Demografiepreis Sachsen-Anhalt
Ein Bauwagen ist Kirche und Marktplatz

Pfarrer Martin Golz-Rettschlag (v.l.), Steffi Reinhardt und Sven Führ  freuen sich über die Anerkennung all der Menschen, die für das Bauwagen-Projekt abgestimmt haben.  | Foto: Claudia Crodel
  • Pfarrer Martin Golz-Rettschlag (v.l.), Steffi Reinhardt und Sven Führ freuen sich über die Anerkennung all der Menschen, die für das Bauwagen-Projekt abgestimmt haben.
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Das von der evangelischen Stadtmission Halle und der Kirchengemeinde Halle-Süd getragene Bauwagen-Projekt „Man sieht sich“ hatte beim Publikumsvoting die Nase vorn. Trotzdem bangt man um den Weiterbestand.

Von Claudia Crodel

Seit sechs Jahren steht in Halle auf einer großen Grünfläche auf der Silberhöhe, einem Wohngebiet mit typischen DDR-Plattenbauten, ein von Kindern bunt angemalter Bauwagen. Egal ob es Sommer oder Winter ist, ob die Sonne scheint oder es regnet, jeden Mittwoch und Freitag sowie zu besonderen Anlässen wie dem Kindertag oder St. Martin öffnet er seine Türen: Tische und Stühle werden herausgeholt und Brote geschmiert. Dann gibt es Bastelangebote und Spielzeug steht zur Verfügung, wie Fußbälle oder Sandspielzeug für den Sandkasten nebenan. Es kann allein gespielt werden oder gemeinsam mit Anleitung beziehungsweise Betreuung. Man redet miteinander.
Das Projekt mit dem Namen „Man sieht sich“ hat kürzlich den Publikumspreis des Demografiepreises des Landes Sachsen-Anhalt erhalten. Der Preis, der auf dem Votum der Öffentlichkeit beruht, freue alle sehr. „Er hat gezeigt, dass ganz viele Leute hier im Stadtgebiet und darüber hinaus in der Stadt hinter unserem Projekt stehen“, sagt  Martin Golz-Rettschlag, Pfarrer im Kirchspiel Halle-Süd und Mitinitiator des Bauwagen-Projektes.

„Und als Pfarrer sage ich: In den gegenwärtigen schweren Zeiten darf man so etwas nicht fallen lassen!“

„Ein Demografiepreis?“, wird sich manch einer fragen. Steffi Reinhardt, die seit über 30 Jahren auf der Silberhöhe wohnt und als Ehrenamtliche den Bauwagen unterstützt, liefert gleich die Antwort: „Der Stadtteil hat sich in den letzten Jahrzehnten gravierend geändert. Er ist von den Kulturen der Bewohner her bunter und unterschiedlicher geworden. Viele Leute sind nach der Wende hier weggezogen. Es gab viel Rückbau.“ Man musste sich als Stadtteil wieder finden. Dabei ist der Bauwagen Kirche mitten im Wohngebiet und fungiere als eine Art „Marktplatz“, wo man zusammenkommen kann, so Pfarrer Golz-Rettschlag.
Der Bauwagen ist ein äußerst beliebter Treffpunkt, wo sich schöne Lebensmomente und Gemeinschaft ereignen, aber Trost und Halt denjenigen gegeben werden, die gerade ein Problem haben. Getragen wird das Projekt von der Evangelischen Stadtmission und dem Evangelischen Kirchspiel Halle-Süd.
Zudem wirken ganz viele Ehrenamtliche mit. Eine davon ist Steffi Reinhardt. Die 63-Jährige steckt viel Herzblut in das Projekt. „Man wird hier gleich gut aufgenommen, so wie man ist. Von den Kindern, den Mitarbeitern und den Leuten drumherum. Und man kann hier auch mal seine Ängste und Sorgen loswerden“, sagt sie. Auch Sven Führ, der früher in der Kinder- und Jugendarbeit der Stadtmission tätig war, kommt gern her und engagiert sich wie ein Hausmeister, beispielsweise wenn es um Reparaturen und technische Dinge geht. „Die Gemeinschaft ist für die Kinder hier gut, aber nicht nur für sie. Es kommen auch viele Eltern mit her und tauschen sich aus“, sagt der 61-Jährige, der in der Südstadt und Mitglied im GKR der Gesundbrunnengemeinde ist.
Zudem gibt es zwei feste Mitarbeiter mit je einer halben Stelle. Die eine werde von der Stadtmission getragen, die andere vom Fachbereich Bildung der Stadt Halle aus dem Topf für innovative Kinder- und Jugendförderung, erläutert Martin Golz-Rettschlag. Nun fürchte man, dass der Baugen dem Rotstift der Stadt bei den freiwilligen Ausgaben zum Opfer fällt. Aber ohne diese beiden halben Stellen sei das Projekt nicht zu stemmen. Es sei ja kein einmaliges Projekt, sondern eins, dass es seit Jahren gibt und das seitdem verlässlich angeboten wird. „Und als Pfarrer sage ich: In den gegenwärtigen schweren Zeiten darf man so etwas nicht fallen lassen!“ Das Angebot geht weit über die Arbeit mit Kindern hinaus. Auch die Jugendlichen finden hier Gehör. So luden diese passend zum stadtweiten Themenjahr „Stadt der Brücken“ im September  zu einer Aktion im Tunnel am S-Bahnhof Silberhöhe mit Konzert, Kerzenschein, Pizza aus dem Steinofen und selbst gebackenen Waffeln.

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Claudia Crodel

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