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FOLGE 15 – 1954 UND 1955
Streitfall: Konfirmation oder Jugendweihe

Als sich die Außenminister der vier Großmächte Anfang 1954 in Berlin treffen, wird dies von der Thüringer Kirche voller Hoffnung begrüßt.

Von Dietlind Steinhöfel

Der Bruderrat der Bekennenden Kirche Deutschlands bittet die Schwesterkirchen in Großbritannien, Nordamerika, Frankreich und der Sowjetunion, ihren Regierungen den Ernst der Lage "zum Bewusstsein zu bringen". Die Zusammenkunft bleibt allerdings ohne Ergebnis.

Hoffnungsvoll für die Christen in Deutschland gestalten sich die gemeinsamen Kirchentage, die seit 1949 jährlich gefeiert werden und als Laienbewegung große Resonanz finden. 1954 wird zum Kirchentag nach Leipzig eingeladen. Kamen 1949 nach Hannover 9000 Besucher, waren es 1950 schon 90 000 in Essen, 1951 in Berlin 200 000, im Jahr darauf 220 000 in Stuttgart, 250 000 im Jahr 1953 in Hamburg. "Seid fröhlich in der Hoffnung", heißt es dann 1954 in Leipzig. Die Besucherzahl wird in der Kirchenzeitung mit 650 000 an-gegeben.

Sonderzüge in Ost und West machen die Teilnahme möglich. Der Kirche wird sogar von staatlichen Stellen gestattet, die aus den westlichen Kirchen Anreisenden auf dem Grenzbahnhof Wartha mit Posaunenchor und Ansprache zu begrüßen. Für die Christen sind die Kirchentage wichtige Zeugnisse der Zusammengehörigkeit. 
Das Jahr 1955 durchzieht eine tiefgreifende Diskussion: Im Jahr 1954 wurde erstmals in der DDR die Jugendweihe angeboten. Das veranlasste Landesbischof Mitzenheim, in der Neujahrsausgabe dazu Stellung zu nehmen. "Wir teilen eure Sorge, daß eure Kinder genötigt werden könnten, einer Weltanschauung zuzustimmen, die den lebendigen Gott leugnet und Jesus Christus, unsern Herrn, ablehnt. Wir müssen verhindern, daß unsere Kinder zwischen den Widersprüchen zerrieben werden und ihren Glauben verlieren." Er weist auf die Verordnung der Kirche von 1930 hin, nach der sich Jugendweihe und Konfirmation ausschließen. Oberkirchenrat Gerhard Säuberlich erläutert dies ausführlich in Nr. 4/1955.

Es gibt ein Gespräch mit Thüringer Bezirksräten zu diesem Thema, in dem diese betonen, dass der Staat nichts mit der Jugendweihe zu tun habe. Kirchlicherseits wird angemerkt, dass Konfirmation oder Jugendweihe eine Entscheidung des Glaubens und nicht politisch sei. Dass Lehrer für die Jugendweihe werben würden, so die staatliche Aussage, sei eine freiwillige Sache und keine Anweisung der Schulräte. Kinder und Eltern hätten bei ihren Entscheidungen keine Nachteile zu befürchten. Andererseits fordert der zentrale Ausschuss für Jugendweihe in seiner Broschüre auf, Eltern sollten verlangen, dass die Teilnahme an Jugendweihe und Konfirmation nebeneinander geschehen könnte. Die Kirche würde mit ihrer Weigerung gegen die "Glaubens- und Gewissensfreiheit" verstoßen, was in der Nr. 44/1955 von Oberkirchenrat Gerhard Lotz, einem Juristen, in der Kirchenzeitung richtiggestellt wird.

Fundstücke
Kriegsgefangene: Martin Niemöller, Präsident des ÖRK, wendet sich im Jahr 1954 an den Patriarchen von Moskau mit der Bitte, sich für die Rückkehr der deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion einzusetzen.
Übergriffig: Der Leitende Bischof der VELKD, Hans Meiser, erhebt entschieden Einspruch gegen den "bedauerlichen Übergriff" des Fuldaer Katholikentages im September 1954, auf dem die "Weihe des deutschen Volkes an das unbefleckte Herz Mariens" vollzogen wird.
Zitat: "Wenn wir vom christlichen Glauben reden, dann meinen wir damit nicht ein Ornament, sondern das Fundament unseres Lebens." Hanns Lilje, stellvertretender Ratsvorsitzender der EKD
Amtstracht: Die Kirchenleitung von Hessen und Nassau beschließt eine einheitliche Amtstracht für Vikarinnen einzuführen: ein dem Talar ähnlicher Chorrock – ohne Beffchen, dafür mit "hemdblusenähnlichen Ecken".

Autor:

Online-Redaktion

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