Nachruf
Zum Heimgang von Präses Jürgen Runge

Präses Jürgen Runge | Foto: Archiv

Die evangelische Kirche gedenkt ihres Präses Jürgen Runge, dessen irdisches Leben sich am 4. Januar vollendet hat. Er hat unsere Kirche geprägt, und die Kirche hat ihm viel zu verdanken. 27 Jahre (1980–2007) war er Synodaler der Kirchenprovinz und Mitglied der Kirchenleitung. Davon zwei Legislaturperioden (1994–2004) Präses der Synode.
Zum Präsesamt gehörte in der Kirchenprovinz eine besondere Funktion: der Sitz im Rat der Kirchenleitung, dem Dreierkollegium aus Präses, Bischof und Konsistorialpräsidentin. Dieser Rat hatte – im Auftrag der Kirchenleitung – fast alle Personalentscheidungen unserer Kirche zu treffen und andere Beschlüsse vorzubereiten. Außerdem wirkte Dr. Runge in der Bundes- und der EKU-Synode mit. Auch die Überlegungen zum Zusammengehen der Kirchen von Thüringen und der Kirchenprovinz hat er begleitet.
Dabei hatte er auch noch einen „richtigen“ Beruf in dem Chemischen Kombinat Buna. Der habilitierte Chemiker und leidenschaftliche Naturwissenschaftler Jürgen Runge war dort Forschungsgruppenleiter. Er hat es hingenommen und in seiner großen Bescheidenheit nie darüber geklagt, dass sein kirchliches Engagement seinem beruflichen Fortkommen wirklich geschadet hat. In der Wendezeit ist er dann noch arbeitslos geworden.
In dieser Zeit saß Präses Dr. Runge schließlich dem „Vertrauensrat“ vor, der mit der Überprüfung der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter unserer Kirche wegen möglicher Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheitsdienst der DDR beauftragt war. Zusammen mit Frau Elsa Girnus und Superintendent i. R. Helmut Hartmann mussten sie die Auskunftsberichte der „Gauckbehörde“ lesen und dann mit den Betroffenen Gespräche führen. Am Ende hatten sie zu entscheiden, ob sie dem Konsistorium empfehlen sollten, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Diese Gespräche müssen sehr belastend gewesen sein. Vor der Synode berichtet Jürgen Runge (1995):
„Die Gespräche werden oft schwierig an der Stelle, wo eine Beurteilung der Sachlage versucht wird. Besonders Frauen und Männer im Pfarrdienst, aber auch langjährige aktive Laiensynodale und kirchliche Angestellte reagieren empfindlich, gereizt, beleidigt, wenn sie auf eigenes Versagen und auf eigne Schuld angesprochen werden. … Was ist in unserer evangelischen Kirche los, die so viel von Gnade und Schuldvergebung spricht?“
Für ihn galt: „Die Wahrheit wird euch frei machen.“ (Johannes 8,32). Er hat sich diesen Vers für seinen Grabstein ausgesucht. Gott möge ihn im Frieden ruhen lassen und schließlich eine fröhliche Auferstehung schenken.

Altbischof Axel Noack

Autor:

Online-Redaktion

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