Predigttext zum Sonntag
Vergebung

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Josef aber sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Stehe ich denn an Gottes statt? Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen, um zu tun, was jetzt am Tage ist, nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk.
1. Mose 50, Verse 19-20

Familienstreitigkeiten schon vor vielen hundert Jahren. Josef übertreibt es mit dem Hochmut. Die Brüder übertreiben es mit dem Bestrafen. Als der Vater stirbt, kommt die Angst. Kaum vorstellbar, dass all die Häme und das böse Handeln vergeben werden könnten.

Für die Brüder ist Vergeltung das Naheliegende. Vergebung geschieht aus ihrer Sicht nur dann, wenn sie eingefordert wird: vom Vater, von der Rücksichtnahme auf den eigenen Ruf oder die Verhältnisse, von Konventionen, von Gott. Aus der Not heraus wird ein Testament erfunden. Das fordert im Namen des Vaters Vergebung.

Josef sieht die Winkelzüge. Und er sieht die Angst, die dahinter ist. „Fürchtet euch nicht“, sagt er. Er unterbricht damit den Schuld-Sühne-Zusammenhang. Auf Vergehen kann und darf nicht immer Strafe folgen.

Ist das nicht auch unser Auftrag, die Muster von Vergehen und Bestrafen zu unterbrechen?

Weil Dinge umfassend beurteilt werden müssen. Weil es meistens eigene Anteile am Geschehen gibt. Und weil menschlich Verbindendes Konfliktlösung nahelegt. Raus aus der Eskalation! Ich setze die Machtmittel, die mir zur Verfügung stehen, nicht ein.

Eine Umarmung wie die zwischen Josef und den Brüdern wird nicht immer möglich sein. Vielleicht aber das, was Kafka über das Verhältnis zu seinem Vater schreibt: „nicht etwa ein neues Leben …, aber doch eine Art Friede, kein Aufhören, aber doch ein Mildern Deiner unaufhörlichen Vorwürfe“, damit „es uns beide ein wenig beruhigen und Leben und Sterben leichter machen kann“. Eine Art Friede, ein Mildern der Vorwürfe – für uns ist das manchmal schon sehr viel.

Und Josef ist Theologe. Er zeigt eine damals andere, neue Seite Gottes auf: Gottes Vergebung, Gottes Forderung nach dem Miteinander von Menschen. Getrennte Wege sollen wieder zusammenführen.

Oft wendet sich dann alles zum Guten. Wenn nicht, dann hält Gott mit uns Beschwerendes aus: „kein Aufhören, aber doch ein Mildern“.

„Fürchtet euch nicht“ – das ist nicht nur der Satz des Josef. Es ist auch Gottes Satz.

Antje Pech, Superintendentin des Kirchen-bezirks Löbau-Zittau | Foto: privat
Autor:

Online-Redaktion

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