Das Luf-Boot: Debatte um koloniale Raubkunst
Mahnmal der Arroganz

Der Historiker Götz Aly hält das sogenannte Luf-Boot – eines der bedeutendsten ethnologischen Objekte im Berliner Humboldt Forum – für koloniale Raubkunst. "Die Insel Luf war wie viele andere Inseln in der Südsee ein Paradies, bis die Kolonialherren kamen. Sie drangen mit aller Gewalt in die dort lebenden menschlichen Gemeinschaften ein, unterwarfen sie ihren kommerziellen Interessen und zerstörten die bestehende Kultur", sagte Aly Anfang Mai dem "Spiegel". Er wies laut Bericht nach, dass die Mehrheit der Bewohner der Insel Luf im "Deutschen Schutzgebiet" erschossen oder ins Meer gejagt wurden, wo sie ertranken. In seinem neuen Buch "Das Prachtboot" zeigt der Historiker verdrängte Verbrechen deutscher Kolonialherren in Ozeanien auf.
Überlebende auf Luf, das zur damaligen Kolonie Deutsch-Neuguinea gehörte, hatten den Angaben zufolge das 16 Meter lange reich verzierte Auslegerboot im späten 19. Jahrhundert gebaut, 1904 gelangte es nach Berlin – laut Aly unter fragwürdigen Umständen. 2018 wurde das Luf-Boot in den Rohbau des Stadtschlosses gebracht.

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) will an dem umstrittenen Südseeboot von der Insel Luf im heutigen Papua-Neuguinea festhalten. «Das Boot wird im Humboldt Forum gezeigt werden. Es wird als Mahnmal der Schrecken der deutschen Kolonialzeit und auch in seiner Bedeutung als identitätsstiftendes Werk der Bootsbaukunst gezeigt werden», sagte SPK-Präsident Hermann Parzinger.

Diesen Weg kritisiert der Hamburger Historiker Jürgen Zimmerer. "Die Reaktion des Humboldt-Forums, das darauf beharrt, das Boot auch weiterhin zu zeigen, zeigt, dass die Verantwortlichen nichts verstanden haben", sagte Zimmerer. "Der Nachkomme des kolonialen Nutznießers sollte nicht einfach entscheiden, wie mit historischer Ungerechtigkeit umgegangen wird, und das dann vollmundig Aufarbeitung nennen", so der Leiter der Forschungsstelle Hamburgs (post-)koloniales Erbe. "Das wird so kein ›Mahnmal der Schrecken‹, sondern ein ›Mahnmal der Arroganz‹ und des kolonialen, eurozentrischen Blicks."

(kna/epd) 

Autor:

Online-Redaktion

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