Wort zur Woche
Mit einem Lied auf den Lippen – Laudato si

Heiko Ackermann, Pfarrer und Schulseelsorger, Erfurt | Foto: privat
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Wort zur Woche Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.
Psalm 103, Vers 2

Freitagmorgen, ich habe Religionsunterricht in einer 5. Klasse. Zum Stundenbeginn singen wir immer ein Lied. Heute ist es „Laudato si, o mi signore.“ Übersetzt heißt das so viel wie „Sei gelobt, mein Herr.“ Im Lied wird aufgezählt, wofür wir Gott loben können: für die Welt, für Meer und Kontinente, für das Scheinen der Sonne und das Fallen des Regens, für die Erschaffung der Tiere und der Menschen und ganz besonders dafür, dass wir leben dürfen.
Nachdem wir das Lied gesungen haben, reisen die Schülerinnen und Schüler mit mir gedanklich in das 13. Jahrhundert zurück, in die hügelige Landschaft Umbriens und das kleine Städtchen Assisi. Es ist die Zeit, in der Franz von Assisi lebte, der mit seinem berühmten Sonnengesang die Vorlage für das Lied lieferte. Ich erzähle der Klasse davon, dass Franz so ganz andere Wege in seinem Leben einschlug als die, die sein Vater von ihm erwartet hatte: Statt ein reicher Kaufmann zu werden, entschied er sich für das einfache Leben als Mönch, gründete verschiedene Klöster und predigte sogar den Tieren von Gott.
Und so scheint es leicht, sich vorzustellen, wie der junge Franz in bester Laune durch die Olivenhaine Assisis hüpft und dabei mit einem fröhlichen Lied seinen Schöpfer preist, weil alles so wunderbar ist. Gerade so ist das Lied aber nicht entstanden. Es muss am Lebensende von Franz von Assisi gewesen sein, als er sein Lied dichtete: bereits schwer erkrankt und mit dem Tod rechnend, soll er es geschrieben haben, in Erinnerung und Dankbarkeit dafür, wie schön das Leben ist und wie viel Gutes er erleben durfte. Dass Franz von Assisi gerade in dieser schweren Zeit hierfür die Kraft und das Vertrauen hatte, das beeindruckt mich sehr: Da wo bei anderen vielleicht nur die Verzweiflung und die Trauer im Mittelpunkt gestanden hätten, schöpft er Hoffnung in der Erinnerung an gute Tage, weiß sich dadurch auch in dunklen Tagen in Gottes guten Händen. Der Wochenpsalm und das Lied „Laudato to si“ sind für mich Mutmacher, dass ich dann, wenn ich verzweifelt oder krank bin, mich von Gott getragen wissen darf.
Heiko Ackermann, Pfarrer und Schulseelsorger, Erfurt

Autor:

Online-Redaktion

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