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Eine Mark für "Wetten, dass . .?"

Karlheinz Böhm 1985 in einem Dorf im Erer-Tal in Äthiopien | Foto: Stiftung "Menschen für Menschen"
  • Karlheinz Böhm 1985 in einem Dorf im Erer-Tal in Äthiopien
  • Foto: Stiftung "Menschen für Menschen"
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Äthiopien ist einer der ärmsten Staaten der Welt. 1981 gibt Schauspieler Karlheinz Böhm mit einer Fernsehwette den Startschuss zur Gründung einer Hilfsorganisation für das ostafrikanische Land:
«Menschen für Menschen».

Von Daniel Staffen-Quandt

Es war ein fast flehentlicher Appell: «Ich wünsche mir jetzt, dass ich diese Wette gegen Sie alle verliere», sagte Schauspieler Karlheinz Böhm in die Fernsehkameras. In der noch jungen ZDF-Sendung «Wetten, dass..?» wettete er im Mai 1981, dass nicht einmal jeder dritte Zuschauer eine D-Mark für die Hungernden in der Sahelzone spenden würde.

Er behielt Recht: Es kamen etwa 1,2 Millionen D-Mark aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammen – eine stolze Summe, aber zu wenig bei rund sieben Millionen Zuschauern. Dennoch war die Wette ein großer Erfolg. Denn zum einen hatte der Schauspieler – bekannt als Kaiser Franz Joseph aus der Trilogie «Sissi» – zur besten Sendezeit am Samstagabend auf eine humanitäre Katastrophe hingewiesen. Vor allem aber legte er damit den Grundstein für sein Hilfswerk «Menschen für Menschen».

Offiziell wurde die heute als Stiftung firmierende Organisation vor 40 Jahren, am 13. November 1981, gegründet. Seitdem ist «Menschen für Menschen» in Äthiopien aktiv, das zu den ärmsten Staaten der Welt zählt. Von der Arbeit von «Menschen für Menschen» konnten seit 1981 nach Angaben der Stiftung mehr als sechs Millionen Äthiopier profitieren.

Die Arbeit in dem ostafrikanischen Land ist für Hilfsorganisationen nicht einfach. Politisch ist es instabil. «Menschen für Menschen» unterstützt geflüchtete Menschen mit Lebensmitteln, Decken, Matratzen, Desinfektionsmitteln, Seife und Schutzmasken. In dem Land, das gut drei mal so groß ist wie Deutschland, leben ungefähr 110 Millionen Menschen. Dass «Menschen für Menschen» seit 40 Jahren kontinuierlich dort arbeiten kann, liegt nach Angaben der Stiftung auch daran, dass 600 Äthiopier vor Ort für sie arbeiten.

Der Vorstandssprecher der Stiftung, Sebastian Brandis, spricht von einer «Sonderstellung», die man in Äthiopien habe – dank Karlheinz Böhms Engagement. Und, weil sich «Menschen für Menschen» immer religiös, politisch und ethnisch strikt neutral verhalten habe, um den Menschen vor Ort weiterhin helfen zu können, selbst wenn es Unruhen gegeben habe. «In der Bevölkerung sind wir deshalb durchweg gut gelitten», sagt Brandis.

Die größten Herausforderungen in den vergangenen Jahren waren für die Stiftung deshalb auch nicht die Arbeitsbedingungen in Äthiopien, sondern die Strukturen hierzulande. 2008 wurde die Ehefrau von Gründer Karlheinz Böhm, Almaz, geschäftsführender Vorstand, später Stiftungsvorsitzende und dann bis Mai 2016 Schirmherrin. 2013 wurde die Stiftung mit Vorwürfen konfrontiert, sie verschwende Geld und arbeite intransparent. Im Jahr 2014 starb Karlheinz Böhm. In der Zeit nach seinem Tod brachen hinter den Kulissen Streitigkeiten aus, die schließlich zu Almaz Böhms Rückzug führten. Karlheinz Böhm habe mit seiner Initiative «Tausenden Menschen Hoffnung und Zukunft gegeben», würdigte ihn die ehemalige Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) nach dessen Tod 2014: «Er hat sich um die Ärmsten dieser Welt verdient gemacht.»

Der «Transformationsprozess der Stiftung in die Nach-Gründer-Zeit» sei schmerzhaft gewesen und noch nicht abgeschlossen, sagt Brandis: Es gehe darum, Böhms Lebensleistung zu respektieren und zu ehren, er sei Gründer der Stiftung, trotzdem müsse sich diese kontinuierlich entwickeln. «Viele unserer Spender kennen natürlich noch die TV-Wette von Böhm – es gibt aber auch immer mehr, die davon nichts mehr wissen, aber unsere Arbeit gut finden», sagt Brandis. Die Arbeit der Stiftung – das sind derzeit vorrangig Projekte, um junge Menschen in Äthiopien in Arbeit zu bringen, vor allem im Handwerk oder in der Landwirtschaft. «Akademiker gibt es in Äthiopien sehr viele – und nicht genügend Jobs für sie», erläutert Brandis.

Ziel der Stiftung bleibe, sich irgendwann selbst überflüssig zu machen: «Wir stoßen Projekte vor Ort an, die sich dann irgendwann selbst tragen sollen und müssen – wieder ganz dem Gedanken ›Hilfe zur Selbsthilfe‹ folgend.» Zum 40-jährigen Bestehen rührt die Stiftung aber auch bewusst die mediale Werbetrommel, um Spendengelder zu sammeln. Und sie erinnert wieder an die Gründerwette: Am 20. November soll eine große Spendengala in München stattfinden, die auch live ins Internet übertragen wird. Ob es auch eine Jubiläumswette geben wird? «Schauen wir mal, was da alles passiert», sagt Brandis.

 (epd) 

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Online-Redaktion

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