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Was uns die Not lehrt

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Von Anke von Legat

Der Satz „Not lehrt Beten“ trifft nicht wirklich den Kern, denn Beten selbst muss man nicht lernen. Was uns die Not der Corona-Pandemie hingegen lehrt, ist ein neuer Blick darauf, wie schwankend der Boden unter unseren Gewissheiten ist, auf die wir unsere Zukunft bauen. Sie zeigt, dass wir unser Leben nicht selbst in der Hand haben – so sehr wir diese Illusion auch lieben –, sondern Mächten ausgeliefert sind, die wir nicht beherrschen.
Das Gebet ist die Antwort auf diese Erfahrung. Wenn wir beten, geben wir unsere Selbstsicherheit und Selbstbezogenheit auf und gestehen ein, dass wir bedürftig sind. Damit wenden wir uns an einen Anderen – an den, der diese Welt in seiner Hand hält: an Gott.
Wie wir ihn anreden, spielt keine Rolle. Wichtig ist das Reden selbst, weil es Ausdruck von Nähe und gelebter Beziehung ist. Es gibt zwar Gebetstexte, die man lernen kann, und Rituale, mit denen man sich vertraut machen kann. Aber die Stoßgebete, die Halbsätze, die unkonzentrierten, immer wieder von anderen Gedanken unterbrochenen Gebetszeiten – all das ist ohne vorgegebene, erlernte Form, und so darf es auch sein.
Wer dabei nach Worten sucht, sich unbeholfen fühlt, ist damit nicht allein. Die Bibel erzählt von ähnlichen Erfahrungen, angefangen bei Abraham, über Hiob, Hanna und Maria bis hin zu Paulus, der im Römerbrief schreibt: „Wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich’s gebührt.“ Paulus zieht dann nicht die Not als Lehrmeisterin für das Gebet heran, sondern den Heiligen Geist: „Der Geist selbst tritt für uns ein mit unaussprechlichem Seufzen.“ Das macht Mut – für das eigene Gebet und für die Zukunft.

Die Autorin ist Redakteurin der Ev. Wochenzeitung "Unsere Kirche". 

Autor:

Online-Redaktion

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