Wort zur Woche
Der Liebe den Vorrang geben

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Gott erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.
Römer 5, Vers 8

Puh, in einem Satz steckt die ganze Theologie des Apostel Paulus. „Liebe“, „für uns gestorben“, „Sünder“ – zentrale Begriffe des Glaubens. Erschreckenderweise bleibe ich sofort am Wort „Sünder“ hängen. Ich gestehe: Ich vermeide, im Gottesdienst von der Sünde zu sprechen. Entsprechende Gesangbuchstrophen werden ausgelassen. Ein Begriff, den wir immer mit moralischem Fehlverhalten in Verbindung setzen, oft auch benutzt, um Menschen klein zu halten. Er nährt ein pessimistisches Menschenbild, Lebensfreude und Genüsse gelten als verdächtig.
Dabei sollten wir ganz sachlich festhalten: Der Sünder ist der, der sein Lebensziel verfehlt, so könnten wir anders übersetzen. Gott hat uns zur Liebe berufen, die soll sich in uns wirkmächtig entfalten. Die Bibel erzählt uns so viele Liebesgeschichten, eine ist schöner als die andere. Denken wir an den verlorenen Sohn oder an die Ehebrecherin.
Christus hat den Menschen neu vor Augen geführt, dass nicht das Lieblose, das Egoistische, die Gewalt, das Ungerechte zum erfüllten Leben führen, sondern die Hinwendung zu Christus selbst. „Liebe – und tu’, was du willst“, formuliert das Augustinus, und meint, der Liebende wird schon das Richtige tun. Der Liebe den Vorrang geben!
Dennoch ist der Mensch oft anders, als gut für ihn ist. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Und es ist besser, es sich einzugestehen, als es zu ignorieren. Das wäre gefährlich und eine grobe Fehleinschätzung. Wie oft wird das beabsichtigte Gute nicht erreicht und das vermeidbare Böse wiederholt!
Doch das kappt nicht grundsätzlich die Verbindung zu Gott. Dafür ist Gottes Liebe einfach zu riesig (Luther spricht von einem „glühenden Backofen“). Dem Lebensziel folgen – das mag auch meinen Blick ändern: Nicht der Sünder sollte mir bei einem solchen Vers ins Auge springen (der gehört ja hier auch der Vergangenheit an – „als wir noch Sünder waren“), sondern die Liebe Gottes und der Messias, der sich für mich ganz und gar einsetzt.

Bernd S. Prigge, Augustinerpfarrer, Erfurt

Foto: Daniel Hermann
Autor:

Online-Redaktion

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