Serie "Buga, Bibel, Botanik" (11)
Geschichte im Küchenschrank

Kochen Sie auch gern mal einen Linseneintopf? Dabei denkt wohl kaum einer daran, dass die Linse eine der ältesten Kulturpflanzen der Welt ist. Einige Linsenfunde in steinzeitlichen Siedlungen sind 20 000 Jahre alt. Getrocknete Linsen sind praktisch unbegrenzt haltbar, wenn sie trocken und kühl aufbewahrt werden.

Die Heimat der Linse ist der „Fruchtbare Halbmond“, jene Region, die sich wie eine Mondsichel in einem weiten Bogen vom Süden des Irak über den Norden Syriens, den Libanon, Israel, Palästina und Jordanien erstreckt. In den Hochkulturen Ägyptens und Mesopotamiens waren Linsen ein Hauptnahrungsmittel. Seit etwa 5000 Jahren sind Linsen auch in Europa heimisch, werden jedoch bei uns kaum noch angebaut. Die größten Linsenproduzenten sind heute Kanada und Indien. Linsen sind ideale Eiweißlieferanten und machen lange satt. In Notzeiten hat man die Linsen auch gemahlen und zu Brot verbacken. Dieses „Arme-Leute-Essen“ wird schon in der Bibel beim Propheten Hesekiel erwähnt. Er sollte sich aus Linsen und anderen Feldfrüchten ein Brot herstellen und so zeichenhaft auf die drohende Not hinweisen.

Die bekannteste Linsengeschichte ist jedoch, wie Jakob seinem Bruder Esau für einen Teller Linsen dessen Erstgeburtsrecht abhandelt. In biblischer Zeit bezeichnete das Erstgeburtsrecht, dass der erstgeborene Sohn nach dem Tod des Vaters der neue Führer der Sippe sein wird. Als Esau von der Jagd hungrig nach Hause kommt, fragt er seinen jüngeren Zwillingsbruder Jakob: „Was kochst du da Rotes?“ Es sind rote Linsen, übrigens die erste Erwähnung dieser Feldfrucht in der Bibel. Esau will nur sein augenblickliches Hungerbedürfnis stillen, was dies für die Zukunft bedeutet, interessiert ihn nicht. Doch der schlaue Jakob denkt über den Moment hinaus. Dieses „Linsengericht“ aus dem Alten Testament wurde im Deutschen zum geflügelten Wort für Situationen, in denen jemand für einen augenblicklichen kleinen Vorteil die Zukunft verspielt. Vielleicht regt Sie diese biblische Geschichte an, in dieser Woche einmal darüber nachzudenken: Was ist unser „Linsengericht“ heute?

Gartenpfarrer Johannes Schmidt

Autor:

Online-Redaktion

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