Blickwechsel
USA: Der Tod als Strafe

Elektrischer Stuhl | Foto: Adobe Stock/#239251289

Die Debatte über die Todesstrafe in den USA wird zurzeit von praktischen Problemen bestimmt: Komplikationen bei der Anwendung der Todesspritze, Bedenken wegen der hohen Kosten, die Diskriminierung von schwarzen und mittellosen Angeklagten sowie Zweifel an der Schuld der Verurteilten.

von Konrad Ege

Laut dem Rechtshilfeverband Innocence Project sind seit Anfang der 1970er-Jahre fast 200 zum Tode Verurteilte als nicht schuldig aus dem Todestrakt entlassen worden.

In der letzten Februarwoche kam in Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania der 54-jährige Daniel Gwynn nach beinahe 30 Jahren in Todeshaft frei. Er war zu Unrecht wegen des Mordes verurteilt worden. Das Fehlurteil sei eine «Warnung vor Tunnelblick» bei der Polizeiarbeit, erklärte Philadelphias Staatsanwalt David Napiorski. Im Bundesstaat Idaho musste die Justiz Ende Februar die Hinrichtung des Todeshäftlings Thomas Creech (73) abbrechen. Das medizinische Team konnte keinen Infusionsschlauch für das todbringende Mittel legen. Creech war mehr als 40 Jahre in Todeshaft gewesen; ihm werden mehrere Morde zur Last gelegt.

Trotz starker Proteste ist am 28. Februar im texa-nischen Huntsville der 50-jährige Ivan Cantu mit einer tödlichen Dosis des auch beim Einschläfern von Tieren verwendeten Mittels hingerichtet worden. Prominente hatten sich für ihn eingesetzt. Das Todesurteil gründe sich auf Falschaussagen, hieß es. Cantu soll 2000 seinen Cousin und dessen Verlobte getötet haben.

Es gebe eine Abkehr der USA von der Todesstrafe, sagte die Juraprofessorin und Direktorin des Todesstrafen-Informationszentrums in Washington, Robin Maher. Im Jahr 2023 haben nur fünf der 50 Staaten Hinrichtungen vorgenommen, und in nur sieben sei die Todesstrafe verhängt worden. Es sei nur eine Handvoll von Regierungsvertretern in einigen US-Bundesstaaten, die Exekutionen vollziehen lassen, sagte Maher. Die Todesstrafe liegt vornehmlich in den Händen der Bundesstaaten und nur in wenigen Fällen bei der nationalen Regierung.

Die Befürworter von Hinrichtungen sagen häufig, eine Exekution bringe den Familien der Mordopfer Genugtuung und einen «Abschluss». Der für das Urteil gegen Cantu zuständige Staatsanwalt Greg Willis sagte im CBS-Fernsehen, er fühle Erleichterung für die Angehörigen. Und er habe keinen Zweifel an Cantus Schuld. Die Todesstrafengegner sind auch religiös geprägt. Der für Idaho zuständige römisch-katholische Bischof Peter Christensen stellte sich gegen die Hinrichtung von Creech. Im Vertrauen auf das «Evangelium der Barmherzigkeit und Hoffnung» seien Gläubige aufgefordert, sich «gegen die Kultur des Todes» zu wenden. Es gehe ihm nicht darum, «wer Tho-mas Creech ist, sondern wer wir sind in Christus».

Politisch punkten lässt sich freilich kaum mit der Opposition zur Todesstrafe. Als Präsidentschaftskandidat hatte Joe Biden versprochen, er werde sich für die Abschaffung auf nationaler Ebene einsetzen. Zudem wolle er die Bundesstaaten dazu anregen, dem Beispiel der Regierung zu folgen. Generalstaatsanwalt Merrick Garland beschloss 2021 ein Moratorium für Hinrichtungen auf Bundesebene. Daher war es überraschend, als Garland im Januar 2024 bei der Vorbereitung auf einen Prozess die Todesstrafe verlangte. Sie sei «angebracht» gegen den von Rassismus und Hass motivierten Massenmörder Payton Gendron. Der junge weiße Mann hatte im Mai 2022 in einem Supermarkt in Buffalo im Bundesstaat New York zehn schwarze Menschen erschossen. Zuvor hatte er rassistische Mitteilungen gegen Afro-Amerikaner gepostet. Gendron war zur Tatzeit 18 Jahre alt.

(epd)

Autor:

Online-Redaktion

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