Wort zur Woche
Versöhnung: Die Friedliche Revolution im Herzen

Superintendentin Kristin Jahn, Kirchenkreis Altenburger Land
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Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.
2. Korinther 5, Vers 17

Für meine Nachbarn bin ich immer noch der NVA–Soldat, sagt Jan, einer, der einfach mitgemacht hat. Der Buhmann, der vielleicht geschossen hat. Wer weiß, was der auf dem Kerbholz hat. So denken die Leute. Sie schauen mich bis heute schief an. In der Stadt traut mir keiner über den Weg. Und selbst in der Kirche bin ich für die meisten der, der mit der Waffe vor ihnen gestanden hat, als sie gebetet haben mit Kerzen in der Hand, fast 30 Jahre ist das her.
Eine neue Kreatur, ach, wäre das schön. Wenn die Schuld nicht mehr zwischen uns wär. Ich weiß, das hört sich komisch an. Aber dann könnten wir miteinander beginnen. Wenn es Christus für uns alle wirklich gibt, was hieße das? Ich frage mich das oft. Wer, wenn nicht die Christen, können vergeben. Früher hab ich das gedacht. Wer, wenn nicht sie. Heute weiß ich, dass es nicht so ist. Dass Schmerz unendlich ist. Dass es Dinge gibt, die ich mitzuverantworten hab. Dinge, die andere klein gemacht und zerrüttet haben. Kein „tut mir leid“ macht das gut. Es gibt viele, auch Christen, die können mir das nicht vergeben. Sie sagen, dass es billig ist, mich jetzt auf Christus zu berufen, aber genau das, denke ich, macht euren Gott doch so groß: Neu anfangen, umkehren und leben.
Dass sie mir etwas anderes nicht zugestehen, als der böse Typ von damals zu sein, das kann ich inzwischen verstehen. Ich habe mir mein Mitlaufen ja auch jahrelang nicht vergeben. Du machst mit, obwohl du fühlst, dass es falsch ist. Du machst mit, obwohl sich alles leer anfühlt. Ich habe damals nichts anderes kennengelernt und gewusst. Ich habe die Befehle nicht hinterfragt, und meine Antwort von heute will keiner wissen. So ist das mit der ewigen Schuld. Und trotzdem glaube ich, dass ich für Gott mehr bin als nur der NVA-Soldat, mehr als der Typ mit der Waffe in der Hand. Aus alt wird neu, alles von Gott, der uns mit sich selber versöhnt hat durch Christus und uns das Amt gegeben hat, das die Versöhnung predigt. Wenn wir das könnten, das wäre auch eine Friedliche Revolution.

Superintendentin Kristin Jahn, Kirchenkreis Altenburger Land

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Online-Redaktion

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