Predigttext
Fürbitte für die Obrigkeit

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Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.1. Timotheus 2, Vers 4

Was ist Wahrheit?” Diese Frage lässt der Evangelist Johannes den Politiker Pilatus stellen. Aber der weise Jesus gibt keine Antwort.

Von Matthias Schollmeyer

Nonnos von Panopolis – ein byzantinischer Autor um 500 nach Chris-tus – hat dieses Schweigen nicht ausgehalten und einen eigenen Vers in das Evangelium hinein gemogelt: „Wahrheit sei dem Joch vergleichbar!” Mit Hilfe eines Jochs könne man das Ganze transportieren.

Da horchen wir auf! Die Wahrheit hat tatsächlich zwei Seiten, deren Gewicht mit einem Joch beizukommen ist. Wenn nun Gott will, dass alle Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen, wird die Idee vom Joch interessant!

Wenn doch die Staatsregierungen dieses erfundene Jesuswort vom „Joch der Wahrheit” beherzigen würden! Solange das aber nicht geschieht, sollten wir sie in unsere Fürbitte einschließen. Menschen, die Verantwortung tragen bzw. tragen müssen, bedürfen der Fürbitte durch die Regierten. Egal ob ihnen die Macht rechtmäßig zugefallen ist oder sie sie unter dem Anschein des Rechts an sich brachten: Rechte Untertanen beten für die Obrigkeit. Jedenfalls steht es so im Predigttext des kommenden Sonntags.

Man mache sich Folgendes klar: Die gegenwärtige Ampelregierung zum Beispiel ist aus Parteien zusammengesetzt, die von ca. 80 Prozent der Wähler – von den Nichtwählern ganz zu schweigen – nicht gewählt worden sind. Ihre Legitimation rührt also nicht von Mehrheiten her, sondern begründet sich in einem Gesetz, das Minderheiten erlaubt, das Ganze zu lenken.

Für derart Betroffene scheint die Fürbitte hilfreich zu sein und wird zum Gebot der Stunde: „Komm Heiliger Geist, erfüll die Herzen deiner Gläubigen!” fleht ein alter Hymnus. „Komm, gesunder Menschenverstand und lenke die, die uns lenken!” lautet eine auf die Stufe täglicher Staatspolitik angewandte Variante dieses Verses. Je kleiner der obrigkeitliche Handlungsspielraum wird, um so mehr müssen wir dem Auftrag des Apostels nachgekommen.

Tröstlich bleibt, dass Fürbitte für die Obrigkeiten nie gleichzeitig Billigung von dem ist, was sie beschließen zu müssen meinen – im Gegenteil. Auf jeden Fall aber könnte unter Umständen dieses spezielle Gebet wichtig sein. Auch wenn die Obrigkeit nicht daran glaubt und darüber lacht.

Der Autor ist Pfarrer im Kirchenkreis Sonneberg.

Pfarrer Matthias Schollmeyer | Foto: Matthias Schollmeyer
Autor:

Online-Redaktion

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