedskirchen. Die Zusammensetzung der Delegationen wird vom ÖRK vorgegeben, beispielsweise was das Verhältnis von Männern und Frauen oder von Ordinierten und Nichtordinierten anbelangt. Ein Viertel der Delegierten sollte unter 30 Jahren alt sein. Die Quote wird nicht überall erreicht, aber am Ende soll es einen Querschnitt aus den Kirchen ergeben.

Beschlüsse der Vollversammlung werden nicht als Mehrheitsentscheidungen gefasst, sondern nach einem Konsensverfahren. Wie muss man sich das vorstellen?
Der ÖRK möchte eine Gemeinschaft sein, die nicht von Mehrheiten bestimmt wird. Man möchte sich lieber auf einen möglichst breiten Konsens verlassen. Bei den Abstimmungen gibt es orangene und blaue Karten. Die orangene Karte signalisiert Zustimmung. Mit der blauen Karte zeigen die Delegierten an, dass sie Vorbehalte haben. Nur wenn es am Ende ganz wenige blaue Karten sind, ist der Konsens erreicht. Natürlich dauert es mitunter, bis man da zu einem Ergebnis kommt.

Welche Konsequenzen haben die Beschlüsse?
Für die Mitgliedskirchen sind die Beschlüsse nicht bindend, weil es sich um eine freiwillige Gemeinschaft handelt. Der ÖRK kann keiner Kirche etwas vorschreiben. Aber die Kirchen haben sich verpflichtet, die Beschlüsse ernst zu nehmen und zu versuchen, sie umzusetzen.

Was ist der kleinste gemeinsame Nenner der Mitgliedskirchen?
Das ist die sogenannte Basisformel, auf die sich die Mitgliedskirchen verständigt haben: „Der ÖRK ist eine Gemeinschaft von Kirchen, die den Herrn Jesus Christus gemäß der Heiligen Schrift als Gott und Heiland bekennen und darum gemeinsam zu erfüllen trachten, wozu sie berufen sind, zur Ehre Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Zudem wird es ein Einheitsstatement geben, in dem es darum gehen soll, wie die sichtbare Einheit der Kirchen gestärkt werden kann, welche Faktoren dafür nötig sind, und was sie verbindet. Grundlage ist ein Papier von 2013 mit dem Titel „Die Kirche auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision“.

Was haben die Kirchenmitglieder in Mitteldeutschland von der Kirchenversammlung?
Genau das, was ich schon für Karlsruhe beschrieben habe: Dass wir über den eigenen Kirchturm hinausschauen in die Welt und die weltweite Christenheit in den Blick nehmen. Es geht um Impulse und Erfahrungen aus anderen Kirchen, die man bedenken und vielleicht übertragen kann. Aber das funktioniert natürlich auch umgekehrt, dass wir unsere Erfahrungen und Traditionen mit anderen teilen.
Letzten Endes kann damit eine Glaubensstärkung verbunden sein, zu erleben, dass wir Christen eine starke Stimme in der Welt haben wollen und eine große Gemeinschaft sind.

Autor:

Online-Redaktion

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