Folge 9 – 1938 und 1939
Vom Eid der Thüringer Pfarrer auf Hitler

In der ersten Januarausgabe der Kirchenzeitung von 1938 veröffentlicht der Landeskirchenrat einen Text, der eine Verordnung vom Dezember 1937 aufnimmt.

Von Dietlind Steinhöfel

Darin heißt es, dass der Staat anerkennt, "daß allein dem Landeskirchenrat als der derzeitig im Amt befindlichen Kirchenregierung die Leitung der Thüringer evangelischen Kirche zusteht". Damit seien dem "sog. Landesbruderrat der luth. Bekenntnisgemeinschaft alle kirchenregimentlichen Zuständigkeiten endgültig ent-zogen".

Im März 1938 wird die Besetzung Österreichs als "Werk der volksdeutschen Einigung" gefeiert. "Sichtbar hat der allmächtige Gott das Werk des Führers gesegnet", heißt es in der Kanzelabkündigung, die in der Zeitung abgedruckt wurde.

Immer häufiger wird nun auch gegen "alles Jüdische" vorgegangen. So ist von "wesensfremden Einflüssen" die Rede oder "artgemäßer Gestaltung" des Lebens. "Judentum und Christentum stehen sich wie zwei feindliche Welten gegenüber", ist in der Bibelauslegung zu Johannes 9, Vers 1 bis 11 zu lesen.

Das gipfelt in den kommentierenden Beiträgen, die nach der Reichspogromnacht Ende November 1938 erscheinen. "Der Kampf gegen die jüdische Weltgefahr ist in ein entscheidendes Stadium getreten", ist zu lesen. Im Dezember titelt ein Beitrag "Luthers Vorschläge zur Lösung der Judenfrage". Der Autor des Textes urteilt: "Die Lösung der Judenfrage auf rassistischer Grundlage ist die Großtat des Nationalsozialismus." Jesus selbst wird immer wieder als jemand dargestellt, der das Judentum bekämpft: "Einen unerbittlicheren Judengegner als Jesus gibt es kaum" (Nr. 50/1938).

Am 9. April 1938 werden die Thüringer Pfarrer in der Hofkirche zu Weimar "auf den Führer" vereidigt. Die Rede von Landesbischof Sasse wurde in der Kirchenzeitung abgedruckt. Darin sagt er, welch beglückendes Ereignis dies sei, auf das man lange gewartet habe, es jedoch aufgrund der Kirchenstreitigkeiten noch nicht vollziehen konnte. 200 Pfarrer erlebten die "große deutsche Stunde", so Sasse.

In derselben Ausgabe "schreitet die Thüringer Kirche" bei der "Entjudung der Kirche" voran und hat ein Gesetz erlassen, das Juden verwehrt, Mitglieder der Thüringer Kirche zu werden. Wer vor dem Gesetz eingetreten sei, von dem werde keine Kirchensteuer mehr erhoben. Landeskirchenleiter aus zehn Landeskirchen sowie aus Österreich beschließen die Gründung "eines Instituts zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das kirchliche Leben des deutschen Volkes", das im Mai 1939 gegründet wird.

Zum Krieg, der im September 1939 begann, schreibt Bauer in der Weihnachtsausgabe zum Thema Liebe und über die Männer im "grauen Ehrenkleid": "Wo aber wäre die größere Liebe als dort, wo Menschen Leib und Leben wagen, um dem Unfrieden zu wehren und dem Einbrechen des Feindes in unsere Heimat sich entgegenstellen."

Fundstücke
Pfarrerssöhne: Staatsminister a. D. Hartnacke schreibt in einem Artikel über das evangelische Pfarrhaus: "Die Erbüberlegenheit der Pfarrerssöhne beruht ganz zweifellos auf der Beiderseitigkeit der geistigen Auslese."
Schriftleitung: Pfingsten 1938 wird bekanntgegeben, dass die Kirchenzeitung einen neuen Chefredakteur hat: Alfred Männel. Allerdings steht dann in der ersten Ausgabe 1939 wieder der alte Schriftleiter Bauer – ohne Erklärung. Ab da erscheint "Glaube und Heimat" wieder monatlich.
Frauenbild: Die religiöse Aufgabe der Frau im Dritten Reich wird so beschrieben: "Ihre Welt ist ihr Mann, ihre Kinder und das Haus."
Entdeckung: Im Oktober 1939 wird über die Freilegung mittelalterlicher Fresken in der Liboriuskapelle in Creuzburg geschrieben. Dazu gehört das "Weltgericht", das um 1500 entstanden sein soll. 

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Autor:

Online-Redaktion

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