Wort zur Woche
Wo der Engel nicht am Schalter sitzt

Foto: epd-bild/Heike Lyding
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Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe!“ Philipper 4, Verse 4 und 5b

Paulus schreibt diese Worte nicht in einer hellen Stunde, sondern er schreibt sie im Gefängnis. Er wartet auf ein Urteil, dessen Ausgang ungewiss ist.

Von Peter-Michael Schmudde

Gerade diese Lage macht seine Aufforderung so erstaunlich. Wenn ich mir meine erlebten Zwischen- und Wartezeiten vor Augen führe – im Wartezimmer des Arztes, vor einem Brief vom Amt, vor den täglichen Nachrichten –, dann sind das Momente, in denen ich das Gefühl habe: Ich stecke fest, und ich weiß nicht, wohin es weitergeht. Freude ist dann eher nicht das, was ich empfinde.

Freude kann keine Pflicht werden. Sie wäre dann nur eine Fassade, hinter der die Angst sitzt. Heinrich Böll hat das in seiner Erzählung "Nicht nur zur Weihnachtszeit" dargestellt. In der Geschichte hält eine Familie Tag für Tag das Weihnachtsfest ab, weil die eine Tante den Schock ihres Lebens hatte, als Weihnachten einmal ausgefallen ist. Und ein Engel ruft unablässig „Friede, Friede, Friede“ vom Weihnachtsbaum, und die Zwerge hauen auf die Glöckchen – jeden Abend.

Das geht so lange, bis der Ruf nicht mehr tröstet, sondern dröhnt. Zwang erstickt das, was eigentlich leuchten sollte. Paulus meint eine andere Freude. Keine, die man herstellt, sondern die aus Gottes Nähe wächst. Sie ist kein Dauerläuten, kein Engel am Schalter, kein Lärm, der die eigene Unsicherheit übertönt. Sie ist wie ein stiller Atemzug, der durch ein verriegeltes Fenster dringt. Gerade im Ungewissen flüstert sie: Du bist nicht allein.
Vielleicht liegt darin die Einladung dieses Verses: nicht die Freude zu erzwingen, sondern Raum für sie zu schaffen. Ein kleines stilles Feld im Herzen, in dem Gottes Zuspruch landen kann. Eine Freude, die nicht übertönt, sondern verwandelt; die nicht beschwichtigt, sondern trägt.

So wird sie zur Kraft für alle Wartezeiten. Eine leise, tragfähige Freude, geboren aus der Nähe dessen, der kommt. 

Der Autor ist Pfarrer in Worbis.

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