Nachgefragt
Christ in Uniform: Frieden – notfalls mit Waffengewalt

Generalmajor Ruprecht von Butler  | Foto: Bundeswehr/Oliver Schmidt
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Russlands Krieg gegen die Ukraine stellt nicht nur die friedensethischen Positionen der Kirchen infrage, sondern auch die Bundeswehr vor Herausforderungen. Ruprecht von Butler, Generalmajor und EKD-Synodaler aus Thüringen, ist überzeugt, dass die Streitkräfte für ihren Kernauftrag gerüstet sein sollten. Willi Wild hat den Kommandeur der 10. Panzerdivision dazu befragt.

Der Friedensbeauftragte der EKD, Friedrich Kramer, hat sich klar gegen deutsche Waffenlieferungen in die Ukraine ausgesprochen. Können Sie seine Position nachvollziehen?

Ruprecht von Butler: Der Russland-Ukraine-Krieg macht mich tief betroffen. Wir erleben damit alle eine Zeitenwende, von der ich gehofft hatte, sie nie erleben zu müssen. Ein Narrativ „ohne Waffen, kein Krieg“, klingt so schön bestechend logisch, und wir sollten die Hoffnung dazu nicht aufgeben. Leider zeigen aber Jahrtausende der Menschheitsgeschichte, dass ein solches Narrativ nicht greift. Frieden hat immer nur dort geherrscht, wo die Erkenntnis gereift ist, dass die Durchsetzung politischer Ziele mit militärischer Gewalt eben keinen Erfolg haben wird oder der Preis dafür einfach zu hoch ist. Die Ukraine kämpft auch für unsere Freiheit. Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen, denn es würde suggerieren, dass im 21. Jahrhundert ein großflächiger Angriff eines Staates auf seine Nachbarn Erfolg haben könnte. Deshalb müssen wir die Ukraine in ihrer Selbstverteidigung unterstützen.

Inwieweit hat dieser Krieg die Sicherheitslage für die Bundeswehr verändert?

Schon die völkerrechtswidrige Annexion der Krim hat uns deutlich gemacht: Wir müssen für unseren Kernauftrag bereit sein – die Landes- und Bündnisverteidigung. Mir wäre es viel lieber, wir könnten Haushaltsmittel für andere Dinge ausgeben, als uns für einen Konflikt zu rüsten. Aber leider zeigt sich in der Ukraine, dass wir nur mit materiell und personell guter Aufstellung weitere Kriege in Europa verhindern können. Auch das muss in Balance geschehen. Wir können nicht von den transatlantischen Partnern verlangen, sich für unsere Freiheit einzusetzen, wenn wir selbst nicht dazu bereit sind, die notwendigen Mittel dafür aufzubringen.

Wie geht die Truppe mit der Bedrohung um? Welche Rolle spielt dabei die Militärseelsorge?

Natürlich verändert sich die Wahrnehmung. Der Krieg in Europa ist Thema unter Kameradinnen und Kameraden und in deren Familien. Unsere Seelsorger haben in den vergangenen Jahren eine unverzichtbare Arbeit geleistet – gerade in den Auslandseinsätzen, dann, wenn es um Tod und Verwundung ging, um den Umgang mit Trauer und seelischen Verletzungen. Als bekennender Christ in Uniform fühle ich mich stark verwurzelt im christlichen Glauben und dadurch als Soldat auch geerdet. Das ist dann, wenn man Verantwortung trägt, zumal als Kommandeur und militärischer Vorgesetzter, der unter Umständen auch über Fragen von Leben und Tod entscheiden muss, ein fester Anker.

Für die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus gibt es in der Friedensethik kein Richtig oder Falsch. Welche Erwartungen haben Sie an die EKD im Zusammenhang mit friedensethischen Äußerungen und dem Verhältnis zur Bundeswehr?

Es ist wichtig, dass wir eine kritische Diskussion führen. Wir müssen aber auch bereit sein, bisherige Positionen zu überdenken. Frau Kurschus hat vollkommen richtig festgestellt, dass sich die christliche Friedensethik nicht zu einer dogmatischen Ideologie versteifen darf. Der Weg zu Frieden erfordert immer Aussöhnung, Kooperation und keine Konfrontation. Eine ausschließliche, streng pazifistisch ausgerichtete Position bietet mir persönlich keine Lösung. Wer dem Schwächeren nicht hilft, macht sich doch schuldig, gerade im christlichen Sinne. Ohne Balance, ohne die Bereitschaft, entschieden – notfalls auch mit Waffengewalt – für Frieden einzutreten, wird es keinen Frieden geben können.

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