Episode 21: Warum Essig in Vorderasien besser schmeckt
Das Blut der Trauben

Foto: epd-bild/Norbert Neetz

Serie »Buga, Bibel und Botanik« Getränke spielten im Alltag Israels eine bedeutende Rolle. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr war gerade angesichts der oft großen Hitze in diesem Land überlebensnotwendig.
Neben Muttermilch und Wasser ist der Wein eines der ältesten Getränke. Den Beginn des Weinbaus schreibt die Bibel übrigens Noah zu. Die zur Vergärung notwendige Hefe lieferten die Traubenschalen, sodass ein Weinstock alle notwendigen Voraussetzungen zur Weinherstellung mitbrachte.
Das Wort „Wein“ wird etwa 200 Mal in der Bibel erwähnt. Diese holzige Kletterpflanze findet mit ihren starken Wurzeln auch auf felsigem Grund Halt. Das Holz kann nur als Brennholz verwertet werden. Die Früchte des Weins zählen im Heiligen Land zu den drei Hauptnahrungsmitteln. Sie werden als Gottesgabe gerühmt. Der Prophet Micha schreibt: „Jeder wird unter seinem Weinstock und Feigen-baum wohnen, und niemand wird sie schrecken.“ So ist der Wein auch ein Zeichen des Friedens. Er gilt in der Bibel als ein Symbol der Lebensfreude und Nähe Gottes.
Bei aller Mühe und Sorgfalt konnte es geschehen, dass der Wein „umkippte“, und man so Essig erhielt. Im heißen Klima Vorderasiens säuert der Essig nicht so stark wie bei uns. Ein Gast aus Palästina sagte mir einmal : „In Deutschland ist der Essig sauer, bei uns ist er süß.“
Deshalb war auch zu biblischer Zeit der Essig ein beliebtes Getränkt der Landarbeiter und Soldaten. In der Passionsgeschichte lesen wir, dass Jesus am Kreuz Essig gereicht bekommt. Wir Mitteleuropäer verstehen dies als eine Steigerung der Verspottung. Mit Wissen um den Kontext liest sich diese Begebenheit jedoch ganz anders. Die römischen Soldaten teilten nämlich eigentlich ihre eigene Getränkeration mit dem gekreuzigten Jesus. Es war also keine Herabwürdigung, keine weitere erniedrigende Tat, sondern vielmehr ein Akt der Barmherzigkeit.
Sie sehen, die Beschäftigung mit der Botanik, und so auch mit den Lebens- und Verhaltensweisen der Menschen im Heiligen Land, ermöglicht es, den Sinn mancher Bibelstellen anders, neu oder sogar besser verstehen zu können.
Gartenpfarrer Johannes Schmidt

Autor:

Online-Redaktion

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